1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Geschäft mit Daten von Sachsen-Anhaltern

Bundesmeldegesetz Geschäft mit Daten von Sachsen-Anhaltern

Der Gemeindebund fordert, dass Bürgerdaten stärker vermarktet werden, um leere Kassen zu füllen. In Sachsen-Anhalts gibt es Widerspruch.

Von Alexander Walter 27.07.2018, 01:01

Magdeburg l Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt erzielen mit Meldeauskünften zu Daten ihrer Bürger schon heute teils erhebliche Einnahmen. Allein Magdeburg nahm seit 2016 fast 308.000 Euro ein, Halle meldet knapp 111.000, Bernburg 41.000 Euro. Stendal, Halberstadt, Haldensleben und Wernigerode bestätigen ebenfalls Umsätze, ohne aber Zahlen zu nennen.

Für die Weitergabe von Bürgerdaten gibt es strenge Regeln. Grundlage ist das Bundesmeldegesetz. Bürger und Behörden wie Polizei und Finanzamt können demnach auf Antrag Namen, Anschrift oder Doktortitel einer Person erfahren. Dafür erheben die Gemeinden landesweit einheitliche Gebühren. Für eine einfache Meldeauskunft mit Namen und Adresse werden derzeit acht Euro fällig. Ausdrücklich nicht weitergegeben werden dürfen Daten, wenn diese für Werbung oder Adresshandel genutzt werden sollen.

Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) fordert nun, dass Kommunen Einnahmen aus Daten ihrer Bürger künftig deutlich ausdehnen sollten. „Die Städte und Gemeinden müssen sich noch mehr klarmachen, dass Daten das Öl des 21. Jahrhunderts sind“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg. Dabei geht es laut DStGB-Sprecher Alexander Handschuh aber nur um anonymisierte Datensätze wie Analysen dazu, wann sich besonders viele Menschen in bestimmten Stadtteilen aufhalten oder wann es wo Verkehrslärm gibt. Solche Daten werden künftig viel häufiger als bislang erhoben, und das geschehe mit öffentlichem Geld.

Sinn des Vorstoßes sei es, zu diskutieren, ob etwa eine Immobilienfirma zahlen sollte, wenn sie für ihre Gebäudeplanungen Zugang zu Lärmdaten der Gemeinde erhalten will. Handschuh verweist auf eine erst wenige Tage alte Studie des Fraunhofer-Instituts, Titel „Urbane Datenräume“. Auch das Papier empfiehlt Gemeinden, ihre Daten künftig stärker wirtschaftlich zu nutzen.

Der Vorstoß ist umstritten. Für Bundesbehörden gilt seit 2017 das sogenannte Open-Data-Gesetz. Es legt fest, dass nicht schutzwürdige Daten kostenfrei zur Verfügung stehen müssen.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben sieht eine Vermarktung skeptisch. Es sei wahrscheinlich, dass sich lokale Firmen im Gegensatz zu großen Konzernen Datensätze oft nicht leisten könnten. Erben fordert stattdessen, anonymisierte Daten verstärkt kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Lokale Firmen könnten so neue Dienstleistungen entwickeln und damit auch Steuereinnahmen generieren.

Auch der Städte- und Gemeindebund Sachsen-Anhalt hält die Vorschläge der Bundesorganisation eher für „theoretisch“. Es entspreche nicht dem Selbstverständnis, zugelieferte Daten anonymisiert zu verkaufen, so Vize-Geschäftsführer Heiko Liebenehm. Unter den von der Volksstimme angefragten Städte erwägt derzeit keine ein Geschäftsmodell, wie vom Städtebund angeregt. Der Umgang mit Bürger-Daten ist ein sensibles Thema. Erst im April war die Post wegen des Verkaufs straßengenauer Daten zu Haushaltsmerkmalen an Parteien in die Schlagzeilen geraten.

Der Kommentar "Schatz für lokale Wirtschaft" zum Thema.