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Corona-Pandemie Hoffnung für Sitzenbleiber in der Krise

Andere Länder haben vorgelegt. Auch Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner will prüfen, ob Sitzenbleiben in diesem Jahr ausfällt.

Von Alexander Walter 27.04.2020, 01:01

Magdeburg. „Sobald wir Klarheit über den weiteren Weg zur Öffnung der Schulen haben, werden wir die bestehenden Regelungen erneut auf die Praktikabilität hin überprüfen“, sagte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) der Volksstimme am Wochenende.

Schon jetzt hätten die Schulen aber alle Möglichkeiten, bei Versetzungen nach pädaogogischem Ermessen zu entscheiden. Dabei könnten sie durch Schulschließungen der vergangenen Wochen entstandenen Lerndefizite einfließen lassen, sagte Tullner.

Andere Bundesländer haben sich festgelegt. Nach Hessen kündigten auch Baden-Württemberg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern sowie Nordrhein-Westfalen und Bayern an, dass bei ihnen in diesem Jahr kein Schüler sitzenbleiben muss.

Der Chef der Pisa-Studie, OECD-Bildungsdirektor Andreas Schleicher, begrüßte den Schritt gegenüber Journalisten des Redaktionsnetzwerks Deutschland: „Sitzenbleiben ist nie eine gute Idee. Es bringt keinen Leistungsgewinn, es stigmatisiert, und es kostet die Gesellschaft 25.000 Euro pro Sitzenbleiber“, sagte er.

Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) äußerte im „Spiegel“ Verständnis für die Entscheidung, das Sitzenbleiben auszusetzen. Matthias Rose, Chef des Landeselternrats, erklärte: „Schlechte Leistungen jetzt zur Grundlage von Nichtversetzungen zu machen, wäre verwerflich.“

Der Verband der Gymnasiallehrer in Sachsen-Anhalt sieht indes keinen Handlungsbedarf: „Ich verstehe die Diskussion nicht“, sagte Vorsitzender Thomas Gaube. Alle Schüler hätten ein sauberes Halbjahreszeugnis bekommen. Fehlten Bewertungen im zweiten Halbjahr könne man darauf zurückgreifen. Auch Gaube verwies auf Ermessensspielräume der Klassenkonferenzen: „Wenn diese sehen, dass es ein Bemühen um Verbesserung gibt, haben sie jedes Recht, den Belastungen der Krise Rechnung zu tragen und für die Versetzung zu entscheiden.“

Etwas anderes sei es, wenn Eltern von sich aus beschließen, dass ihr Kind das Jahr freiwillig wiederholen soll, sagte Gaube. In solchen Fällen sollte das Wiederholungsjahr angesichts der Krise nicht auf die maximale Verweildauer in der Schule angerechnet werden. Elternrats-Chef Rose forderte entsprechende Regelungen für die untersten Klassen und die Abiturstufe.

Grundlage für Versetzungen sind die Jahresnoten eines Schülers. Sie ergeben sich aus Zensuren etwa für Klausuren und Tests. Ist ein Schüler Wackelkandidat, entscheidet die Klassenkonferenz mit Klassenlehrer, Schüler- und Elternvertretern. Die Konferenz schaut sich dabei die Entwicklung des Schülers über das ganze Schuljahr an.

Heute wollen die Länder beraten, wie es für die Schulen in der Corona-Krise weitergeht. Bundesbildungsministerin Karliczek sprach sich im „Spiegel“ derweil für eine Maskenpflicht schon ab der ersten Klasse aus.