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Corona Streit um Besucherregel im Pflegeheim

Angehörige dürfen ihre Verwandten in Sachsen-Anhalts Pflegeheimen täglich eine Stunde besuchen. Das wird schwierig, sagen die Heime.

10.05.2020, 23:01

Magdeburg l Endlich! Vorbei sind die Besuche, bei denen Glasscheiben zwischen Besucher und Pflegeheim-Bewohner stehen. Ab heute dürfen Angehörige ihre Liebsten wieder eine Stunde täglich besuchen. So steht es geschrieben in der fünften Landesverordnung über Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus. Doch die Realität sieht anders aus.

„Das ist unrealistisch“, sagt Sabine Lüscher vom Vitanas Senioren-Centrum „Elbblick“ in Magdeburg. Angehörige wurden darüber informiert, dass die Einrichtung nicht für eine Stunde pro Tag für Besucher geöffnet wird. Abstandsregeln, Besucherlisten, Hygienevorschriften – „das ist alles sehr viel und ich habe eine Verantwortung gegenüber Bewohnern und Mitarbeitern“, begründet Lüscher ihre Entscheidung und spricht von einem „Sonderweg“. Ab heute werde es zwei „Nischen“ in der Cafeteria geben, die Besucher für Treffen nutzen können. „Aber keine Stunde, eher 30 Minuten.“

Im Rahmen einer Gefährdungsabschätzung können Einrichtungen – laut Verordnung – auch trotz der Lockerung weiterhin ein Besuchsverbot festlegen. Bis Freitag hatten sich nach Angaben des Landesverwaltungsamts bis zu zehn Einrichtungen dafür entschieden. Wurden die Heime bei der Umsetzung allein gelassen? „Nein“, sagt Anja Bohrmann vom Landesverband Hauskrankenpflege Sachsen-Anhalt. Neben Empfehlungen zur Umsetzung und Informationsschreiben hätte das Land über die Gesundheitsämter Mund-Nasen-Schützer und FFP 2-Masken zur Verfügung gestellt. „Die Vorgaben sind größtenteils umsetzbar. Wie hoch der tatsächlich zu erwartende Mehraufwand sein wird, wird sich zeigen.“

Doreen Gutjahr, Leiterin im Haus Magdalenenhof Schönebeck/Elbe, ist skeptisch. „Einerseits freuen sich die Bewohner riesig und benötigen dringend soziale Kontakte“, sagt sie. „Aber diese eine Stunde Besuch pro Tag können und werden wir nicht umsetzen.“ In der vergangenen Woche hätte sich alles darum gedreht, Markierungen zu platzieren, eine Besucherfläche und Kontrollen am Eingang einzurichten. „Wenn jemand das Virus einschleppt, tragen wir die Verantwortung“, sagt Gutjahr. Daher können Bewohner ab heute zweimal wöchentlich Besuch empfangen. Mehr sei nicht realisierbar.

In den 13 AWO-Pflegeeinrichtungen ist ein Besuch nur nach vorheriger telefonischer Terminabsprache möglich und es gibt einen Zeitkorridor. In Leuna (Saalekreis) liegt der täglich zwischen 15 und 16 Uhr. „Da ist es dann natürlich unrealistisch, dass jeder Bewohner einmal am Tag von einer Person für eine Stunde Besuch empfangen darf“, sagt Sprecherin Cathleen Paech vom AWO-Landesverband.

Auch in den 41 Altenpflegeheimen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) variiert die Umsetzung der Schutzmaßnahmen, wobei es in vielen Heimen feste Besuchszeiten gibt. Eine Stunde Besuch täglich? „Unsere Einrichtungen versuchen dieser Maßgabe gerecht zu werden“, sagt Sprecherin Annemarie Söder. „Wie groß der Bedarf an Besuchen ist und wie wir damit umgehen, werden wir in der nächsten Woche sehen.“