Protokollchef Andreas Penning ist der gute Geist der Staatskanzlei / Sachsen-Anhalt sucht Nachfolger Der erste Diener geht von Bord
Magdeburg. Er bereitet den Besuch von Präsidentinnen vor, organisiert das Defilee der Diplomaten und regelt diskret, wenn wieder jemand ohne Einladung zum Neujahrsempfang kommt. Doch bald nimmt Protokollchef Andreas Penning seinen Abschied.
Die Anzeige stand kürzlich in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Das Land Sachsen-Anhalt sucht für die Arbeit in der Staatskanzlei einen neuen Protokollchef und Stellvertreter. Der Grund: Andreas Penning, seit 1991 im Landesdienst, folgt 2014 seinem Stellvertreter in den Ruhestand. "Aber erst in der zweiten Jahreshälfte. Zunächst soll ich den Neuen noch einarbeiten", erzählt der 64-jährige Protokollchef.
Immer korrekt gekleidet, verbindlich im Ton, diskret im Umgang mit Informationen. Der gebürtige Bremer ist ein richtiger Gentlemen alter Schule. Und ist so gesehen wie geschaffen für den Job als Protokollchef der Staatskanzlei, den er jahrelang ausführte. "Das ist kein Beruf, den man erlernen kann. Voraussetzungen sind sicherlich eine gute Kinderstube, Diskretion und solide Kenntnisse über die Verfassung der Bundesrepublik."
Das "Familienunternehmen" der Eheleute Penning
Andreas Penning ist langjährig verheiratet. Ein bisschen amüsant ist, dass die Staatskanzlei so etwas wie "das kleine Familienunternehmen" der Pennings ist. Denn Ehefrau Petra sitzt als Büroleiterin im Vorzimmer von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). So ganz heimisch sind die Eheleute trotz ihrer Nähe zum "Königsthron" nicht geworden im Land der Frühaufsteher. "Wir hatten uns schon fast ein Haus in Biederitz bei Magdeburg gekauft, haben uns dann aber doch für ein besseres Angebot in Braunschweig entschieden", erzählt der Protokollchef.
So kehren die beiden bald ein Stück weit in die alte Heimat zurück. Niedersachsen war nach der Wiedervereinigung das Patenland von Sachsen-Anhalt. Andreas Penning gehörte zur ersten Garde von westdeutschen Beamten, die damals halfen, die hiesige Landesverwaltung aufzubauen. Der studierte Jurist kam 1991 nach Magdeburg und wurde zunächst Leiter des Presse- und Informationsamtes, später Büroleiter des Ministerpräsidenten. Mit dem Politikwechsel in Richtung Rot-Rot begann für Penning dann eine Zeit, die er selbst mit "Verwendungsbreite nachweisen" umschreibt. 2005 wechselte er vom Wirtschaftsministerium zurück in die Staatskanzlei und wurde Protokollchef.
Formell ist er dort Referatsleiter mit sechs Mitarbeitern. Gemeinsam organisieren sie Empfänge des Ministerpräsidenten, bereiten Auslandsreisen wie kürzlich nach Polen vor und kümmern sich um den Empfang von hochgestellten Gästen. Seine Mitarbeiter sind natürlich immer genauso korrekt gekleidet wie er selbst. Einen staatlichen Zuschuss für Smoking, Anzug und Kostüm gibt es aber auch für die ersten Diener des Landes nicht. Herrscht bei den Damen eine Kleiderordnung zur Rocklänge? "Nein, das ist nicht nötig. Die Damen würden niemals im Minikleid zum Dienst erscheinen."
Einen gewissen Charme hätte das - aus Sicht der männlichen Gäste. Der wichtigste Empfang des Jahres geht in der Staatskanzlei kurz nach dem Jahreswechsel über die Bühne. Etwa 500 Gäste werden zum Neujahrsempfang eingeladen. "Und auf jeder Karte steht, dass sie nur allein für den Empfänger gilt", so der Protokollchef. Das führe alljährlich zu Diskussionen. "Da rufen die gleichberechtigten Vorstandsmitglieder an, oder jemand will unbedingt seine Ehefrau mitbringen."
Und das nicht nur im Vorfeld. Da kommt der Protokollchef dann schon etwas ins Schwitzen, wenn die Herrschaften in Abendgarderobe vor der Staatskanzlei stehen. Wo doch die Anzahl der Gäste von Feuerwehr, Polizei und Sicherheit genau reglementiert ist. Er regele das angemessen, so Penning. Wie genau, will er nicht verraten.
Wenn das Filetsteak längst serviert sein müsste
Andere Problemchen sind schon schwieriger zu händeln. Etwa, wenn der Redner nicht fünf, sondern 25 Minuten spricht und der Koch hinten in seine Mütze beißt, weil das Filetsteak längst serviert sein müsste. Journalisten ist diese Eigenschaft von Reiner Haseloff nicht unbekannt. Meint er etwa diesen Herrn? "Also von dem kenne ich so etwas nicht", sagt Andreas Penning mit stoischer Miene und zuckt nicht einmal mit den Mundwinkeln.
Zuweilen lauern auf den Protokollchef Schwierigkeiten, auf die er selbst wohl nie gekommen wäre. So begannen zum Jahresanfang 2010 die Vorbereitungen für ein Benefizkonzert am 7. September 2012 in Halle gemeinsam mit dem Protokoll-Kollegen vom Bundespräsidialamt, weil Bundespräsident Horst Köhler kommen sollte. Der trat dann zurück, so begann eine Umplanung, weil aus dem einfachen Konzertbesuch nun ein Antrittsbesuch mit allen protokollarischen Ehren für den neuen Präsidenten, Christian Wulff, wurde. "Gekommen ist dann Joachim Gauck", seufzt Andreas Penning.
Dem immerhin bleibt der Magdeburger Protokollchef auf ganz eigene Weise in Erinnerung. Penning ist leidenschaftlicher Fahrradfahrer. Korrekt gekleidet auch in dieser Eigenschaft - mit Helm und farblich abgestimmten silbernen Hosenklemmen.
Dumm nur, dass Andreas Penning im März dieses Jahres beim Besuch des Bundespräsidenten in Halle zum Francke-Geburtstag das Staatsoberhaupt mit Hosenklemmen empfing. Der Fahrer von Joachim Gauck machte ihn beim Halt der Ehren-Eskorte an der Autobahn-Raststätte darauf aufmerksam. Gauck witzelte später mit Blick auf Penning: "Den Protokollchef kenne ich. Und ich weiß auch, dass er Fahrrad fährt ..."
Staatsgäste anderer Länder kommen selten nach Sachsen-Anhalt. 19 Fahrzeuge mit sieben Motorrädern Ehren-Eskorte begleiteten im Oktober 2006 die damalige und künftige Präsidentin Chiles, Michelle Bachelet, von Leipzig nach Bitterfeld. "Wegen der sächsisch-sachsen-anhaltischen Grenzüberschreitung war die Protokoll-Kollegin aus Dresden ebenfalls mit dabei", erinnert er sich. Auch die Präsidentin Lettlands, Vaira Vike-Freiberga, wurde 2007 zur Verleihung des Kaiser-Otto-Preises in Magdeburg mit einer Ehren-Eskorte an der Landesgrenze abgeholt.
Zu wenig Frauen für den Bundesverdienstorden
"Protokollchef ist der schönste Beruf im öffentlichen Dienst", findet Andreas Penning. Er sei vielen interessanten Persönlichkeiten begegnet. Nur, dass in Sachsen-Anhalt regelmäßig zu wenig Frauen für den Bundesverdienstorden vorgeschlagen werden, ärgert ihn. Denn auch um die Organisation der Ordensvergaben kümmert sich das "Protokoll". "Der Bundespräsident nimmt nur eine Vorschlagsliste entgegen, wenn der Frauen-Anteil mindestens 30 Prozent beträgt." Inzwischen haben sich in Sachsen-Anhalt viele männliche Bewerber angesammelt, die den Bundesverdienstorden nur deshalb noch nicht bekommen haben, weil zu wenig Frauen für Orden zur Verfügung stehen. Eine "Männerhalde" nennt das Andreas Penning etwas despektierlich und schmunzelt.