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Die meisten Kommunen wollen abwarten, welchen gesetzlichen Rahmen die Politik abstecktDer Kreis Stendal möchte die erste Gemeinschaftsschule im Land aufbauen

Von Martin Rieß 03.01.2012, 05:21

Aus dem Kultusministerium gibt es einen Entwurf zur Gemeinschaftsschule. Der Landkreis Stendal sieht sich als Vorreiter, während andere Kommunen zurückhaltend sind.

Magdeburg l Alle Schulabschlüsse an einer Schule und kein Sitzenbleiben - dies sind Punkte aus dem Entwurf des Kultusministeriums zur Gemeinschaftsschule. Verlockend mag die Idee gemeinsamer Schulen für dünn besiedelte Regionen erscheinen. Dort ist es oft schwierig, die Mindestgrößen der Schulen abzusichern, ohne den Schülern unzumutbar lange Schulwege aufzubürden. Die niedrigste Einwohnerdichte Sachsen-Anhalts hat der Altmarkkreis Salzwedel mit 39 Einwohnern pro Quadratkilometer. "Wir wollen aber erst die genauen Regelungen abwarten. Außerdem möchten wir nicht den Schulkonferenzen vorgreifen", erklärt Birgit Eurich, Sprecherin im Landratsamt.

Ebenfalls sehr dünn besiedelt ist mit 50 Einwohnern pro Quadratkilometer der Landkreis Stendal. Annemarie Theil (SPD) ist Erste Beigeordnete des Landrates und sagt auf Nachfrage der Volksstimme: "Wir freuen uns natürlich, dass sich das Land jetzt auf den Weg macht." Man stehe "Gewehr bei Fuß", um den Schritt zur neuen Schulform zu wagen. Gerade aus dem Landkreis Stendal habe es seitens des Schulausschusses schon lange Impulse gegeben, in Sachsen-Anhalt Gemeinschaftsschulen zu ermöglichen.

Noch unklar: Wer soll mögliche Mehrkosten tragen?

"Die Leitung einer Schule hat bereits Interesse an einer Umwandlung gezeigt." Da allerdings die Schulkonferenz noch nicht - wie im Entwurf aus dem Kultusministerium vorgesehen und wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD auf Landesebene vereinbart - über das Thema beraten hat, sei es verfrüht, den Standort dieser möglicherweise ersten sachsen-anhaltischen Gemeinschaftsschule bekannt zu geben.

Gerade der Landkreis Stendal verkörpert die Nöte der dünn besiedelten Regionen: In Havelberg ist wegen der weiten Fahrwege eine einzügige Außenstelle des Diesterweg-Gymnasiums Tangermünde eingerichtet. Und in Seehausen ganz im Norden des Landes gibt es eine Außenstelle des Osterburger Markgraf-Albrecht-Gymnasiums. Angesichts großer Entfernungen hatten im Rahmen von Diskussionen zur Schullandschaft dort schon Eltern laut darüber nachgedacht, im Falle einer Schließung dieser Außenstelle eine Beschulung ihrer Sprösslinge in Wittenberge im benachbarten Landkreis Prigniz in Brandenburg anzustreben.

Kritische Töne indes aus dem Jerichower Land. Steffi Priese vom Burger Landratsamt sagt: "Das Zusammenlegen verschiedener Schularten wird, seit es solche Überlegungen gibt, kontrovers diskutiert." Die politischen Gremien des Jerichower Landes hätten sich bislang noch nicht an der Diskussion beteiligt.

Zunächst müsse Klarheit bestehen, wie die Bedingungen im Einzelnen aussehen. "Erst wenn die Anforderungen für die Schulträger festgelegt sind, kann eine Bewertung erfolgen, ob eine Gemeinschaftsschule in Betracht kommen kann", schreibt Steffi Priese. Es sei "verfrüht, konkrete Vorhaben zu benennen. Dies würde die teilweise sehr hitzig geführte und oft völlig unergiebige Diskussion zum Für und Wider anderer Schulformen wie hier der Gemeinschaftsschule entfachen." Nicht in Vergessenheit geraten dürfe die Frage, wer einen Mehraufwand bezahlen soll.

In Zurückhaltung üben sich auch andere Landkreise. Udo Pawelczyk, Sprecher des Kreises Anhalt-Bitterfeld, sagt: "Das Thema Gemeinschaftsschule war bisher weder in der Verwaltung noch in den politischen Gremien des Landkreises Anhalt-Bitterfeld ein Thema. Uns ist derzeit nicht bekannt, ob Schulen aus unserem Gebiet das anstreben." Ulf-Peter Freund ist Schulamtsleiter im Salzlandkreis und bestätigt dies für seine Region.

Ingelore Kamann, Sprecherin des Harzkreises, berichtet Ähnliches. "Unser Kenntnisstand beschränkt sich derzeit lediglich darauf, was bisher der Presse zu entnehmen war. Wir gehen davon aus, dass die Gemeinschaftsschule in der kommenden Schulentwicklungsplanung ab dem Schuljahr 2014/15 - also nach Ablauf des derzeit gültigen und genehmigten Planungszeitraumes - eine Rolle spielen wird", so Ingelore Kamann

Schulform nicht auf den ländlichen Raum beschränkt

Die Mitarbeiterin des Halberstädter Landratsamtes schreibt: "Die Verwaltung des Landkreises Harz hat sich zwar mit der Thematik auseinandergesetzt, es gibt jedoch noch keine konkreten Vorhaben. Das ist momentan auch deshalb sehr schwierig, weil es noch keinerlei fundierte Vorgaben gibt." Diese Position vertritt auch Uwe Baumgart aus dem Landratsamt des Bördekreises: "Nach meiner Beurteilung ist hier zunächst der Gesetzgeber gefordert, die entsprechenden rahmengesetzlichen Regelungen zu treffen."

Gemeinschaftsschulen sollen indes nicht zwingend auf den ländlichen Raum begrenzt werden. Auch die großen Städte könnten diese Schulform einführen. Der Magdeburger Kulturbeigeordnete Rüdiger Koch erklärt aber: "Bislang gibt es bei uns noch keine Pläne. Auch hat noch keine Schule uns gegenüber Interesse zur Bildung einer Gemeinschaftsschule signalisiert." Seite 5