Ein alternativer Stützpunkt
Magdeburg. Jens Ferchland (47), gelernter Tischler und passionierter Kletterer steht zufrieden vor der großen Werkhalle. Hier, auf dem alten Industriegelände "Werk 4" in Buckau, soll seine Kletterhalle entstehen.
Das Gebäude ist nahezu perfekt, ganze 18 Meter hoch, jedoch leider sehr heruntergekommen. Das muss sich noch ändern, bevor die Halle Ende 2013 eröffnet werden kann.
Doch auch der Rest des Geländes bedarf noch intensiver Baumaßnahmen. Da der Vorbesitzer das Objekt nur als Ganzes verkaufen wollte, musste auch für die anderen Gebäude ein Nutzungskonzept erarbeitet werden. "Die haben gesagt: ‚Komplett oder gar nicht‘. Und da wir uns so in das Ding verschossen hatten, haben wir gesagt: ‚Gut.‘" erinnert sich Ferchland.
So kommt es, das noch andere Interessengruppen Zuflucht in den zahlreichen Gebäuden des "Werk 4" suchen. Einer der ersten, der mit einer Idee für die Nutzung eines Gebäudes kam, war Michael Schütze (29). Er war schon seit Längerem auf der Suche nach einem neuen Wintertrainingsplatz für seine Parkourgruppe, als er auf Ferchland und seine Mitstreiter traf. Als schließlich feststand, dass viele zusätzliche Gebäude zur Verfügung stehen würden, war ebenso klar: Für die Parkour-Leute bleibt ein Platz reserviert. Seitdem ist auch Schütze, der nicht nur als Parkour- und Escrimatrainer, sondern auch immer wieder als Mitarbeiter verschiedener Projekte tätig ist, ein fester Bestandteil des Teams.
Inzwischen gibt es für fast alle Räume konkrete Nutzungspläne. Neben der Kletter- und der Parkourhalle sollen eine Skaterhalle, ein Raum für Kampfsport-Trainingseinheiten, ein Tonstudio, Band-Proberäume, ein kleiner Konzertsaal, eine Holz- und eine Metallwerkstatt und noch einiges mehr entstehen. Diese Angebote sollen von externen Veranstaltern angeboten werden, die die entsprechenden Räume pachten können. "Wir sind fast schon ausgebucht, was Ideen angeht" so Schütze, "aber wenn eine neue, gute Idee dabei ist, dann sind wir auch gerne offen dafür und gucken, welche Räume dafür noch zur Verfügung stehen."
Das knapp 14.000 m2 große Gelände soll weiterhin Platz für alle möglichen Projekte bieten. Auch ein kleines Kaffee oder eine ähnliche gastronomische Einrichtung ist geplant, in der sich die Besucher zwischendurch stärken können.
Die Kosten bestreiten die vier Initiatoren des Projekts bis jetzt aus Privatmitteln. Später wird sich die Einrichtung aus Pachtgeldern der Veranstalter sowie aus Nutzungsgebühren für die eigenen Angebote finanzieren. "Insgesamt sind das 13.000 bis 14.000 Euro im Jahr, die reinkommen müssen", verrät Schütze, "aber auf das Gelände verteilt, mit vielen Parteien, ist das kein Problem."
Dennoch wollen sich die Organisatoren nicht dem Profit verschreiben. "Es wird auch kostenfreie Angebote geben", verspricht Schütze, "Bei der Kletterhalle ist es nicht anders möglich, aber die anderen Geländeteile sollten möglichst nicht rein profitorientiert sein, sondern auch der Gemeinschaft etwas zurückgeben." Eines der Ziele sei schließlich auch, "ein alternativer Stützpunkt zu sein."
So betrachtet Schütze das Gelände auch als möglichen Treffpunkt verschiedener Szenen. "Wir bieten Strukturen, damit sich Leute untereinander vernetzen können", berichtet er. Zum Beispiel entstünde hier "der erste durchgängig nutzbare Trainingspunkt, den alle Parkourleute in Magdeburg benutzen können" und mit der "größten Kletterhalle Mitteldeutschlands", die laut Ferchland hier entstehen soll, ist das Gelände auch der ideale Treffpunkt für die Kletterszene Magdeburgs.
Durch die große Vielfalt der Angebote können jedoch noch weitere Interessengruppen das "Werk 4" als eine Art Knotenpunkt nutzen. Musiker, Kampfsportler, Skater... sie alle werden sich hier treffen und die Möglichkeit haben, untereinander oder auch szeneübergreifend Kontakte zu knüpfen.
Ferchland breitet die Arme aus. "Wir sind für alles offen."
*) Hans Geske studiert an der Hochschule Magdeburg-Stendal Journalistitk/Medienmanagement.