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  5. Energiewende Sachsen-Anhalt: Windkraft im Wald? Nabu protestiert

energiewende in Sachsen-Anhalt Juristisches Tauziehen: Stehen bald viele Windräder in den Wäldern des Landes?

Die Landesregierung in Sachsen-Anhalt will den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben. Dafür sollen in Zukunft laut Forstminister Sven Schulze auch Waldflächen wie im Harz umfunktioniert werden. Der Naturschutzbund (Nabu) protestiert gegen die geplanten Windkraftanlagen.

Von Arne Birger Jeske 15.01.2024, 14:54
Der tote Wald muss weichen: Wo im Harz einst vom Borkenkäfer befallene Bäume standen, sollen zukünftig vielleicht bald Windkraftwerke stehen.
Der tote Wald muss weichen: Wo im Harz einst vom Borkenkäfer befallene Bäume standen, sollen zukünftig vielleicht bald Windkraftwerke stehen. Symbolbild: IMAGO / CHROMORANGE

Halle/Magdeburg/DUR. - Derzeit stehen in Sachsen-Anhalt mehr als 2.800 Windräder, die über 5.000 Megawatt Energie für das Bundesland erzeugen. Damit belegt Sachsen-Anhalt Platz 5 im Bundeslandranking, was die Energiegewinnung aus Windkraft betrifft. Da bis zum Jahr 2032 aber 80 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen werden soll, gibt es noch viel zu tun.

Auf der Suche nach neuen Flächen für Windräder nimmt die Landesregierung nun auch den Wald in Sachsen-Anhalt ins Visier. Das trifft bei Umweltschützern auf Widerstand.

Wird das Waldgesetz in Sachsen-Anhalt für die Windkraft ausgehebelt?

Jedes Bundesland hat ein Waldgesetz. Dieses gibt die Rahmenbedingen für die Nutzung und die Bewirtschaftung der Wälder vor. Für Sachsen-Anhalt steht dort geschrieben: "Eine Umwandlung (von Wald) zur Errichtung von Windenergieanlagen ist nicht zulässig."

Da die Landesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien aber mit allen Mitteln vorantreiben will, kündigte der CDU Forstminister Sven Schulze vor kurzem an: "Ich werde das Waldgesetz ändern". Die Verbotsklausel, die das Errichten von Windrädern im Wald bisher landesweit untersagt, soll gestrichen werden.

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Thüringer Waldgesetz ist Grund für Änderungspläne

Grund für den Vorstoß von Forstminister Schulze war auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses entschied am 27. September 2022 über einen ähnlichen Fall in Thüringen. Dort hatten mehrere Waldbesitzer gegen das Thüringer Waldgesetz geklagt, weil sie Windräder im Forst errichten wollten.

Das Gericht hob das Bebauungsverbot auf und erklärte den Satz "Eine Änderung der Nutzungsart zur Errichtung von Windenergieanlagen ist nicht zulässig" im Thüringer Waldgesetz für verfassungswidrig.

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Windkraft im Harz: Nabu pocht auf Rechtslage

Doch auch wenn das Waldgesetz in Sachsen-Anhalt geändert werden sollte, um Windkrafträder im Wald zu errichten, müssen vor der Bebauung weitere Faktoren beachtet werden, so der Arten- und Naturschutz. Katja Alsleben, Landesvorsitzende des NABU Sachsen-Anhalt betont: "Die geplante Änderung des Waldgesetzes führt nicht dazu, dass in Wäldern Windkraftanlagen künftig generell erlaubt sind."

Auch wenn das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG) einige Ausnahmen genehmigt, so gelten in Natura 2000-Gebieten, Naturschutzgebieten oder Nationalparks erstmal keine Erleichterungen. "Windkraftanlagen im Wald sind nur zulässig, wenn dem keine anderen Rechte entgegenstehen." weiß Peter Kremer, rechtlicher Berater des Nabu.

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Windräder nur in Wirtschaftswäldern?

Was die geplante Gesetzänderung von Forstminister Sven Schulze für Sachsen-Anhalt bedeutet, erklärte das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt auf Anfrage.

Pressesprecher Matthias Stoffregen dazu: "Energieminister Willingmann hat in den vergangenen Monaten mehrfach angeregt, Windkraft in artenarmen Wirtschaftswäldern zu erlauben, die bereits durch Dürre und Borkenkäfer zerstört wurden. Es geht nicht darum, Anlagen in streng geschützte, funktionsfähige Wälder zu stellen."

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Freihaltung oder Rodung von Waldflächen für Windkraft ist nicht erlaubt

Laut Nabu beißt sich dieses Vorhaben aber in vielen Belangen mit dem Naturschutz. Denn auch Wirtschaftsflächen, die durch den Borkenkäfer oder Dürre gelitten haben, sind keine toten Flächen.

Dr. Anne Arnold, Landesgeschäftsführerin des NABU Sachsen-Anhalt, erklärt: „Die Umwandlung von Waldflächen in Flächen für Windkraftanlagen ist mit dem Klimaschutz nicht zu vereinbaren, denn dies fördert den Auflösungsprozess von Wäldern."

Laut Nabu stellen auch ausgedörrte oder einst von Schädlingen befallene Waldfläche eine wichtige Basis für den Umweltschutz dar. Denn hier lassen sich standortangepasste neue Wälder etablieren. Der NABU Sachsen-Anhalt fordert daher die Umsetzung von neuen Waldnutzungskonzepten, ohne Windräder im Wald.