1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Wo ist das perfekte Oster-Versteck?

Ermittler Wo ist das perfekte Oster-Versteck?

Am Sonntag beginnt die Suche nach dem perfekten Osterversteck. Doch wo würden die Profis suchen, die sich von Berufs wegen auskennen?

Von Matthias Fricke 12.04.2020, 01:00

Die Volksstimme sprach mit den erfahrenen Ermittlern vom Bund Deutscher Kriminalbeamter René Schackert (Stendal) und Peter Meißner (Magdeburg).

Was macht ein gutes Versteck aus?

René Schackert: Je weniger von einem Versteck wissen, umso besser ist es. Es sollte sich immer am Umfeld orientieren und sich in Farbe und Form anpassen. Natürlich muss es auch irgendwann wieder auffindbar sein. Vor dieser Herausforderung stehen unsere Klienten immer.

Peter Meißner: In Corona-Zeiten müsste ein gutes Oster-Versteck natürlich zu Hause oder im Garten sein. Ansonsten sollte es möglichst dort sein, wo man es nicht vermutet.

Welches Versteck hat Sie denn am meisten beeindruckt?

René Schackert: Das war ein Buch. Darin waren gestohlene Siegel für Kennzeichentafeln versteckt. Beeindruckend fand ich auch ein Versteck, das eigentlich ganz offensichtlich war. Der Beschuldigte hatte das Tatwerkzeug, ein Flexgerät, einfach bei einem Unbeteiligten in der Werkstatt platziert. Dort fiel es natürlich niemandem auf.

Peter Meißner: Ich unterscheide dabei immer zwischen Praktikern und Handwerkern. Letztere lassen sich richtig etwas einfallen. Die bauen zum Beispiel einen doppelten Boden in ein Auto ein, der nur elek­tronisch geöffnet werden kann. Andere lassen in einem Haus einen Raum verschwinden, indem sie doppelte Wände einbauen. Die Praktiker hingegen nutzen Verstecke, die vorhanden sind, wie Löcher, Mauervorsprünge oder Ähnliches.

Welche Orte verwenden Ganoven am häufigsten als Versteck?

René Schackert: Die brauchen vor allem Orte, zu denen sie auch jederzeit Zugang haben. Zum Beispiel werden Drogen deshalb auch gerne in der eigenen Wohnung deponiert, um schnell wieder heranzukommen. Das kann natürlich auch der Garten oder die Garage sein. Je größer der Gegenstand oder die Beute, umso weiter ist oft der Abstand zum Wohnort. Es soll ja möglichst kein Bezug zum Täter hergestellt werden können. Für kleine Dinge oder geringe Mengen Drogen reichen oft auch ein Eddingstift oder eine Make-up-Dose.

Peter Meißner: Ganoven, die ein Kunstwerk verstecken wollen, nutzen dafür am besten eine Gemäldegalerie.

Offensichtlich kennt die Polizei ja schon die guten Verstecke. Dann sind sie aber keine mehr ...

René Schackert: Das stimmt. Das sind meist Erfahrungswerte. Wir müssen uns so gut es geht in die Täter hineinversetzen. Nur so können wir auch erfolgreich arbeiten. Wir denken manchmal auch in absurde Richtungen, finden dann auch Dinge, die man so gar nicht vermutet hat.

 

Manchmal findet man ja auch etwas, obwohl man etwas ganz anderes gesucht hat. Kennen Sie das als Kriminalist?

René Schackert: Ja klar. Ich hatte mal eine Durchsuchung und wir wussten die Wohnung ist leer. Da vermutet man erst einmal nichts. Der Beschuldigte war damals nicht anzutreffen und spurlos verschwunden. Als sich dann der große Wäsche­haufen in der Wohnung bewegte, war die Überraschung schon sehr groß. Der Mann hatte sich dort versteckt, weil er aufgrund eines Haftbefehls gesucht wurde. Eines der kuriosesten Verstecke war übrigens in einer Dachgeschosswohnung. Ein Beschuldigter nutzte seine Dachrinne als Drogendepot.

Peter Meißner: Zufallsfunde sind gar nicht so selten. Wenn ich gezielt Diebesgut in einer Wohnung suche und dabei Drogen finde, das passiert schon sehr häufig.

Im Gegensatz zu den Kindern bei der Ostereiersuche stehen Ihnen auch Hilfsmittel zur Verfügung. Welche sind das?

René Schackert: Ohne ins Detail gehen zu wollen, denn ein paar Geheimnisse müssen wir bei der Polizei schon haben. Aber es gibt eine Vielzahl. Das sind zum Beispiel Wärmebildkameras, Suchhunde, Nachtsichtgeräte oder Metalldetektoren. Man kann auch die geografischen Begebenheiten näher untersuchen, indem man den Boden scannt und so feststellen kann, ob dort Erdarbeiten stattgefunden haben.

Peter Meißner: Uns steht das gesamte Spektrum der Wissenschaft zur Verfügung. Es geht aber natürlich nichts über einen guten Zeugenhinweis.

Was macht einen guten Fahnder aus?

René Schackert: Er muss vor allem fantasiereich denken können und Möglichkeiten in Betracht ziehen, die auf dem ersten Blick als unwahrscheinlich erscheinen. Und er muss in der Lage sein, das Puzzle so zusammenzusetzen, dass es am Ende ein vollständiges Bild ergibt.

Peter Meißner: Menschenkenntnis gehört auch dazu.

Gibt es das perfekte Versteck?

René Schackert: Mit Sicherheit gibt es das. Man hat ja den Nibelungen-Schatz oder das Bernsteinzimmer noch immer nicht gefunden. Das perfekte Versteck muss also so gut sein, dass man ewig danach sucht. Allerdings ist es natürlich auch davon abhängig, welche Sagen und Mythen sich darum ranken.

Peter Meißner: Wir suchen ja tatsächlich auch noch sehr viele Kunstwerke, die bisher nicht wieder aufgetaucht sind. Ich denke da an die Edelsteine aus dem Grünen Gewölbe in Dresden, die wir noch immer suchen.

Werden Sie häufig nach perfekten Verstecken gefragt?

René Schackert: Das ist wirklich das erste Mal. Aber ich kann mir vorstellen, dass es immer wieder Menschen gibt, die bereit sind, da einiges zu investieren, um an ein perfektes Versteck zu kommen. Dabei ist der Knackpunkt der, dass man immer wieder an das Versteck auch herankommen muss.

Peter Meißner: Wenn, dann nur von unseren Chefs, die wissen wollen, wo das Diebesgut denn nun abgeblieben ist.

Welche Tricks gibt es, um von guten Verstecken abzulenken?

René Schackert: Indem man falsche Informationen streut, wo ein Versteck sein könnte, oder sich die Ungeschicklichkeit der menschlichen Be­obachtung zunutze macht. Ein grünes Ei auf einer grünen Wiese kann durchaus eine perfekte Täuschung sein.

Peter Meißner: Wenn ein Vogel auf einer Wiese hochfliegt, dann macht er das nicht immer, weil er Angst hat, sondern von seinem Nest ablenken will. Ablenkung ist immer ein Trick, um ein gutes Versteck nicht zu verraten.

Musste die Polizei schon einmal nach gestohlenen Ostereiern suchen?

René Schackert: In meinen 30 Dienstjahren ist noch kein Kind oder Bürger zu mir gekommen und hat gesagt: Wir haben die Eier so gut versteckt, wir brauchen jetzt die Polizei.

Peter Meißner: Nach gestohlenen Bäumen musste ich schon suchen, aber nach Ostereiern noch nicht.