1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. "Fälscherwerkstatt" im Harzer Autohaus

Auftakt zum Betrugs-Prozess im Landgericht gegen ehemalige Blankenburger Chefin "Fälscherwerkstatt" im Harzer Autohaus

Von Matthias Fricke 11.01.2013, 02:22

Blankenburg/Magdeburg l Rund um einen Betrüger-Ring in einem Blankenburger Autohaus mit über 20 Beteiligten ist gestern gegen die 52-jährige ehemalige Chefin Kerstin S. der Prozess eröffnet worden.

Für das Verlesen der 182 Seiten langen Anklageschrift, in der alle 59 Betrügereien, Urkundenfälschungen und andere Straftaten aufgelistet sind, benötigte Staatsanwältin Martina Laue fast drei Stunden. Im Wesentlichen wurde darin der in Basel (Schweiz) und Frankreich wohnenden Angeklagten vorgeworfen, mit gefälschten Kreditunterlagen, Strohmännern aus Rumänien, unechten Pässen und Fahrzeugbriefen Banken um 930762,75 Euro erleichtert zu haben. Der Tatzeitraum liegt zwischen den Jahren 2008 und 2009.

Schon der Betrügerin auf die Spur zu kommen, war nach Angaben der Staatsanwältin, nicht einfach. Die Angeklagte hatte sich nach dem Auffliegen des Ringes Ende 2009 in Frankreich bzw. der Schweiz abgesetzt. Da ihr Hauptwohnsitz Basel ist und der Nebenwohnsitz in Frankreich an der Schweizer Grenze lag, gestalteten sich die Ermittlungen sehr schwierig. Da die gebürtige Magdeburgerin am 18. Januar 2012 auch noch heiratete, ihr neuer Mann soll gegenwärtig wegen einer anderen Strafsache im hessischen Vollzug einsitzen, trug sie ab diesem Zeitpunkt einen neuen Namen. Der internationale Haftbefehl war auf die alten Personalien ausgestellt. Gemeinsam mit der französischen Polizei konnten Ermittler des Landeskriminalamtes die ehemalige Blankenburger Autohauschefin dennoch ausfindig machen und in Frankreich schließlich am 16. August 2012 auf dem Weg zur Arbeit als Personaldienstleisterin nach Basel an der Grenze festnehmen.

Mit einem offiziellen Auslieferungsantrag ist die Angeklagte dann nach Magdeburg überstellt worden. Seit dem sitzt sie in Untersuchungshaft.

Das Autohaus hatte nur den Anschein eines seriösen Gewerbebetriebs. Laut Staatsanwaltschaft war es in den 59 angeklagten Fällen aber eher eine gewerbsmäßige Fälscherwerkstatt. So wurden zunächst gebrauchte Fahrzeuge frisiert, der Kilometerstand zu Gunsten eines Weiterverkaufs verändert, angebliche Erdgas-Antriebe zur Wertsteigerung eingebaut und die Wagenpapiere gefälscht.

In einigen Fällen wurden so aus Schrott- oder Unfallwagen plötzlich teure Karrossen, zumindest soll die Angeklagte das den Banken mit gefälschten Unterlagen weis gemacht haben. Während die Gesamtsumme zur Bankfinanzierung dem Autohaus überwiesen worden war, platzten die Rückzahlungen der Raten durch die angeblichen Käufer. Diese gab es nämlich entweder gar nicht oder sie agierten mit gefälschten Pässen, Alias-Personalien oder hatten keine gedeckten Konten.

Bei den Fälschungen der Fahrzeugpapiere haben sich die Betrüger, so der Vorwurf weiter, zum Teil auch umfangreich gestohlenen Blanko-Dokumenten bedient, die sie neu ausfüllten.

Als die Banken die ausfallenden Zahlungen bemerkten und die Fahrzeuge sicherstellen wollten, waren diese bereits im Ausland. Einige Wagen sollen in der Republik Moldau, in Rumänien oder an der ukrainischen Grenze sichergestellt worden sein. In einem anderen Fall war an einem Auto Totalschaden bei einem Unfall auf der Flucht vor der Polizei entstanden. Der Fahrer war nach einem Wohnungseinbruch vor den Beamten geflüchtet.

Die Angeklagte sagte in einer ersten Stellungnahme: "Ich wollte doch nur die Arbeitsplätze erhalten und das Autohaus wieder auf gesunde Füße stellen."

Richterin Claudia Methling hat zunächst weitere zwölf Verhandlungstage angesetzt. Der Prozess wird am 16. Januar fortgesetzt.