Bundesweit einmaliger Versuch des Landesamtes für Umweltschutz überrascht selbst Wissenschaftler Gefährliche Schwaden: Gartenfeuer deutlich giftiger als bisher vermutet
Gartenfeuer enthalten wesentlich mehr giftige Schadstoffe als bisher angenommen. Das ergab ein bisher bundesweit einmaliger wissenschaftlicher Versuch des Landesamtes für Umweltschutz (LAU). Gesundheitsgefahren bestehen dabei vor allem für Gärtner, die sich direkt neben derartigen Feuern aufhalten.
Heyrothsberge/Halle. Wenn der Sommer sich dem Ende neigt, steigen sie vielerorts in Sachsen-Anhalt wieder auf: dicke Qualmwolken aus Gartenfeuern. Tausende Gartenbesitzer entsorgen auf diese Weise abgeschnittene Zweige und Äste, vertrocknete Tomatenpflanzen, abgemähtes Gras beziehungsweise Laub.
Um herauszufinden, welche Gifte dabei in die Atmosphäre entlassen werden, haben Wissenschaftler des Hallenser Landesamtes für Umweltschutz gemeinsam mit Fachleuten des Instituts der Feuerwehr (IdF) in Heyrothsberge die Verbrennung von Gartenfeuern genau untersucht. In einer eigens konstruierten Versuchsanlage verbrannten sie eine Woche lang verschiedene Gartenabfälle, die sie von einer Grünschnitt-Sammelstelle entnommen hatten.
"Das Ergebnis hat uns selbst überrascht. Mit so hohen Schadstoff-Konzentrationen hatten selbst wir nicht gerechnet", sagte LAU-Präsident Klaus Rehda gestern der Volksstimme. Schuld an den hohen Gift-Konzentrationen sei der unzureichende Verbrennungsprozess. "Das Feuer hat nicht genug Sauerstoff. Weil das Material oft zu feucht ist, liegt die Verbrennungstemperatur zu niedrig und es wird Wasserdampf freigesetzt. An diesen sowie an die Feinstaub-Teilchen docken sich giftige Schadstoffe an und steigen in die Atmosphäre auf", erläuterte Rehda.
Zur Veranschaulichung verglichen die Experten die Abgase von Gartenfeuern mit denen, die in einer modernen, mit Stroh-Pellets betriebenen kleinen Heizung für Eigenheime entstehen. Die Konzentration des Atemgiftes Kohlenmonoxid war bei den Gartenfeuern 67-mal so hoch wie in der Pellet-Heizung, der Gehalt an Benzo(a)pyren, das auch im Zigarettenqualm vorkommt und als krebserregend gilt, lag im Gartenfeuer-Abgas sogar 330-mal so hoch wie im Abgas der Heizung (siehe Grafik).
Deutlich erhöht sind beim Freilandfeuer ebenso die Konzentrationen an lungenschädlichem Feinstaub sowie an Dioxinen und Furanen, die ebenfalls Krebs auslösen können.
"Zwar werden diese Schadstoffe durch die Umgebungsluft rasch verdünnt, so dass man nicht Angst haben muss, vom Nachbarn vergiftet zu werden", sagte LAU-Chef Rehda. "Doch vor allem wer sich längere Zeit unmittelbar neben einem Gartenfeuer aufhält, setzt sich gesundheitlichen Gefahren aus."
Fast überall bieten die Kommunen inzwischen Möglichkeiten zur Gratis-Entsorgung des Grünzeugs an. Eine Mehrheit von acht Landkreisen und kreisfreien Städten hat die großangelegte Qualmerei im Garten untersagt. Im Landkreis Börde ist sie nur noch teilweise erlaubt.
Dagegen darf in den Landkreisen Stendal und Salzwedel sowie im Harz, dem Burgenland und dem Kreis Wittenberg weiter an bestimmten Tagen Gartenabfall offen verbrannt werden. In einigen Kreisen hat sich die Grünschnitt-Entsorgung so gut eingespielt, dass trotz Erlaubnis kaum noch verbrannt wird.
Empfehlungen will Klaus Rehda den Kommunalpolitikern nicht geben. "Wir forschen und werten aus. Die Schlüsse müssen die Verantwortlichen ziehen."