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Geldfrage Streit ums Magdeburger Herzzentrum

In der CDU herrscht Uneinigkeit über die Finanzierung des Herzzentrums am Magdeburger Uniklinikum.

Von Alexander Walter 30.04.2018, 01:01

Magdeburg l Das neue Herzzentrum des Magdeburger Uniklinikums – es soll zum Leuchtturm für Sachsen-Anhalt werden. Spitzenforschung mit Anziehungskraft auf andere Bundesländer, das ist die Vision. Doch um die Investitionssumme für das Haus ist in der CDU ein Richtungsstreit entbrannt, er zieht sich quer durch die Partei. Auf der einen Seite das Haus von CDU-Finanzminister André Schröder, auf der anderen die CDU-Finanzexperten Florian Philipp und Guido Heuer.

Es geht um die Frage: Wie groß muss das Haus sein, um im Wettbewerb mit anderen Standorten konkurrenzfähig zu sein? Wie viel Geld soll/muss das Land investieren? Grundlagen für die Antwort gibt es längst. Nach Berechnungen des Klinikums vom Sommer 2017 bräuchte es mindestens 7439 Quadratmeter Netto-Nutzungsfläche – Abstell- und Technikräume nicht eingerechnet. Zu viel, befand im Herbst der zuständige Steuerungskreis, in dem neben Klinikum und Wissenschaftsministerium auch das Finanzministerium sitzt.

Tage später erhielt die Uniklinik einen Brief vom Finanzministerium (er liegt der Volksstimme vor): Die benötigten Räume seien auf höchstens 6751 Quadratmetern Netto-Nutzfläche unterzubringen, heißt es darin. „Das Erfordernis einer Flächen- und Kostenreduzierung möchte ich an dieser Stelle nochmals hervorheben“, schreibt der verantwortliche Mitarbeiter. Die Folge: Die Uni musste ein externes Gutachten zur Prüfung von Einsparpotenzialen in Auftrag geben. Die CDU-Finanzexperten Guido Heuer und Florian Phillipp halten das für absurd. Grundlage für den Neubau sollten fachliche Erwägungen sein – nicht politischer Sparwille, betont Heuer. Wird das Herzzentrum zu einer Klein-Variante gestutzt, fürchtet er um die Wettbewerbsfähigkeit. Das Zentrum könne die erhoffte Strahlkraft verlieren, sagt Heuer.

„Erfahrungen zeigen zudem, dass neue Herzzentren überall zwischen 110 und 160 Millionen Euro kosten“, ergänzt Florian Philipp. In Bonn etwa werde aktuell ein Zentrum für 120 Millionen Euro gebaut, in Wuppertal eines für 110 Millionen. Den Ur-Fehler im Projekt sehen beide an ganz anderer Stelle. Er sorgte auch für die von der Öffentlichkeit wahrgenommene Kostenexplosion: Als das Land 2012 mit den Planungen für das Herzzentrum begann, seien sowohl Uniklinik als auch der beteiligte Landesbetrieb von völlig falschen Annahmen ausgegangen: Für die benötigten Zusatzflächen (etwa Abstell- und Technikräume) legten sie den Bedarf für ein Verwaltungsgebäude zugrunde – nicht den für ein Spezialklinikum.

Die Abweichungen zwischen den Gebäudetypen sind enorm. Das zeigen Zahlen aus verschiedenen Planungsphasen: Bei einer Nettonutzfläche von 5884 Quadratmeter unterstellten die Planer 2012 zunächst einen zusätzlichen Flächenbedarf (also plus Abstell- und Technikräume), der nur um den Faktor 1,3 höher lag. In diesem ersten, fehlerhaften Modell landeten die Berechnungen bei knapp 7600 Quadratmeter benötigter Gesamtfläche (Bruttogeschossfläche). Die veranschlagten Kosten blieben mit 42 Millionen Euro im Rahmen.

Tatsächlich lag der Faktor für Zusatzflächen von Anfang an aber höher – bei 2,6. Als der Fehler auffiel, schoss die Bruttogeschossfläche in die Höhe, auf mehr als 15.000 Quadratmeter – das Doppelte. Die Kosten explodierten auf mehr als 60 Millionen Euro. Über die Jahre ist der Flächenbedarf wegen weiterer Korrekturen nochmals gestiegen, bislang wurde noch kein einziger Spatenstich getan.

Wochen nach Inauftraggabe liegt jetzt immerhin das Gutachten zu Einsparpotenzialen vor: Ganze 200 Quadratmeter der Variante vom Sommer 2017 halten die externen Experten für verzichtbar. Die Verzögerungen beim Baustart haben aber die dadurch möglichen Einsparungen längst aufgefressen, so Philipp und Heuer. Grund: Die Baukosten für Klinikbauten steigen um 2 bis 3 Prozent – pro Quartal. Geht die Planung so weiter, könnte am Ende schlimmstenfalls ein zu kleines Herzzentrum stehen, das doch teurer wird als die größere Variante, sagt Heuer.

Im Finanzausschuss am 2. Mai wollen beide Politiker daher auf einen schnellen Baubeginn auf Grundlage des externen Gutachtens drängen, Kostenpunkt: gut 90 Millionen Euro. Die übrigen Fraktionen der Kenia-Koalition glauben sie an ihrer Seite. „Es gibt eine breite Unterstützung“, sagt Philipp.

Ob auch Minister André Schröder mitgeht, ist offen. Die Ergebnisse des Gutachtens kennt seine Behörde erst seit wenigen Tagen. Man werde die Finanzen in jedem Fall mit dem medizinisch Notwendigen in Einklang bringen, teilte Schröder auf Anfrage mit. Bekäme das Herzzentrum tatsächlich mehr Geld als vom Ministerium gewünscht, müssten andere Hochschulbauten abspecken.