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Seit 2010 keine Erhöhung der Zuwendungen an Träger / Zunehmende Zahl von Kündigungen Geldmangel in Behinderten-Werkstätten

Von Klaus-Peter Voigt 30.07.2012, 03:22

Halle (dapd) l Die Werkstätten für Behinderte Menschen (WfBM) in Sachsen-Anhalt befürchten für die kommenden Jahre einen Fachkräftemangel bei Betreuern. Die Zuwendungen für die Träger der Einrichtungen seien seit 2010 nicht mehr erhöht worden, kritisierte der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der WfBM, Ernst-Christoph Römer. Stattdessen gebe es bei den Verhandlungen eine Verzögerungstaktik seitens des Landes.

Eine Reihe von Trägern musste laut Römer bereits außertarifliche Vereinbarungen mit den Mitarbeitern abschließen. Zudem müssten sie teilweise ihre Rücklagen, die unter anderem für Investitionen gebildet wurden, angreifen, um die Zahlung der Gehälter überhaupt abzusichern. Römer rechnet damit, dass immer mehr gut ausgebildete Fachkräfte "ihren Hut nehmen".

Ein Beispiel aus der Altmark: Die Lebenshilfe-Werkstatt Altmark West in Gardelegen berichtet von einer zunehmenden Zahl von Kündigungen durch Mitarbeiter. Diese fänden durch ihre gute Qualifikation fast problemlos einen neuen Job, erklärte Geschäftsführer Hans-Peter Haase. Die Einrichtung habe bereits vor zehn Jahren eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Damit würden Löhne gezahlt, die etwa 15 Prozent unter vergleichbaren Löhnen im öffentlichen Bereich lägen.

"Wenn uns jemand nur deshalb verlässt, muss das endlich ein Alarmzeichen für das Land sein", sagte Haase. Die Situation werde sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen, wenn beschäftigte Betreuer das Rentenalter erreichten oder in Vorruhestand gehen.

Die Wolfener Werkstätten werden vom Diakonieverein Bitterfeld-Wolfen-Gräfenhainichen betrieben. Vorstand Lucie Zschiegner kritisierte die mangelhafte Refinanzierung der Arbeit. Fast zwei Jahre dauernde Verhandlungen ließen sie am Willen zur Lösung des Problems zweifeln. Zwar zahle die Diakonie Tariflöhne, doch die Belastungsgrenze rücke näher. "Wir wollen nicht als Bittsteller auftreten", sagte Zschiegner. Die Blockadehaltung des Landes müsse aufhören.

In Sachsen-Anhalt gibt es 33 Werkstätten für Behinderte. Sie verfügen über 11000 Plätze und beschäftigen rund 1500 Angestellte. Zu den Angeboten gehören Landschaftspflege, Wäscherei, Korbflechterei, Montage, Buchbinderei und Metallbearbeitung. Fast 1500 erwachsene Menschen sind in einem Berufsbildungsbereich tätig. 500 Menschen sind so schwer behindert, dass sie eine besonders umfangreiche Förderung erhalten.