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Gerichtsprozess Beamter mit Tattoo - geht das?

Tätowierung im öffentlichen Dienst ja oder nein? Eine Gretchenfrage, mit der sich auch immer öfter Verwaltungsgerichte beschäftigen müssen.

Von Bernd Kaufholz 08.01.2020, 00:01

Magdeburg l Der junge Mann wollte Polizeikommissar werden und bewarb sich deshalb für den sogenannten Vorbereitungsdienst des Polizeivollzugsdienstes 2. Dass das Tattoo einer vermummten Gestalt mit dem Logo des 1. FC Magdeburg auf der Wade ein Ablehnungsgrund sein könnte, daran hatte er im Traum nicht gedacht. Doch die Fachhochschule Polizei in Aschersleben sah das anders.

Der abgelehnte Bewerber zog vors Verwaltungsgericht Magdeburg und dort wurde die Ausbildungsstelle verpflichtet, über die Einstellung neu zu entscheiden. Die Ablehnung sei rechtswidrig gewesen, da sich die Fachhochschule allein auf das äußere Erscheinungsbild des Bewerbers gestützt habe.

Dirk Etzien, Kanzler in Aschersleben, sieht mehr als ein Jahr nach dem Urteil „im Körperschmuck keinen grundsätzlichen Ablehnungsgrund“ mehr. Tattoos seien inzwischen weit verbreitet und das akzeptiere die Fachhochschule Polizei auch.“

Allerdings gebe es eine klare Einschränkung: „Gewaltverherrlichende und extremistische Tätowierungen – ganz gleich ob rechts oder links – gehen gar nicht.“ Dasselbe treffe für Tattoos zu, die bis ins Gesicht reichen.

Doch mit Letzterem hat Michael Moeskes, promovierter Verwaltungsrechtler, Spezialität Beamtenrecht, so seine Probleme. „Käme ein Bewerber, ganz gleich ob Polizei oder Justizwachtmeister, zu mir, weil man ihn wegen eines Gesichts-Tattoos abgelehnt hätte, würde ich ihm raten zu klagen, wenn alle anderen Kriterien bei ihm stimmen.“ Die Erfolgsaussichten seien gegeben.

Eine Tätowierung habe nichts mit der geforderten „Befähigung“ und „Eignung“ für den öffentlichen Dienst zu tun, sagt der Magdeburger Rechtsanwalt. Und genau das habe das Bundesverwaltungsgericht im November 2017 noch einmal dick unterstrichen.

„Es sei nicht zulässig, dass ein Bewerber sein Tattoo entfernt, um die Bewerbungshürde zu nehmen. Das wäre ein Eingriff in die körperliche Unversehrtheit und somit ein Verstoß gegen das Grundgesetz.“

Bisher verfolgte jedes Bundesland eine eigene Strategie und Wertung in Sachen Tattoos. „Auch das haben die Bundesverwaltungsrichter bemängelt und sich dafür ausgesprochen, dass es eine bundeseinheitliche Lösung geben muss. Die bisherigen Erlasse seien nicht ausreichend.

In Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern Hessen und Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise Tätowierungen im Sichtbereich erlaubt. Doch auch da gibt es Einschränkungen. So muss in Hessen das Tattoo zu Beginn des Studiums mit entsprechenden Uniformstücken verdeckt werden. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es grundsätzlich eine Einzelfallprüfung und in Sachsen-Anhalt kann eine Tätowierung im Sichtbereich ein Einstellungshindernis sein.

Für Sachsen-Anhalts Polizeidienst wird seit dem 8. November 2019 „das persönliche Erscheinungsbild der Polizeivollzugsbeamtinnen und -beamten im Dienst“ per Verordnung geregelt. „Tätowierungen zählen zum Körperschmuck und sind oberhalb der Hemdkragenlinie und im Handbereich unzulässig. Tätowierungen an Armen sind durch Uniformteile mit langen Ärmeln, zivilen Kleidungsstücken mit langem Arm oder in anderer geeigneter Weise in hautähnlichem Farbton abzudecken“, heißt es darin.

Bei Neueinstellungen im richterlichen Bereich waren in Sachsen-Anhalt Tätowierungen noch kein Thema. Eine gesetzliche Regelung für die Justiz gibt es im Land nicht. Tattoos sind für den Justizdienst auch nicht grundsätzlich verboten. Sowohl im mittleren als auch im einfachen Dienst gibt es Beamte mit Tätowierungen.

Für den Justizvollzugsdienst gilt die Regelung: Eine Tätowierung ist grundsätzlich kein Einstellungshindernis. Gleichwohl haben Vollzugsbeamte ein angemessenes Erscheinungsbild zu wahren. Tattoos dürfen im Dienst nicht sichtbar sein. Jegliche Tätowierung darf generell nicht gegen die Grundsätze der freiheitlich demokratischen Grundordnung verstoßen sowie keine sexuellen, diskriminierenden, verfassungswidrigen, gewaltverherrlichenden oder ähnliche Motive darstellen.

2019 wurde ein Bewerber für den Vollzugsdienst als ungeeignet abgelehnt, der auf dem Rücken großflächig „A.C.A.B.“ (Alle Polizisten sind Bastarde) tätowiert hatte.