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Gefängnis Gewalt im Burger Knast nimmt zu

Die Gewalt in Sachsen-Anhalts größtem Gefängnis, der JVA Burg, nimmt zu. Gegenmaßnahmen der Justizbehörden zeigen bislang kaum Wirkung.

Von Bernd Kaufholz 25.01.2018, 00:01

Magdeburg l Anwer A. rastete auf dem Zellenflur der Justizvollzugsanstalt Burg-Madel plötzlich aus. Der 36-Jährige traktierte einen Mitgefangenen, biss ihm in den Finger und schlug ihm ins Gesicht. Ausgangspunkt soll gewesen sein, dass das spätere Opfer A. beim Telefonieren gestört und seine Frau als „Schlampe“ beschimpft habe. Der Burger Strafrichter Winfried Leopold verurteilt den „Knast-Beißer“ acht Monate später wegen Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr.

Der geschilderte Fall ist eine von 40 angezeigten Gewalttaten, die sich 2016 in der JVA Burg ereignet haben. Das machen die aktuellen Antworten des Justizministeriums auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Sebastian Striegel (Grüne) deutlich. 2015 waren es 17 Fälle. Insgesamt sind die Körperverletzungsdelikte hinter Gittern leicht zurückgegangen – von 186 auf 166. Allerdings täuscht diese Zahl, da die JVA Dessau geschlossen wurde und somit 2016 aus der Statistik herausfällt.

Die Mehrzahl betrifft Gewaltausbrüche unter den Verurteilten. Körperverletzungen gegenüber Justizvollzugsbeamten kommen zwar nicht so häufig vor, aber in allen Gefängnissen des Landes, mit Ausnahme von Volkstedt, ist die Zahl auch hier angestiegen.

Nach dem „Gesetz des Stärkeren“ gehören Mobbing und „Bullying“ (systematische, wiederholte, über einen längeren Zeitraum hinweg negative Handlungen gegen andere) in den Gefängnissen ebenfalls fast zum Knast-Alltag. Allerdings kann die Landesregierung dazu keine Zahlen vorlegen. „Mobbing ebenso wie Bullying sind keine Straftatbestände, sondern hinter diesem sozialen Phänomenen verbergen sich Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, Bedrohung, Nötigung oder Körperverletzung“, heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage. Um konkrete Zahlen zu erhalten, müsste man „alle infrage kommenden Verfahren“ durchsehen. „Dies kann jedoch mit einem vertretbaren Aufwand nicht geleistet werden.“

Gewaltausbrüche richten sich häufig auch gegen Dinge. So wurde 2016 ein Hallenser (31) wegen Sachbeschädigung vom Burger Schöffengericht zu 19 Monaten Haft verurteilt. Peter Z. hatte in der JVA Burg die Matratze seines Bettes angezündet, und den Boden zerstört, weil er sich „geärgert“ hatte.

Die Justizbehörden versuchen, die Gewalt hinter Gittern einzudämmen – bislang mit überschaubarem Erfolg. Vereinzelt würden gewalttätige Strafgefangene in andere Haftanstalten verlegt. Ausgewählte Vollzugsbeamte, Psychologen und Sozialarbeiter seien zu Antigewalttrainern ausgebildet worden. So solle „ein flächendeckendes Angebot an gewaltvorbeugenden Behandlungsmaßnahmen in den JVA sichergestellt werden“.