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Glücksforscher Schlaf und Gutes tun macht glücklich

An der Magdeburger Uni beschäftigt sich der Professor Jan Delhey mit dem so individuellen Gefühl. Doch was genau forscht er da?

14.01.2019, 09:46

Magdeburg (dpa) l Gerade wenn ein neues Jahr beginnt, nehmen sich viele Menschen was vor. Ein Dauerwunsch: glücklicher werden. Doch wie macht man das? Und warum landen die Sachsen-Anhalter eigentlich im jährlich erscheinenden "Glücksatlas" immer ganz hinten? An der Magdeburger Uni arbeitet ein Soziologie-Professor, der es wissen muss. Im dpa-Interview verrät Glücksforscher Jan Delhey, was zufrieden macht – und ob die Sachsen-Anhalter wirklich chronisch unzufrieden sind.

Es heißt, Glück ist für Jeden etwas anderes. Was genau erforscht dann eigentlich ein Glücksforscher?
Im Grund geht es um das subjektive Wohlbefinden der Menschen: Wie sehen sie sich selbst und ihr eigenes Leben? Dafür gibt es zwei Konzepte: Glück ist der emotionale Zustand. Dann gibt es noch die Lebenszufriedenheit, das ist eher die rationale Bewertung in einer langfristigen Perspektive. Die Forschung zeigt, dass Glück und Lebenszufriedenheit auf drei Säulen fußen. Ich nenne das gerne das Haben, das Lieben und das Sein. Also, die materiellen Bedingungen, unsere sozialen Beziehungen und wie wir unser Leben führen.

Gerade zum Jahreswechsel nehmen sich viele Menschen viel vor und wollen glücklicher werden. Haben Sie einen Geheimtipp?
Ein Geheimtipp besteht vielleicht darin, sich nicht zu viel vorzunehmen. Und zu gucken, was sich in den drei Säulen konkret verändern lässt. Den größten Spielraum hat jeder Einzelne bei den Punkten Lieben und Sein. Haben wir genügend Sozialkontakte, sind wir in Vereinen? Und was fangen wir mit unserem Leben an: Sind wir aktiv, leben wir gesund? Da können wir am meisten bewegen. Bei den materiellen Bedingungen ist es schwieriger. Wir können zwar zum Chef gehen und sagen: Die Glücksforschung zeigt, dass die Lebenszufriedenheit mit dem Einkommen steigt. Deshalb kriegen wir aber noch keine Gehaltserhöhung.

Wer glücklicher werden will, sollte darüber nachdenken, in einen Verein einzutreten oder mal wieder alte Freunde anzurufen?
Zum Beispiel: Für viele hilft auch schon mehr Schlaf. Auch mehr Sport oder Bewegung im Alltag ist gut. Für andere etwas tun, ist auch eine Möglichkeit, hat die Glücksforschung gezeigt. Wenn man Zeit oder auch Geld für andere aufwendet, hat man selbst ein gutes Gefühl.

Schenken macht also glücklicher als beschenkt zu werden?
Vermutlich ja. Das gilt zumindest dann, wenn man sieht, dass andere sich freuen. Die Glücksforschung zeigt ganz stark, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Während die Ökonomie den Mensch lange als materialistischen Nutzenmaximierer präsentiert hat, zeigt die Glücksforschung, wie wichtig der soziale Faktor ist. Witzigerweise kommen auch die Ökonomen immer mehr auf diesen Trichter und beschäftigen sich mit "relationalen Gütern" – dem Sozialkapital.

Eine Studie namens Glücksatlas sieht Sachsen-Anhalt regelmäßig als eher unglückliche Region, in Schleswig-Holstein leben die zufriedensten Deutschen. Woher kommen diese Unterschiede?
Nach meiner Einschätzung zeigt dieser Atlas vor allem, dass die Unterschiede bei der Zufriedenheit relativ gering sind. Wenn ein Durchschnittswert gebildet und eine Tabelle erstellt wird, ist immer einer auf eins und einer ganz hinten. Das hört sich dann dramatisch an. Auf den zweiten Blick sind die Unterschiede dann gar nicht so groß. Was man allerdings sieht, ist eine West-Ost-Distanz. Die gibt es nach wie vor. In Ostdeutschland sind die Menschen etwas weniger zufrieden.

Woran liegt das?
Erklären lässt sich das vor allem mit den materiellen und sozialen Lebensumständen. Die ostdeutschen Bundesländer hängen nach wie vor wirtschaftlich zurück. Es gibt ein geringeres Einkommen, eine etwas höhere Arbeitslosigkeit, auch der soziale Zusammenhalt ist etwas schwächer. Interessant ist aber auch die Entwicklung seit der Wende. Der Unterschied bei der Zufriedenheit zwischen Ost und West war noch nie so gering wie jetzt.

Also sind die Sachsen-Anhalter gar nicht unglücklich?
Also, sie sind nicht so zufrieden wie die Badener oder die Schleswig-Holsteiner. Aber das hängt mit den Lebensumständen zusammen. Sachsen-Anhalt hat einen hohen Anteil an älterer Bevölkerung, der Gesundheitszustand ist etwas schlechter als im Norden oder im Süden. Es lässt sich mit solchen Faktoren erklären und ist nicht etwa ein Mentalitätsunterschied. Es wäre falsch zu denken, dass die Sachsen-Anhalter alle miesepetrig wären oder prinzipiell etwas falsch machen im Leben.

Das Gerücht, die Unzufriedenheit sei besonders ausgeprägt, hält sich aber munter. Selbst Ministerpräsident Reiner Haseloff sagte schon mehrfach, dass man den Sachsen-Anhalter nie ganz zufrieden stellen könnte. Da ist er aus Forschungssicht eher auf dem Holzweg?
Es ist schwierig, das pauschal zu beantworten. Was wir in der Zufriedenheitsforschung sehen, ist, dass die Menschen einen großen Unterschied machen zwischen ihren persönlichen Lebensbereichen und den öffentlichen. Es ist grundsätzlich so, dass sie ihre privaten Umstände immer positiver einschätzen, auch weil sie sich von jedem Einzelnen besser beeinflussen und kontrollieren lassen. Und wir beobachten, dass die Menschen mit Blick auf den öffentlichen Bereich, und damit auch die Politik, kritischer werden und wachsende Ansprüche haben. Das könnte der Ministerpräsident gemeint haben.