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Landtagswahl Haseloff: So kann es nicht weitergehen

In eineinhalb Stunden beantwortete Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) 25 Fragen der Volksstimme-Leser. Ein Überblick.

23.02.2016, 23:01

Klaus Trudewig, Schermcke: Herr Haseloff, will uns die Bundesregierung eigentlich für dumm verkaufen? Die Griechenlandkrise, die Ukrainekrise, nun die Flüchtlingskrise – das kostet Deutschland eine Menge Geld. Wie soll das finanziert werden?

Reiner Haseloff: Diese Ausgaben schlagen zu Buche, das stimmt. Im Moment ist es so, dass der Bund über einen relativ hohen Überschuss bei den Steuereinnahmen verfügt. In diesem Jahr können wir die Kosten, die die Flüchtlingskrise mit sich bringt, stemmen. Damit wir das auch in den nächsten Jahren schaffen können, ist es wichtig, dass die Flüchtlingszahlen nun deutlich zurückgehen. Hier ist die Bundesregierung gefordert, Lösungen zu präsentieren. Die Menschen in Deutschland sollen nicht auf Dinge verzichten müssen, die sie über Jahre hart erarbeitet haben.

Siegfried Kolberg, Magdeburg: Warum schweigen Sie im CDU-Bundesvorstand und liebdienern öffentlich vor Frau Merkel, obwohl Sie im Wahlkampf in Sachsen-Anhalt so auftreten, als seien Sie gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin?

Die Sitzungen des Bundesvorstands sind nicht öffentlich. Wenn sie es wären, würden sie sehen können, dass ich dort genauso stringent argumentiere, wie ich es in der Öffentlichkeit tue. Meinungsbildung findet im politischen Streit statt – und meine Meinung äußere ich auch konsequent gegenüber Frau Merkel.

Brigitte Riek aus Bittkau: Ich kann keine Nacht mehr schlafen, überall sind Ausländer. Wir sind Deutsche und wollen auch Deutsche bleiben. Was wollen die hier? Warum dreht sich alles nur noch um Asylanten?

Wir versuchen, die Situation vernünftig und ruhig zu lösen. Allen ist klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Ich kämpfe für die Interessen Sachsen-Anhalts. Es ist nicht so, dass sich alles nur noch um Flüchtlinge und Asylbewerber dreht.

Andreas Lange aus Blankenburg: Früher im Krieg konnte man Kriegsanleihen kaufen. Wäre es nicht eine Möglichkeit, die Kosten der Flüchtlingskrise mit einer Flüchtlingsanleihe zu finanzieren? Das Geld könnte den Menschen später hochverzinst zurückgezahlt werden.

Natürlich können wir die Kosten nicht über Jahre aus der Portokasse bezahlen. Deswegen muss der Zuzug begrenzt werden. Wir werden aber auch in Zukunft nicht umhin kommen, mit viel Fantasie nach Lösungen zu suchen, wie wir die Belastungen schultern werden.

Hans-Georg Thiele, Wellendorf: Warum wählen so viele Menschen die AfD?

Das kann ich Ihnen auch nicht beantworten. Ich kann nur sagen: Wir arbeiten hier in Sachsen-Anhalt in der Regierung jeden Tag sehr hart daran, die aktuellen Probleme zu lösen. Gerade in der Flüchtlingskrise haben wir das gut hinbekommen. Schauen Sie mal nach Berlin oder Baden-Württemberg, da stehen wir in Sachsen-Anhalt viel besser da. Glauben Sie wirklich, dass ein Herr Poggenburg mit seinen Parolen die bessere Alternative wäre? Ich nicht. Deswegen wollen wir als CDU und SPD unsere gute Arbeit fortsetzen.

 

Hubert Sonnemann aus Havelberg, Siegfried Denecke aus Oschersleben, Reinhold Seidel aus Burg, Günter Bär aus Halberstadt: Wann werden endlich die Renten in Ost und West angeglichen? Wir verstehen nicht, warum das so lange dauert. Am Geld kann es nicht liegen, die Rentenkassen sind voll.

Als ostdeutsche Länder haben wir dafür gesorgt, dass dieses Thema in den Koalitionsvertrag der schwarz-roten Bundesregierung gekommen ist. Bis zum Jahr 2019 ist das politisch zugesagt. In diesem Jahr wird eine Zwischenbilanz gezogen, dann sollen die nächsten Schritte eingeleitet werden. Wir brauchen ein ganz neues Berechnungssystem, das ist kompliziert und muss noch erarbeitet werden. Im Bundesrat in Berlin erhebe ich regelmäßig meine Stimme zu diesem Thema. Ich sage ganz klar: Die Angleichung muss wie geplant erfolgen! Das Geld ist da, wir müssen es nun auch für diejenigen einsetzen, die es am dringlichsten verdient haben.

Margot Schmale, Sommersdorf: Ich bin 76 Jahre alt, in unserem kleinen Ort gibt es keinen Arzt mehr, kein Geschäft, und die Verkehrsanbindung ist auch schlecht. Wenn ich einkaufen will, bin ich mehr als drei Stunden unterwegs. Kann man da nicht etwas ändern?

Dieses Problem gibt es in vielen kleinen Orten in Sachsen-Anhalt. Dabei gibt es kreative Lösungen. In den umliegenden Orten Wittenbergs läuft das zum Beispiel so, dass ein kleiner Bus über die Dörfer fährt und die Menschen dort alle Waren des täglichen Bedarfs kaufen können. Das ist dann gleich ein Treffpunkt für die Einwohner, bei dem man ein bisschen erzählen kann. Ich werde mal mit Ihrem Bürgermeister und Ihrem Landrat sprechen. Vielleicht lässt sich da was machen. Daseinsvorsorsorge ist uns wichtig.

Waltraud Pustal aus Bombeck: Bei uns gibt es immer noch kein Internet. Deswegen musste ich meinen Lohnsteuerhilfeverein aufgeben, ohne Internet geht nichts mehr. Was kann ich tun?

Ihr Landrat Michael Ziche hat einen Breitband-Zweckverband gegründet, der sich gerade genau um diese Fragen kümmert. Ich werde ihn mal anrufen und fragen, wie der aktuelle Stand ist und mich danach bei Ihnen melden. Fakt ist: Als Landesregierung wollen wir, dass bis 2018 das ganze Land voll erschlossen ist.

Alida Tilanowitsch, Salzwedel: Ich bin Schülerin möchte bald auf Lehramt studieren. Bei uns an der Schule fehlen derzeit Lehrer, in Chemie und Biologie ist es ganz schlimm. Wäre es nicht eine Möglichkeit, ein duales Studium einzuführen und dieses auf sieben Jahre auszudehnen? Dann könnte man drei Tage die Woche an einer Schule sein und unterrichten und zwei Tage studieren.

Das ist ein innovativer Vorschlag. Ich bin aber nicht sicher, ob sich dieses Modell in der Konferenz der Kultusminister durchsetzen ließe. Ich freue mich, dass Sie Lehrerin werden wollen. Bleiben Sie im Land, in Sachsen-Anhalt kann man gut studieren!

Stefan Lubkowitz aus Güsen: Wird es mit einer neuen CDU/SPD-Landesregierung eine Umkehr in der Bildungspolitik geben? Das Gymnasium ist zusehends zur Gemeinschaftsschule mutiert, die Sekundarschulen mutieren zu Förderschulen. Warum ist die CDU da so passiv?

Bildung ist eines unserer Kernthemen. Wir stützen das dreigliedrige Schulsystem – anders als die Linke, die das Gymnasium abschaffen will. Wir wollen das Bewährte erhalten und keine Experimente durchführen. Um die Erfolgsquote am Gymnasium zu erhöhen, werden wir die verbindliche Schullaufbahnempfehlung wieder einführen. Die Eltern dürfen auch weiterhin entscheiden, auf welche Schule ihr Kind geht. Aber sie werden eine bessere Einschätzung erhalten.

Martina Kerst, Bärbel Conrad und Helga Stimming aus Wust-Fischbeck: Die Wuster Grundschule als Außenstelle von Schönhausen soll geschlossen werden. Wir haben Angst, dass auch die Sommerschule, die eng mit der Grundschule verbunden und ein kultureller Höhepunkt für die Region ist, nicht mehr stattfinden kann. Können Sie uns helfen?

Ich werde mir das Thema auf den Tisch ziehen und mir einen Einblick verschaffen. Fakt ist: Wir als CDU stellen keine Schulstandorte mehr infrage. In ländlichen Regionen setzen wir auf Schulverbünde, um Standorte zu erhalten. Zur Sommerschule kann ich nur sagen: Schreiben Sie mich an, dann komme ich in diesem Jahr zur Eröffnung und werde sehen, was sich da machen lässt.

Enrico Lehnemann, Beetzendorf: Windkraftanlagen erreichen inzwischen Höhen bis zu 230 Meter. Wird sich die CDU in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen, dass es eine menschenwürdige Abstandsbebauung zu Wohngebieten gibt?

Wir wollen die Windparkflächen in Sachsen-Anhalt nicht erweitern. Mit unserem Bestand an Windkraft in Sachsen-Anhalt sind wir bundesweit so weit vorn, dass das ausreicht. Windräder sollen auf keinen Fall näher an Wohngebiete ran, auch Windkraft im Wald fällt mit uns aus.

Heike Rutard, Magdeburg: Das Land vergibt große Teile des regionalen Zugverkehrs ab 2018 an Abellio, der HEX verliert fast alle Strecken. Welchen Nutzen hat der Bürger davon, wenn eine gut funktionierende Verbindung verdrängt wird?

Das wird nach europäischen Richtlinien ausgeschrieben, dann bekommt einer den Zuschlag. Das System funktioniert weiter, es gibt ja einen Nachfolger. Ich stehe regelmäßig in Kontakt mit den Verantwortlichen der Bahn. Sachsen-Anhalt wird auch in Zukunft über ein funktionierendes Streckennetz verfügen.

Peter Hanke aus Zerbst: Ich wurde von meinem Abwasserzweckverband zur Kasse gebeten und soll für den Ausbau des Kanalnetzes zahlen. Meine Nachbarin ebenfalls, sie hat jedoch Widerspruch eingelegt und musste eine Strafe von 25 Euro zahlen. Da dachte ich, das mache ich nicht, es bringt ja eh nichts und habe keinen Widerspruch eingelegt. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts bin ich jetzt der Dumme: Meine Nachbarin kann darauf hoffen, vielleicht nicht zahlen zu müssen. Aber mein Geld ist weg. Das kann doch nicht sein, oder?

Gehen Sie davon aus, dass Sie nicht benachteiligt werden! Die Landesverwaltung prüft das Urteil gerade noch einmal auf Relevanz für Sachsen-Anhalt. Wenn es auf das Land übertragbar sein sollte, werden wir im Landtag eine faire Lösung für alle finden.

Gerhard Schulz, Hohengrieben: Die CDU hat das Modell der Verbandsgemeinde mit auf den Weg gebracht. Das funktioniert bei uns nicht gut, unser Ort wird unterdrückt, eine Interessenvertretung findet nicht statt. Was kann ich tun?

Da wo Menschen zusammenleben, ist immer ein gutes Miteinander gefordert. Was in Ihrem konkreten Fall schiefläuft, ist aus der Ferne schwer zu beurteilen. Ich leite das an das Innenministerium weiter. Die sollen sich das mal ansehen.

Michael Baum, Magdeburg: Ich bin Landesbediensteter. Mich interessiert, ob die CDU das Landesverwaltungsamt erhalten wird?

Das stellen wir nicht infrage. Das Landesverwaltungsamt ist eine wichtige Arbeitsebene, es hat dem Land gute Dienste getan. Das wollen wir auf jeden Fall erhalten.