Verdächtiger aus Salzwedel ist ermittelt Heftiger Streit um Überwachung per Videokamera
Nach den Nazischmierereien in Salzwedel (Altmark) ist die Polizei einem
Tatverdächtigen auf der Spur. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU)
will jetzt die Videoüberwachung im Land ausweiten. Darüber ist ein
heftiger politischer Streit entbrannt.
Salzwedel/Magdeburg l Die Polizei hat nach den Nazischmierereien in Salzwedel einen Tatverdächtigen ermittelt. Am Sonnabendnachmittag sei die Wohnung eines 21-Jährigen aus Salzwedel durchsucht worden, teilte die Polizeidirektion Nord am Sonntag mit.
Der Mann war nicht zu Hause. Nach eigenen Angaben kennt die Polizei seinen derzeitigen Aufenthaltsort. Ein Haftbefehl wurde nicht erlassen. Der Mann ist polizeilich bekannt. Die Polizei wollte nicht sagen, ob er aus dem rechten Milieu stammt. Es wird vermutet, dass es weitere Tatbeteiligte gibt.
Am 3. Oktober waren an 42 Stellen in Salzwedel mehr als 130 rechtsextreme Parolen und Symbole gesprüht worden.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) will als Reaktion auf die Vorfälle die Videoüberwachung im Land ausweiten. "An neuralgischen Punkten in ganz Sachsen-Anhalt soll dies erfolgen", sagte er am Sonntag der Volksstimme. Er sprach von "etwa zwei Dutzend" Orten. Im ersten Schritt gehe es darum, Erinnerungsstätten an den Holocaust per Video überwachen zu lassen. In Sachsen-Anhalt gibt es zehn Gedenkstätten.
Am heutigen Montag will Stahlknecht mit der Führungsspitze der Polizei zusammentreffen. Dabei wird erörtert, wo genau Videokameras aufgestellt werden sollen - so auch an Kriminalitätsschwerpunkten.
Von der Opposition kam scharfe Kritik. Die Äußerungen von Stahlknecht zeugten "entweder von vollständiger Ahnungslosigkeit oder einem Höchstmaß an Zynismus", sagte Grünen-Innenpolitiker Sebastian Striegel. Stahlknecht missbrauche die Propaganda der Rechtsextremisten für seine eigenen politischen Ziele: "Der Minister befindet sich offenbar auf Geisterfahrt in den Überwachungsstaat."
Henriette Quade (Linke) nannte Stahlknechts Pläne "schlichtweg absurd". Sie bezweifele, dass man mit einer Videoüberwachung Vorfälle wie in Salzwedel verhindern könne, sagte sie der Volksstimme. Es stelle sich die Frage der Verhältnismäßigkeit: "Es wird in Kauf genommen, dass Bürgerrechte massiv beschnitten werden."
Auch beim Koalitionspartner SPD regt sich Widerstand. Innenpolitiker Rüdiger Erben sagte, Stahlknecht habe "aus der Hüfte geschossen". Er halte verstärkte Videoüberwachung für "völlig ungeeignet", um dem Phänomen des Rechtsextremismus zu begegnen.
CDU-Innenpolitiker Jens Kolze sagte hingegen: "Wir sind der Ansicht, dass die Ausweitung der Videoüberwachung an bestimmten o¨ffentlichen Orten ein effizientes Mittel der Gefahrenabwehr wie auch der Strafverfolgung sein kann."