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19-Jähriger muss vor Gericht Hunderte verschollene Wahlbenachrichtigungen zur Landtagswahl entdeckt

In Gerbstedt wurden im Frühjahr viele Wahlbenachrichtigungskarten nicht zugestellt. Nun wurden die Karten gefunden - und zwar in Eisleben.

Von Felix Fahnert Aktualisiert: 15.12.2021, 10:21
Die Landtagswahl fand in Sachsen-Anhalt am 6. Juni 2021 statt.
Die Landtagswahl fand in Sachsen-Anhalt am 6. Juni 2021 statt. (Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa)

Gerbstedt/Eisleben/MZ - Das Rätsel um viele nicht zugestellte Wahlbenachrichtigungskarten in der Einheitsgemeinde Gerbstedt bei der Landtagswahl in diesem Jahr ist offenbar aufgeklärt: In Eisleben sind insgesamt 449 Benachrichtigungen, die an Einwohnerinnen und Einwohner in Gerbstedt adressiert waren, in einem Abrissgebäude aufgefunden worden.

19-Jähriger muss vor Gericht

Nach Angaben der Polizei wurden die Karten in einer ehemaligen Fabrikhalle in der Querfurter Straße in Eisleben entdeckt - und das rein zufällig: Ein Hobbyfotograf wollte die Kulisse vor Ort eigentlich für schöne Bilder nutzen, fand dann aber diverse Postzustellungen, unter anderem die vermissten Wahlbenachrichtigungen. In der Einheitsgemeinde hatte bis zuletzt Rätselraten darüber geherrscht, warum viele Bürgerinnen und Bürger für die Wahl im Juni keine Benachrichtigungskarten erhalten hatten. „Seitens der Verwaltung konnte dieses nicht nachvollzogen werden“, erklärte Bürgermeister Ulf Döring (CDU).

Nachdem der Hobbyfotograf seinen Fund meldete, ermittelten in dem Fall bereits Polizei und zuletzt auch die Staatsanwaltschaft Halle. Beschuldigt wird demnach ein 19-Jähriger, der als Briefzusteller seinen Aufgaben nicht nachgekommen sein soll. „Dem Heranwachsenden wird eine Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses zur Last gelegt“, sagte Staatsanwalt Dennis Cernota auf MZ-Nachfrage. Ende November habe man Anklage gegen den jungen Mann aus der Region erhoben. „Er war im Ermittlungsverfahren vollumfänglich geständig“, so Cernota. Der Prozess wird am Amtsgericht in Eisleben über die Bühne gehen.

Kein Einfluss auf die zurückliegende Wahl

Laut Strafgesetzbuch wird die Verletzung des Post- und Fernmeldegeheimnisses „mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“. Wie hoch die Strafe am Ende ausfällt, hänge aber davon ab, ob der 19-Jährige nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt wird. „Es kommt auf das Entwicklungsstadium des Angeklagten an“, sagte Cernota. Die Entscheidung hierzu falle vor Gericht, eine Prognose sei schwierig.

Kreiswahlleiter Matthias Grünewald erklärte derweil auf MZ-Nachfrage, dass ein Vorfall wie der in der Einheitsgemeinde Gerbstedt keinen Einfluss auf die zurückliegende Landtagswahl hat. Das Fehlen von Wahlbenachrichtigungskarten sei „keine wesentliche Voraussetzung für einen Einspruch“, so Grünewald. Gewählt werden könne auch ohne diese Karte, die Wahlen würden unabhängig der Benachrichtigungen öffentlich bekannt gemacht. „Keiner ist gehindert, an der Wahl teilzunehmen.“ Entscheidend sei vielmehr die Aufnahme in das Wählerverzeichnis. Auch die Briefwahlunterlagen könnten ohne die Karten beantragt werden, etwa über das Internet.

Sorgsame Auswahl des Zustelldienstes

Dennoch räumte Grünewald ein, dass Fälle wie nun in der Einheitsgemeinde Gerbstedt für die Bürger ärgerlich seien. „Wir tun alles dafür, dass so etwas nicht so zahlreich stattfindet.“ Man wähle die Briefdienste sorgsam aus, habe aber schlussendlichen keinen direkten Einfluss darauf, ob die Benachrichtigungen wirklich in den Briefkästen ankommen. „Wir müssen uns auf die Zustelldienste verlassen“, sagte Grünewald.