1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Im Dienste der Völker-Freundschaft

Imkerei Im Dienste der Völker-Freundschaft

Stefan Köppe von "Börde Biene" in Samswegen ist Imker. Seit fünf Jahren betreibt er die Honigproduktion professionell.

Von Bernd Kaufholz 06.07.2018, 01:01

Wolmirstedt l „Na klar, werde ich auch gestochen“, schmunzelt Stefan Köppe. „Nur, weil ich die Imkerei beruflich betreibe, werden doch die Bienen plötzlich nicht zahmer.“

Der 45-Jährige ist einer von knapp 2000 Bienenfreunden, die im Landesverband Sachsen-Anhalt des Deutschen Imkerbunds organisiert sind. Knapp 15.000 Völker schwirren zwischen Arendsee und Zeitz. Einschließlich der Bienen von nichtorganisierten und „Balkon-Imkern“. Und bei Letzteren setzt die Kritik Köppes an.

„Man muss sich doch nur mal in den Baumärkten und bei Tierhändlern umschauen. Da wird in letzter Zeit immer mehr Bienenfutter angeboten. Es liegt im Trend, im Garten oder auf dem Balkon ein, zwei Völker zu halten.“ Die Enttäuschung ließe dann bei den meisten nicht lange auf sich warten. „Falsches Einwintern und verkehrtes Füttern führen häufig dazu, dass Bienen sterben.“

Er sei nicht grundsätzlich dagegen, dass sich Menschen, die glauben, dem Bienensterben etwas entgegensetzen zu müssen oder nur dem Honig eigener Bienen vertrauen, Völker zulegen. „Aber man sollte dann auch den zweiten Schritt gehen und sich einem Verein anschließen.“ Die Mitgliedschaft macht aus einem Bienenhalter zwar noch keinen Imker. Allerdings ist es der richtige Schritt, um mit erfahrenen Hasen Wissen auszutauschen.

Neu-Imker bekämen einen Paten zur Seite und würden fachlich fundiert durchs Bienen-Jahr geführt. „Der Imker-Pass bescheinigt ihnen dann, dass sie in der Lage sind, artengerecht mit Bienen umzugehen.

Stefan Köppe öffnet eine der 30 „Bienen-Wohnungen“ auf einer Streuobstwiese des Nabu am Ortsrand von Wolmirstedt. Aufgeregt umschwirren die Stachel-Träger den Eindringling, als er eine Platte mit dem goldgelben Naturprodukt herauszieht.

Als er neun Jahre alt gewesen sei, habe er begonnen, sich für Bienen zu interessieren. „Nicht ganz freiwillig“, sagt er unter dem Schutznetz. „Vater und Großvater waren Imker und Tischler.“ Er habe damals eine Eisenbahnplatte haben wollen. „Aber so einfach war das nicht. Für diese Tischlerarbeit musste ich Holzrahmen für die Waben bauen.“

Es habe allerdings mehr als 30 Jahre gedauert und einige Umwege, bis er die Imkerei als Broterwerb entdeckt hat. Heute sind der Magdeburger „Domstadt-Honig“, der Haldensleber „Dach-Honig“, „Honig aus dem Ohretal“ und der Zielitzer „k+s-Honig“ gefragt.

Dass immer mehr Hobby-Imker sogenannte Paket-Bienen in Italien und Frankreich bestellen, deren Herkunft oft „verschleiert“ wird, nennt Köppe ein „No go für die deutsche Imkerschaft“. Dadurch stünde schon „der nächste Parasit vor der Tür“ – der Kleine Beutenkäfer aus Afrika.

„Im süditalienischen Kalabrien ist er verbreitet. Geht das so weiter mit den Bienen-Importen, haben wir den Parasiten bald bei uns.“ Und der sei sehr schwer zu bekämpfen. „Der Käfer legt seine Eier ab und die daraus entstehenden Raupen fressen sich durch die Waben. Der Honig stinkt.“ Die einzige Möglichkeit sei in solch einem Fall „alles auszubrennen“. Was gleichbedeutend wäre, dem betreffenden Imker die Existenzgrundlage zu entziehen.

Schon jetzt gebe es genügend Probleme mit dem weltweiten Bienensterben, das in den USA begonnen habe. Zur Zeit der Mandelblüte werden rund drei Millionen Völker zur industriemäßigen Bestäubung nach Florida verfrachtet. Sie überleben nur, weil sie mit Medikamenten vollgepumpt werden.Danach zieht die Karawane weiter. Die Varoa­milbe habe sich von dort ausgebreitet.

Die Milbe sei dabei nur der Wirt, die Viren verbreitet. Die Mikroorganismen schwächen die Biene, so dass sie den nächsten Winter nicht übersteht. „Seit Jahren wird versucht, die Milbe auszurotten. Bisher jedoch vergeblich.“

Wirksamste Bekämpfung sei im Sommer Ameisensäure zu verdunsten und im Winter Oxalsäurelösung zu träufeln. „Von den naturbelassenen Bienen überleben nur rund fünf Prozent.“

Inzwischen versuche man auch Völker mit stärkeren „Putz-Trieben“ zu züchten. Das heißt, Bienen, die sich selbst besser von den schädlichen Gästen auf ihrem Körper befreien können. Und Köppe glaubt fest daran, dass in spätestens 100 Jahren die Insekten selbst in der Lage sind, sich zu wehren. Und „Bienen-Mörder“ Landwirtschaft? Das sieht der Imker sehr differenziert. „Natürlich spielt die Landwirtschaft eine Rolle. Aber es ist nicht so sehr das Glyphosat, das daran schuld ist, dass es Bienen heutzutage schwerer haben. Die bunten Ackerraine verschwinden immer mehr und alles, was wir Menschen als Unkräuter bezeichnen, aber hervorragendes Bienenfutter ist, ebenfalls.“

Er habe mit den Samsweger Ohreland-Bauern nur gute Erfahrungen gemacht. „Da wird in Absprache mit den Imkern abends oder morgens gespritzt, wenn die Bienen nicht fliegen, und es werden auch bienenfreundliche Blühpflanzen als Zwischenfrüchte angebaut.

Etwa 50.000 bis 60.000 Bienen gehören in der Regel zu einem Volk. Bei guten Bedingungen erntet Imker Köppe 60 bis 70 Kilogramm pro Saison. Allerdings liegt die Bruttoproduktion eines Bienen-Volkes noch rund 100 Kilogramm höher. Davon ernähren sich Insekten mit dem gelbschwarzen Hinterteil.

Der Bienen-Spezialist zieht sich Handschuhe und dicke Jacke aus, dann nimmt er seinen Imkerhut mit dem Gesichtsschutz ab. „Meine Spitzenreiter sind der Linden- und der Kornblumen-Honig“, wischt er sich den Schweiß von der Stirn. „Aber auch der etwas flüssigere Robinien-Honig ist sehr gut. Ebenso der mild-cremige Raps-Honig.“