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InsolvenzErste Klinik in Sachsen-Anhalt ist pleite

Mit dem Klinikum Burgenlandkreis hat erstmals ein Krankenhaus in Sachsen-Anhalt Insolvenz angemeldet. Das Haus will sich selbst sanieren.

Von Alexander Walter 19.09.2019, 01:01

Magdeburg l Am Dienstag zog die Geschäftsführung des Burgenlandklinikums mit den Standorten in Naumburg und Zeitz die Reißleine. Beim Amtsgericht Halle meldete die „Burgenlandklinikum gGmbH“, Tochter des Landkreises, Insolvenz an.

Grund: Eine Riesenloch im Haushalt. Nach Schätzungen von Geschäftsführer Lars Frohn könnte sich die Finanzlücke bis Jahresende auf bis zu 11 Millionen Euro erhöhen. Vor allem Personalkosten von fünf Millionen Euro monatlich schlugen demnach zu Buche, hieß es.

Das Klinikum mit rund 700 Betten behält aber auch in der Insolvenz die Unternehmensführung, einen externen Insolvenzverwalter wird es nicht geben, sagte Frohn. Der Betrieb soll wie gewohnt weiter laufen. Löhne und Gehälter der 1400 Mitarbeiter übernimmt in den nächsten drei Monaten die Agentur für Arbeit. Danach will die Klinik möglichst wieder selbst zahlen. Gemeinsam mit externen Beratern will das Haus zudem einen Restrukturierungsplan erarbeiten. Er soll im Oktober vorliegen.

Nach Angaben des Sozialministeriums handelt es sich um die erste Insolvenz eines Krankenhauses in Sachsen-Anhalt. Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD) sagte Hilfe zu. Man werde die Restrukturierung „positiv begleiten und alles tun, um dem Klinikum eine Zukunft zu geben“, sagte sie am Mittwoch.

Mit den beiden Uniklinika gibt es aktuell 48 Krankenhäuser im Land. Laut Krankenhausgesellschaft Sachsen-Anhalt sind die Rahmenbedingungen für die Häuser schwierig wie lange nicht. Bundesweit schrieb nach einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) 2017 fast jedes dritte Haus Verluste.

Grund seien Fehler im Vergütungssystem nach Fallpauschalen (DRG). Bei sinkenden Zahlen bleiben die Kliniken auf Fixkosten vor allem beim Personal sitzen, sagte Geschäftsführer Gösta Heelemann. Steigende Fallzahlen würden mit Abschlägen bestraft.

Hinzu kämen Belastungen durch Dokumentationspflichten und Rechnungskürzungen infolge überzogener Prüfungen durch die Kassen.

In Sachsen-Anhalt litten die Kliniken zudem darunter, „dass das Land seit Jahren seiner gesetzlichen Pflicht zur ausreichenden Bereitstellung von Investitionsmitteln nicht nachkommt“. Die Krankenhausgesellschaft beziffert den Investitionsstau auf 1,5 Milliarden Euro, die Unikliniken nicht inbegriffen.

Grimm-Benne will die Investitionsmittel für die Häuser jetzt aufstocken. Pläne ihrer Behörde vom Juni sahen eine Erhöhung von derzeit 48,8 Millionen jährlich auf 104,5 Millionen Euro im Jahr 2021 vor.

Die Rechnung hat sie aber offenbar ohne das CDU-geführte Finanzministerium gemacht. Dort sorgt der dem Vernehmen nach unabgestimmte Vorstoß für wenig Begeisterung. Statt Haushaltsgeld zu beantragen, hätten die Finanzen lieber, dass Grimm-Benne einen stillen Topf aus Patientenabgaben außerhalb des Landesetats nutzt, den ihr Haus mitverwaltet. Die Abgaben wurden einst erhoben, um die Kliniken nach der Wende zu sanieren. Mindestens 20 Millionen Euro sollen noch übrig sein. Bis zum Vorliegen eines ersten Haushaltsplans Anfang der Woche könnte sich die Höhe Investitionszuschüsse also noch ändern.

Zum Jahresende 2019 will das Land Sachsen-Anhalt einen neuen Krankenhausplan vorlegen. Trotz Kostendruck bekannte sich das Sozialressort gestern zum Erhalt aller 48 Kliniken im Land. Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann forderte derweil eine Qualitätsdebatte: „Es ist wichtig, dass sich Sachsen-Anhalts Krankenhäuser stärker spezialisieren und kooperieren“, sagte er. Nicht jede Klinik müsse alles machen.

Im Fall der Klinik Burgenlandkreis könnten Fachabteilungen sowie Personal im Sinne der Versorgungsqualität an einem Standort – etwa in Naumburg – konzentriert werden. Der zweite Standort könnte in ein Notfallzentrum mit Notfallbetten und stationärer Intensivpflege umgewidmet werden. „Die Umwidmung von Standorten kann helfen, die Versorgungslandschaft im Land besser zu machen“, sagte Wiedemann.