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Handball-Idol SCM Joel Abati war, ist und bleibt Magdeburger

Handball-Idol des SCM Joel Abati zieht es immer wieder nach Magdeburg. Verlängerung seiner Ehrenbotschafter-Tätigkeit angestrebt.

Von Janette Beck 07.11.2012, 01:11

Magdeburg l Joel Abatis Herz schlägt für den Handball, und es schlägt für Magdeburg. Beides ist für den einstigen Publikumsliebling des SCM und ersten Ehrenbotschafters der Landeshauptstadt nach wie vor untrennbar miteinander verbunden. Und so zieht es den 42-Jährigen immer wieder in die "alte Heimat" zurück.
Ich bin wieder hier, in meinem Revier ... Diesen Megahit von Marius Müller-Westernhagen kennt Joel Abati nur zu gut. Und er wird das Lied, welches letztmals bei seiner umjubelten Rückkehr in die Bördelandhalle im Dezember 2009 eingespielt wurde, unweigerlich im Ohr gehabt haben, als er kürzlich den Mietwagen samt Familie vom Flughafen Frankfurt/Main zur viertägigen Stippvisite nach Magdeburg kutschiert hat.
Je näher der einstige Handball-Star des SCM der Stadtgrenze kam, um so stärker habe sein Herz gepocht und das, wie er glaubhaft versichert, "immer noch grün-rote Blut" in seinen Adern in Wallung gebracht. "Immer, wenn ich Magdeburg sehe, dann habe ich das Gefühl nach Hause zu kommen", öffnet der 42-Jährige, der zehn überaus erfolgreiche Jahre seines aktiven Handballer-Lebens in der Landeshauptstadt verbracht hat, im Volksstimme-Gespräch sein Herz. Das sei nicht nur so dahergesagt, sondern es fühle sich wirklich so an "wie ein Nachhausekommen. Und ich weiß, dass es Poulette und meinen Töchtern Paola und Chloe genauso geht. Sie lieben wie ich Magdeburg, denn Magdeburg ist ein Teil unseres Lebens - wir hatten hier eine wunderschöne Zeit."
Um so tragischer ist es für Abati, der bis 2007 das Trikot des SCM trug und im Mai selben Jahres zum ersten offiziellen Ehrenbotschafter der Landeshauptstadt ernannt wurde, dass er nahezu alle Erinnerungen an seine Zeit in Magdeburg nur noch im Herzen trägt. Die materiellen Andenken existieren dagegen nicht mehr. Sie waren ein Opfer des Feuers geworden, das die Abatis im Februar im südfranzösischen Clapiers heimgesucht hatte.
Damals war das Haus bis auf die Grundmauern niedergebrannt. "Ein letztes Gutachten ist noch in Arbeit, das Ergebnis erwarten wir in Kürze. Wenn es dann von den Experten grünes Licht gibt, wollen wir das Haus an gleicher Stelle wieder aufbauen", erzählt Abati, der seine Familie und sich damals nur Dank der aus Magdeburg mitgebrachten Feuermelder rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte.
Dass das "Wiederbeschaffen" der sportlichen Erinnerungsstücke wie die Olympia-, WM-und EM-Medaillen oder eben auch sämtliche Relikte aus der SCM-Ära ungleich schwerer zu händeln ist, bedauert Abati sehr. Alles sei weg. Verbrannt. Unwiederbringlich. Und das mache ihn sehr traurig. "Um so wichtiger sind die Besuche in der alten Heimat. Da kann ich die Erinnerungen auffrischen." Und deswegen möchte er auf diesem Wege auch "die Fans aufrufen, mich bei der Suche nach Andenken an meine Zeit hier zu unterstützen", setzt "Jo" große Hoffnungen darauf, sein neues Zuhause wieder mit grün-roten Reminiszenzen schmücken zu können.
Im Besitz eines für ihn besonders wertvollen Dokumentes ist der Ende 2007 in die "Hall of Fame" des SCM aufgenommene Linkshänder aber bereits wieder. Das verdankt er Post von Magdeburgs Stadtoberhaupt. "Über die Volksstimme hatten wir erfahren, welchen Schicksalsschlag unserem Ehrenbotschafter der Stadt widerfahren war. Also haben wir uns um eine Kopie der Originalurkunde bemüht und Joel Abati diese Urkunde zukommen lassen", verriet Lutz Trümper gestern den Inhalt der wertvollen Fracht, die den Franzosen Mitte September erreicht hatte.
Und der Oberbürgermeister ließ durchblicken, dass Abatis 2009 regulär ausgelaufenes Ehrenamt zu neuen Leben erweckt werden könnte. "Bisher wurde der Titel Ehrenbotschafter für einen Zeitraum von zwei Jahren verliehen. Im Stadtrat wird momentan eine Satzungsänderung diskutiert, die auf eine längere Dauer abzielt." Und es sehe ganz so aus, dass am Donnerstag darüber positiv beschieden werde. "Somit könnte auch Joel Abatis Wirken als Ehrenbotschafter rückwirkend verlängert werden", so Trümper. Denn wenn jemand die Liebe und enge Verbundenheit zu Magdeburg und den Handballsport in dieser Stadt lebe, dann Abati. "Ich habe ihn stets als einen Verfechter für ein weltoffenes, tolerantes, couragiertes Magdeburg erlebt - auch nach dem Ende seiner Karriere."
Dass das Herz des Linkshänders, der mit der französischen Nationalmannschaft alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gab, noch immer für den Sport schlägt, kann das Musterbeispiel für Integration nicht leugnen. Im Gegenteil. Abati sieht es als seine Berufung und eine Herzenssache an, sich zu engagieren. Und das tut er nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn bei Montpellier HB im Jahr 2009 auf höchster, nämlich politischer Ebene als Sportminister der Region.
Und da steht ihm nach der Rückkehr aus Magdeburg in dieser Woche ein schwerer Gang bevor. Er muss offiziell Stellung beziehen zum Wettskandal um seinen Heimatclub Montpellier. "Als ich das erste Mal davon gehört habe, wollte und konnte ich es nicht glauben. Für mich war Kampf und Einsatz als Spieler immer eine Frage der Ehre. Es ist für mich unvorstellbar, gegen seinen eigenen Verein zu wetten."
Die Situation sei schwierig, weil unübersichtlich. Vieles läge noch im Dunkeln. Der Skandal, in den angeblich auch Welthandballer Nikola Karabatic verwickelt sein soll, habe eingeschlagen "wie eine Stinkbombe". Er habe den ganzen Handballsport in Verruf gebracht, der immer moralischer sein wollte als der Fußball. "Wir verteilen als Region ja auch Geld - auch sehr viel an Montpelliers Handballer, die immer gut verdient haben. Aber sie waren auch sportlich immer vorn dabei, ein Vorbild für die Kinder."
Gute Zeiten, schlechte Zeiten - die hat Abati auch mit dem SC Magdeburg durchgemacht. Es freut ihn, dass sein einstiger Club nach dem zwischenzeitlichen Absturz ins Handball-Mittelmaß wieder auf dem aufsteigenden Ast ist. "Ich bin im Bilde, weiß, was los ist, denn ich habe ein Abo, so dass ich auch die Spiele in der deutschen Handball-Bundesliga im TV sehen kann."
Das Urteil über den SCM von heute fällt positiv aus: "Magdeburg ist wieder bereit für richtig große Spiele. Ich hoffe, die Jungs spielen mal wieder in der Champions League. Diese Begegnungen waren für mich immer das Größte." Dass man inzwischen wieder im Europacup mitmische, sei "ein guter und wichtiger Schritt dahin, aber ich denke, eins, zwei Top-Spieler fehlen dem Team noch".
Dass Neuzugang Moritz Schäpsmeier jetzt die legendäre Rückennummer 19 trägt, ist für das SCM-Idol absolut kein Problem. "Das ist okay so. Mein Trikot hängt oben in der Hall of Fame. Und das macht mich stolz. Ich hoffe und wünsche mir, dass Moritz sogar inspiriert ist von meiner Nummer. Denn die Nummer 19 steht für Kämpfen bis zum Umfallen für den Club." Ob Abati noch einmal selbst ein Handball-Trikot überstreift - so wie 2011, als er den SC DHfK Leipzig bei den Relegationsspielen zum Aufstieg in die 2. Bundesliga gegen Tarp-Wanderup und den Dessau-Roßlauer HV tatkräftig unterstützte - steht in den Sternen. Anfragen habe es aber immer mal wieder gegeben. Zuletzt benötigte die SG Flensburg-Handewitt einen "Feuerwehrmann", der vertragslos ist und quasi im Stoff steht. Abati, der in der Tat aussieht, als habe er erst gestern den Handball in die Ecke gelegt, sieht das locker. "Warum nicht? Ich trainiere noch oft beim Nachwuchs von Montpellier mit, bin fit. Und meine linke Waffe funktioniert noch immer", zeigt der drahtige "Handballer a.D." auf seinen linken Arm ...
Wer weiß, nichts scheint bei Joel Abati unmöglich. Fest steht aber schon jetzt, dass nicht wieder zwei Jahre ins Land gehen werden, bis er in die zweite Heimat zurückkehrt. Ein Termin Mitte Dezember ist schon ins Auge gefasst, verrät der Publikumsliebling, dem es bei seinem jetzigen Besuch nicht vergönnt war, ein Spiel des SCM live mitzuerleben.
Wenn es dann bereits allerorts weihnachtlich duftet, gehört nicht nur der obligatorische Besuch bei Mannschaftsärztin Birgit Hoffmeier, beim Training oder bei Ehren-Mannschaftsbetreuer Reini Schütte zum Pflichtprogramm. Vor allem der Gang auf den Weihnachtsmarkt ist bereits fest eingeplant- schon wegen der Kinder.
"Sie lieben den Weihnachtsmarkt", berichtet der bekennende Familienmensch. Auch er habe die Weihnachtszeit in Magdeburg immer genossen. "Mit dem Weihnachtsmarkt und so, das gibt es in Frankreich nicht. Ich freue mich schon jetzt auf den leckeren Glühwein und den Schmalzkuchen. Wenn es dann auch noch schneit, bin ich der glücklichste Mensch auf Erden."