Gewerkschaften Kampf um junge Mitstreiter
Organisationen für Tariflöhne und Rechtsschutz setzen auf politische Bildung, soziale Medien und Grillfeiern, um junge Menschen anzulocken.
Magdeburg (dpa) l Die Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt entwickeln gezielt Strategien, um jüngere Mitglieder zu gewinnen. Verdi etwa stellt seit rund drei Jahren mehr Jugendsekretäre ein, die Auszubildende in den Betrieben anwerben. "Unsere Jugendsekretäre sprechen deren Sprache und können so überzeugender auftreten, als ältere Mitglieder", erklärte Sachsen-Anhalts Verdi-Sprecher Jörg Förster in einer Umfrage der Deutschen Presseagentur.
Außerdem beziehe die Dienstleistungs- gewerkschaft die Jugend bei Tarifverhandlungen nun stärker ein. 2016 sei die Zahl der unter 28-jährigen Verdi-Mitglieder landesweit auf mehr als 2080 gestiegen. "Das ist ein Wachstum von etwa acht Prozent und für uns ein Beleg, dass der Weg nicht ganz falsch sein kann", sagte Förster.
Auch die IG Metall legte bei den Neuzugängen in den unteren Altersklassen zu. Von insgesamt 1500 neuen Mitgliedern, die im vergangenen Jahr in die Gewerkschaft eingetreten seien, seien über die Hälfte jünger als 34 Jahre. Laut IG Metall-Landessprecher Sascha Howind ist der Altersdurchschnitt der Mitglieder mit 56 Jahren aber immer noch sehr hoch.
Um für junge Menschen attraktiv zu sein, setze die Gewerkschaft auf Projekte und schaffte dafür im letzten Jahr mehrere neue Stellen im Land. Man wolle den Leuten vermitteln, dass eine Mitgliedschaft neben den "harten" Vorteilen wie Tarifabschlüssen, Rechtsbeistand und Versicherungsleistungen die Möglichkeit biete, Teil einer großen Gemeinschaft zu werden, sagte Howind.
"Wir gewinnen die jungen Mitglieder auch vor Ort durch Aktivitäten vom Grillabend bis zur Demo gegen Rechts", erklärte Howind. Um Menschen anzusprechen, setze man auf ganz klassische Mittel wie den Lautsprecherwagen und das Flugblatt vorm Werkstor, aber auch auf einen modernen Internetauftritt und WhatsApp-Gruppen.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) setzt auf Kommunikation und wirbt neue Mitglieder über Newsletter und soziale Medien. "Wir haben es mittlerweile verstanden, unsere Stärken besser öffentlich zu machen", sagte Sprecher Uwe Petermann. Ende 2016 hatte die GdP laut Petermann 150 neue Mitglieder in der Kartei und wuchs damit um drei Prozent. Unter den nun mehr als 4300 Mitgliedern in Sachsen-Anhalt seien deutlich mehr Dienstanfänger vertreten, als noch vor einigen Jahren, sagte Petermann.
Insgesamt sind die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften in Sachsen-Anhalt im vergangenen Jahr stabil geblieben. Von knapp 800.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Land seien 150.000 Mitglied in einer der acht Arbeitnehmerorganisationen des Dachverbandes DGB, sagte DGB-Sprecher Bernhard Becker in Magdeburg.