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Kenia-KoalitionGrüne stoppen den Innenminister

Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht hat einen Gesetzesentwurf für ein Vollverschleierungsverbot vorgelegt, die Grünen stoppen ihn.

Von Michael Bock 22.09.2017, 01:01

Magdeburg l Wieder einmal Unruhe in der Kenia-Koalition: Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hat einen Gesetzentwurf für ein Vollverschleierungsverbot von Schülern im Unterricht vorgelegt. Doch das Papier liegt seit Wochen auf Eis. Die Grünen haben  den Gesetzentwurf erst einmal gestoppt. Die Kabinettsvorlage ist datiert vom 21. August. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Pennälern an Schulen unter staatlicher Aufsicht die Vollverschleierung – etwa durch Nikab oder Burka – verboten wird. Dies entspreche dem umfassenden Bildungsauftrag der Schulen, „der eine offene Kommunikationskultur erfordert“. Geplant ist in dem Entwurf zudem, dass auch Wähler und Wahlvorstände ihr Gesicht nicht verhüllen dürfen.

Der Landtag hatte sich bereits im März mit dem Thema Vollverschleierung befasst. In einem Beschluss wurde die Landesregierung gebeten, „bestehende gesetzliche Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Vollverschleierung von Menschen im öffentlichen Raum zu begrenzen“.

Allerdings: Die Kabinettsvorlage schmort seit Wochen in der Staatskanzlei. Nach Volksstimme-Informationen bremste der kleine Koalitionspartner, die Grünen, den CDU-Innenminister aus. Zu hören ist, dass Umweltministerin Claudia Dalbert persönlich bei Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) intervenierte. Ergebnis: Die Vorlage wurde erst einmal auf Eis gelegt.

Ein Regierungssprecher räumte am Donnerstag ein, die Ressorts hätten noch „Diskussionsbedarf“. Konkreter wurde er nicht. Nur so viel: Vor der Kabinettsbefassung finde das sogenannte Einigungsverfahren statt – also Gespräche auf Staatssekretärs- oder Minis-terebene, gegebenenfalls auch beim Ministerpräsidenten.

Grünen-Ministerin Claudia Dalbert ließ am Donnerstag Stahlknecht abblitzen: „Gesetzesvorhaben, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, werden zunächst im Koalitionsausschuss besprochen“, sagte sie. „Das ist das ganz normale Verfahren und betrifft auch die Kabinettsvorlage des Innenministeriums.“

Die nächste Sitzung des Koalitionsausschusses, in dem die Spitzenpolitiker von CDU, SPD und Grünen auch strittige Punkte behandeln, ist erst für den 17. Oktober geplant.

Innenminister Holger Stahlknecht wollte sich nicht zu dem Vorgang äußern.

SPD-Landeschef Burkhard Lischka stützte Stahlknecht mit den Worten. „Auch wenn ein Burka-Verbot allein sicher nicht die Radikalisierung von Menschen verhindert: In öffentlichen Verwaltungen und natürlich in Schulen sollte das Verbot des Tragens einer Burka eine Selbstverständlichkeit sein.“

Die Landes-Grünen hatten Stahlknecht bereits im September 2016 auflaufen lassen. Damals drehte sich die Debatte im Landtag um ein Burka-Verbot beispielsweise für Lehrerinnen. Damals sagte Grünen-Innenexperte Sebastian Striegel, er selbst lehne zwar Burka und Nikab ab. Aber: „Ich verteidige die Freiheit jedes Menschen, sich so zu kleiden, wie er will.“

Inzwischen ist durch den Bundesgesetzgeber die Verschleierung weitreichend verboten. Dies habe Sachsen-Anhalt im Bundesrat unterstützt, sagte ein Regierungssprecher. Landesbeamte dürfen nun keine Kleidungsstücke tragen, die eine offene Kommunikation unmöglich machen oder erschweren. Für Schüler fehlt jedoch in Sachsen-Anhalt eine Regelung.

Anders in Niedersachsen: Dort ist künftig eine Vollverschleierung an Schulen verboten. Das beschloss der Landtag Mitte August einstimmig. Hintergrund ist der Fall einer aus religiösen Gründen vollverschleierten Schülerin aus der Nähe von Osnabrück, die sich weigerte, ihren Niq ab abzulegen. Der Fall hatte in der niedersächsischen Landespolitik zu intensive Diskussionen geführt. Im Gesetz dort heißt es, Schüler dürften mit ihrem Verhalten oder ihrer Kleidung nicht die Kommunikation im Schulleben erschweren. Eine aus religiösen Gründen getragene Vollverschleierung könne eine Erschwerung sein. Meinung