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Kliniken Ameos unter heftigem Beschuss

Im Landtag ist gestern eine Debatte zur Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt geführt worden. Dabei gab es scharfe Kritik an Ameos.

Von Michael Bock 19.12.2019, 11:36

Magdeburg l Eigentlich wollte das Ameos-Klinikum in Schönebeck mit dieser Aktion den arg angekratzten Ruf ein wenig aufpolieren. 180 Nordmann-Tannen sollten als Spende an die Tafeln in Sachsen-Anhalt gehen. Die Bäume könnten an Bedürftige verschenkt werden.

Doch der Landeschef der Tafeln, Andreas Steppuhn, ließ Ameos abblitzen. „Dass Arbeitnehmer, die von ihrem Streikrecht Gebrauch machen, fristlos entlassen werden, ist auch für die Tafeln im Land ein nicht zu akzeptierender Vorgang“, beschied er kühl. Arbeitnehmerrechte würden bei Ameos mit Füßen getreten.

Nach Streiks bei den Ameos-Kliniken in Bernburg, Aschersleben-Staßfurt, Schönebeck und Haldensleben hat das Unternehmen 20 Mitarbeitern fristlos gekündigt. Ameos-Regionalchef Lars Timm begründet diesen Schritt damit, dass das Unternehmen auf Erlösausfälle reagiere.

Ameos ist laut einer Nord/LB-Studie mit 3900 Arbeitsplätzen das viertgrößte Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Insgesamt stehen laut Timm 800 dieser Arbeitsplätze auf der Streichliste, sollten die seit mehr als zwei Wochen anhaltenden Streiks anhalten. Die Mitarbeiter dringen auf Tarifverträge und bessere Bezahlung.

DGB-Landesleiterin Susanne Wiedemeyer sagte gestern : „Das Vorgehen von Ameos ist unwürdig und unsozial. Die Einschüchterungsversuche müssen beendet und die Kündigungen zurückgenommen werden.“

Auch in der Landtagsdebatte wurde Ameos scharf kritisiert. Swen Knöchel (Linke) sagte, das Unternehmen sei ein „vorkapitalistischer Ausbeutungsverein“. Fraktionskollege Stefan Gebhardt betonte, jeder Beschäftigte bei Ameos bekomme 500 Euro monatlich weniger als Kollegen. Das sei „Politik der Gier“. Für ihn ist eindeutig: „Die Privatisierung war ein kapitaler Fehler.“ SPD-Fraktionschefin Katja Pähle sagte: „Die Privatisierung von kommunalen Krankenhäusern hat sich nicht bewährt. Es ist ein Irrweg, Aufgaben der Daseinsvorsorge aus der Hand zu geben.“

Sie teile die Empörung der Ameos-Mitarbeiter. „Es ist schlimm genug, wenn ein Unternehmen seine Strategie auf Kosten der eigenen Beschäftigten aufbaut und ihnen Tarifbindung und ordentliche Bezahlung vorenthält“, sagte sie. Dass Ameos jetzt aber Belegschaften spalte, Mitarbeiter einschüchtere und Entlassungen als Maßnahme gegen Streikende durchführe, „das geht gar nicht!“. Das Unternehmen tue sich mit dieser Strategie keinen Gefallen.

Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, Trägervielfalt sei ein Wert an sich: „Aber damit darf keine reine Ökonomisierung des Gesundheitssektors einhergehen. Gesundheit ist keine Ware. Krankenhausversorgung darf kein Spekulationsobjekt sein.“ Die Politik müssen das Heft das Handelns in der Hand haben. „Deshalb brauchen wir in einem nächsten Koalitionsvertrag einen Strukturfonds, um gegebenenfalls Infrastruktur aus privater Hand zurückkaufen zu können.“

Zukünftig seien stärkere Profilierung und Spezialisierung nötig, zudem müsse es mehr Kooperationen geben, sagte Tobias Krull (CDU). Im Streit bei den Ameos-Kliniken plädierte er für einen besseren Umgang miteinander. Notfalls müsse das Land eine „Vermittlerrolle“ einnehmen. Ulrich Siegmund (AfD) erklärte, privatisierte Kliniken müssten langfristig in die öffentliche Hand zurückgeführt werden.

Die Geschehnisse bei Ameos dürfe die Regierung nicht tolerieren, sagte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD). Es könne nicht sein, dass Pflegepersonal für bessere Arbeitsbedingungen streike und dann fristlos gekündigt werde. Sie sprach sich dagegen aus, weitere Krankenhäuser zu privatisieren. Der jetzige Mix aus öffentlichen, gemeinnützigen und privaten Häusern müsse erhalten bleiben. Die Zahl der Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt ist von 74 im Jahr 1989 auf nun 47 zurückgegangen.