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Gefährlich Keime Kliniken versagen bei Hygiene-Test

800.000 Patienten infizieren sich jährlich mit gefährlichen Keimen. In Sachsen-Anhalt beschäftigt jede fünfte Klinik zu wenige Experten.

Von Silke Janko 12.01.2017, 00:01

Magdeburg l Bis zu 15.000 Menschen sterben nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums jährlich an gefährlichen Infektionen in Krankenhäusern in Deutschland. Vor allem deshalb, weil es immer mehr Infektionen mit sogenannten multiresistenten Keimen gibt, die nur noch mit sogenannten Reserve-Antibiotika zu behandeln sind.

Gegen das tödliche Infektionsrisiko sollen Hygiene-Experten, besonders geschulte Ärzte und Pfleger, vorgehen. Seit dem Jahr 2011 schreibt das Infektionsschutzgesetz ab 400 Betten mindestens einen Krankenhaushygieniker, einen Arzt mit einer gesonderten Hygiene-Ausbildung, vor. Bei weniger als 400 Betten sollen besonders geschulte Ärzte und Pfleger für die Einhaltung der Hygienestandards sorgen.

Doch jedes vierte Krankenhaus in Deutschland verfügt nicht über die vorgeschriebene Mindestzahl, ergab eine Auswertung von Krankenhaus-Daten des ARD-Magazin „Plusminus“ gemeinsam mit dem Recherchezentrum „Correctiv“.

Die Angaben basieren auf den für jeden einsehbaren Krankenhausqualitätsberichten, die die Kliniken jedes Jahr veröffentlichen müssen. Schlusslicht ist demnach Bremen, wo 43 Prozent aller Kliniken die Vorgaben nicht erfüllen. In Sachsen-Anhalt genau wie in Sachsen nehmen die Verantwortlichen das Thema offenbar etwas ernster: Der Anteil der Kliniken, die nicht genügend Hygiene-Personal vorhalten, liegt zwischen Harz und Havel bei 17 Prozent, im Freistaat gar nur bei 15 Prozent.

Zu den Kliniken in Sachsen-Anhalt, die die Vorgaben für das Hygiene-Personal nicht erfüllen, gehören die Helios-Fachklinik Vogelsang-Gommern (Jerichower Land), das Ameos-Klinikum Haldensleben (Landkreis Börde), die Klinik des Westens in Magdeburg, das Ameos-Klinikum Halberstadt, das Harzklinikum Wernigerode (alle Harzkreis), die Waldklinik Bernburg, das Städtische Klinikum Dessau und das Awo-Psychiatriezentrum Halle.

Die Mehrheit der 48 Kliniken in Sachsen-Anhalt halten indes die Vorschriften ein, so etwa das Stendaler Johanniter-Krankenhaus, das bei seinen Patienten einen Rückgang von Infektionen mit dem multiresistenten Keim MRSA innerhalb von zwei Jahren feststellen konnte. Der Ärztliche Hygienebeauftragte Dr. André Benthin: „Wir machen das, was selbstverständlich ist.“

Die in der Datenbank als Negativbeispiel genannte Magdeburger Universitätsklinik zeigte sich dagegen zerknirscht: Weil sie aus eigenem Verschulden heraus die exakten Personalzahlen in ihrem Qualitätsbericht nicht genannt hatte. Tatsächlich verfügt das Universitätsklinikum über drei Vollzeitstellen für Krankenhaus-Hygieniker, fünf Hygienefachkräfte, 40 Hygienebeauftragte bei den Ärzten und 124 im Pflegebereich und erfüllt somit die gesetzlichen Vorgaben. Letztere wirken als Multiplikatoren auf ihren Stationen, damit dort im Arbeitsalltag die vorgegebenen Qualitätsstandards eingehalten werden.

„Wir betreiben einen Wahnsinnsaufwand“, erklärte der Krankenhaus-Hygieniker Professor Gernot Geginat gegenüber der Volksstimme. Ebenfalls mit messbarem Erfolg: 350 MRSA-Fälle hatte das Uniklinikum im Jahr 2013, 2015 waren es noch 163 Fälle.

Das Sozialministerium Sachsen-Anhalt hatte 2010 gemeinsam mit weiteren Akteuren im Gesundheitswesen das Netzwerk „Krankenhaus-Hygiene“ gegründet. Sein Ziel ist es, Krankenhaus-Infektionen zu verringern und künftig gar zu vermeiden. Es stellt Krankenhäusern und Pflegeheimen Informationen zur Verfügung.