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Vorstoß Hamburgs auf Saarbrücker Ministerkonferenz gescheitert Länder uneins über Abschaffung der Praxisgebühr

29.06.2012, 03:17

Die Gesundheitsminister der Länder haben sich auf ihrer Konferenz in Saarbrücken nicht zu einer einheitlichen Forderung nach Abschaffung der umstrittenen Praxisgebühr durchringen können. Sachsen-Anhalt unterstützte den Hamburger Vorschlag.

Saarbrücken/Magdeburg (epd/sj) l Während 11 der 16 Länderminister das Aus der Praxisgebühr befürworteten, stimmten fünf Minister dagegen. Für einen einheitlichen Beschluss als Signal an die Bundesregierung wären die Stimmen von mindestens 13 Ländern nötig gewesen.

Sachsen-Anhalts Gesundheitsminister Norbert Bischoff (SPD) sagte gegenüber der Volksstimme: "Die Praxisgebühr hat sich als ein bürokratisches Monster erwiesen. Sie hat nicht die beabsichtigte Wirkung gezeigt, sich teils sogar ins Gegenteil verkehrt. Es gibt Belege dafür, dass Sozialschwache wegen der 10-Euro-Abgabe den Arztbesuch hinauszögern oder ganz auf ihn verzichten."

Sachsen-Anhalt gehörte zu jenen elf Ländern, die eine Abschaffung der Zwangsabgabe beim Arzt befürwortet haben. Bischoff plädierte für eine langfristige Lösung. Es dürfe "kein Raus und Rein" geben, also eine Abschaffung der Gebühr bei guter Lage der gesetzlichen Kassen und wieder deren Einführung, wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert. "Wenn Abschaffung, dann für immer. Die fehlenden Einnahmen müssen auf andere Weise kompensiert werden", so Bischoff. Die gesetzlichen Krankenkassen nehmen mit der Praxisgebühr jährlich rund zwei Milliarden Euro ein.

Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte sich am Rande der Konferenz ebenfalls gegen die Praxisgebühr ausgesprochen. Sie sei ein Ärgernis geworden, sagte er. Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD), die den Antrag zur Abschaffung der Gebühr vorgelegt hatte, bezeichnete die "erfreuliche finanzielle Situation" bei den Kassen als historische Chance, das "unbeliebte und unbrauchbare Instrument" abzuschaffen.

Kein Bundesland wolle die Gebühr in bisheriger Form erhalten, versicherte der saarländische Gesundheitsminister Andreas Storm (CDU). Obwohl auch er keine dauerhafte Zukunft für die Praxisgebühr sieht, plädierte Storm für eine Beibehaltung, bis sie durch ein wirksameres Steuerungsinstrument ersetzt werden könne. Er erinnerte daran, dass ein gemeinsames Votum lediglich eine Willensbekundung gewesen wäre: "Zur Abschaffung braucht es ein Gesetzgebungsverfahren des Bundestages." Neben dem Saarland hatten Bayern, Sachsen, Niedersachsen und Berlin gegen den Hamburger Vorschlag gestimmt.

Bei ihrer Beratung sprachen sich die Länder zudem einstimmig dafür aus, dass der Überschuss der gesetzlichen Krankenkassen nicht zu kurzfristigen Beitragsrückerstattungen führen soll. Stattdessen gelte es, die Rücklagen zu erweitern, um die Beiträge stabil zu halten. Die Länder lehnten auch die vorgesehene Kürzung des Bundeszuschusses an den Gesundheitsfonds um zwei Milliarden Euro ab. Die Einnahmen seien wegen der zu erwartenden Ausgabensteigerungen weiterhin nötig, hieß es.

Auch die Zahnärztekammer und die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalts fordern die Abschaffung der Praxisgebühr.