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Landeskriminalamt Angriffe auf Politiker nehmen zu - Straftaten gegen Sachsen-Anhalts Mandatsträger auf Rekordhoch

Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen: Noch nie waren Politiker so häufig Ziel von Straftaten, wie in diesem Jahr. Was die Parteien im Land dazu sagen und wie sie von der Hass-Kriminalität betroffen sind.

Von Matthias Fricke 26.11.2023, 17:20
Das Landeskriminalamt registrierte bis Ende Oktober 168 Fälle.
Das Landeskriminalamt registrierte bis Ende Oktober 168 Fälle. Foto: Imago

Magdeburg - Die Zahl der politisch motivierten Straftaten gegen Mandatsträger in Sachsen-Anhalt hat schon in den ersten zehn Monaten dieses Jahres mit 168 Fällen den höchsten Wert der letzten sieben Jahre erreicht. Das teilte das Landeskriminalamt (LKA) auf Volksstimme-Anfrage mit. Besonders betroffen sind nach Aussagen von LKA-Sprecher Michael Klocke vor allem Politiker der FDP (80), der SPD (54) und der Grünen (32). Erst dann folgen als weitere Parteien die AfD (17), die CDU (11) und Die Linke (7). Es handelt sich hauptsächlich um Bedrohungen, üble Nachrede oder Beleidigungen.

In der erst 2016 eingeführten bundeseinheitlichen Erfassung politisch motivierter Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger lagen die Zahlen nur in den letzten beiden Jahren (2021: 155 und 2022: 146) auch im dreistelligen Bereich. „In allen anderen Jahren war sie nur zweistellig“, so Klocke. Die Angriffe gegen Parteigebäude, etwa Wahlkreisbüros, sind hingegen deutlich rückläufig. Hier gab es dieses Jahr bisher 13 Straftaten. Im Vorjahr waren es noch 35 Attacken, davor 34.

Zunehmend digitale Taten

Einer, den die Hass-Kriminalität in diesem Jahr besonders getroffen hat, ist der in Stendal wohnende Bundestagsabgeordnete Marcus Faber (FDP). Der Verteidigungspolitiker wurde nach eigenen Angaben auf der Kommunikations-Plattform „X“ (früher Twitter) massiv beleidigt und bedroht. Ein eingeschaltetes Rechtsanwaltsbüro habe kürzlich in einem Schwung zahlreiche Posts (Kommentare) zur Anzeige bringen lassen. „Auch wenn ich glaube, dass dahinter selten tatsächlich Bürger stecken“, sagt er. Seit Jahren gibt es die Möglichkeit, über kleine Computerprogramme (Bots) üble Nachrichten zu generieren. Faber: „Hinzu kommen noch etwa tausend Mails im Jahr, die solche Inhalte haben“, sagt er. Diese Nachrichten werden meist gelöscht.

Aber auch Morddrohungen gibt es. In einem Fall hatte erst vor einem Monat ein Mann via Messenger-Dienst „X“ 65 Landtagsabgeordneten mit dem Tode gedroht, wenn diese nicht ihre Mandate niederlegen würden.

Fälle wie der Brandanschlag auf das Büro des SPD-Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby in Halle, stellen laut seines Landesverbandes eher die Ausnahme dar. Die Tür des Abgeordnetenbüros war im Mai dieses Jahres angesteckt worden. Der Täter wurde im Oktober für schuldunfähig erklärt und kam in die Psychiatrie. Sprecher der Landes-SPD, René Wölfer: „Wir haben eine Zunahme an verbaler Aggressivität, besonders in sozialen Medien und bei öffentlichen Auftritten, beobachtet.“ Die CDU mit ihren 14 Kreisverbänden stellt vor allem fest, „dass die politische Diskussionskultur rauer geworden ist.“ Anke Lohmann, Landessprecherin der Partei Die Linke: „Auch wir erleben immer wieder Aggressionen und beleidigendes Verhalten am Infostand, im Wahlkreisbüro und, besonders zunehmend, im Netz und auch in den Sitzungen des Landtages.“ Oliver Kirchner, AfD-Fraktionschef, meint, dass die Angriffe gegen Mitglieder seiner Partei „zahlreich“ sind. Er spricht vom „traurigen politischen Alltag.“ Grünen-Sprecher Ruben Engel: „Wir beobachten diese Entwicklung leider schon lange.“ Zuletzt sei am 1. November der Briefkasten der Abgeordneten Susan Sziborra-Seidlitz mit Böllern gesprengt worden, nicht das erste Mal.

Anfeindungen nehmen auch gegenüber Lokalpolitikern zu, sagte der Präsident des Landesverwaltungsamtes, Thomas Pleye. Dieses Jahr soll es dazu eine Erhebung geben. Die sei aber noch in Abstimmung, so eine Sprecherin. Das Land Brandenburg hat diese Woche einen Anstieg jener Zahlen um ein Drittel mitgeteilt.