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Corona-Pandemie Intensivbetten werden knapp

Von Alexander Walter Aktualisiert: 13.4.2021, 10:12

Magdeburg. Als erste Großstadt in Sachsen-Anhalt hat Halle am Montag wegen der Pandemie volle Intensivstationen (ITS) – und einen Aufnahmestopp verkündet: „Eine weitere Aufnahme von Covid-Intensivpatienten ist aktuell nicht möglich“, teilte die Stadt in ihrer täglichen Corona-Lage mit.

Aktuell sind demnach 32 Personen in der 240.000-Einwohner-Stadt in intensivmedizinischer Behandlung. Der südlich gelegene Burgenlandkreis hatte bereits vergangene Woche ausgelastete ITS gemeldet. Da auch in Nachbarregionen keine Plätze zur Verfügung standen, könnten Patienten nur noch in den Landesnorden transportiert werden, sagte Amtsärztin Ina Schmidt laut MDR.

Auch dort ist das Limit inzwischen aber in Sicht: „Unsere Intensivstation hat nur noch eine geringe Aufnahmekapazität“, sagte eine Sprecherin des städtischen Klinikums Magdeburg der Volksstimme.

Am Uniklinikum Magdeburg waren am Montag 9 von 12 ITS-Betten belegt sowie 17 von 20 auf Normalstationen. Das Klinikum könnte die ITS notfalls auf 20 Plätze erweitern. Dafür müssten aber etwa bei planbaren OPs Abstriche gemacht werden. Chef-Intensivmediziner Thomas Hachenberg sagte: Aktuell stehe die Ampel für auf Normalstationen eindeutig auf Grün, für ITS noch auf Grün. „Sie kann sich aber Richtung Gelb verändern.“

Experte: Personal bricht weg

An den Ameos-Kliniken in Salzland- und Bördekreis ist die Lage ähnlich: Dort liegen 13 Patienten unter Beatmung auf Intensiv- sowie 46 Patienten auf Normalstationen. Restkapazität an ITS-Betten: null. Nur bei Einstellung „aller anderen Behandlungen“ ließen sich 40 Reservebetten mit Beatmungsgerät generieren, sagte Sprecherin Maren Brandt.

Landesweit standen am Montag nach Angaben des Intensivregisters „Divi“ noch 110 Intensivbetten zur Verfügung, 51 davon für Covid-Patienten. Die Zahl der Corona-Patienten auf ITS-Stationen erreichte mit 135 das Niveau der auslaufenden zweiten Welle vom 11. Februar. Mitte März hatte die Zahl bei 65 gelegen. Das Land könnte die Kapazitäten notfalls zwar um 325 Plätze aufstocken. Die Angabe bezieht sich aber auf Betten und Beatmungsgeräte.

Experten zweifeln, ob auch das Pflegepersonal reichen würde. Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des Divi-Registers etwa, warnte bei Twitter: Das Personal breche weg. „Selbst wenn es zu einem harten Lockdown kommt, steigen die Zahlen weiter für 10-14 Tage. Es muss jetzt was passieren“, ergänzte er.

In größerem Maßstab fallen die Meldungen in eine Zeit des fortschreitenden Abbaus von Klinikbetten. Deren Zahl im Land hat sich zwischen 2010 und 2019 um 1472 auf 15.055 reduziert. Die Zahlen hat Dietmar Bartsch, Linke-Co-Fraktionschef im Bundestag, beim Statistischen Bundesamt erfragt. Allein im Jahr vor Corona wurden demnach 273 Betten abgebaut. Auch die Zahl der ITS-Betten sank: von 954 auf 874. Eva von Angern, Linke-Fraktionschefin im Landtag, sagte: „Es gibt mindestens zwei Lehren aus der Krise.“ Keine einzige Klinik dürfe mehr dichtgemacht werden. Und: „Krankenhäuser gehören in öffentliche Hand.“

Das Gesundheitsministerium bewertet die Zahlen anders: Sachsen-Anhalt habe im Vergleich zu anderen Ländern eine hohe Bettendichte (Laut Statista: Platz 4 von 16). Die Zahl der ITS-„Behandlungseinheiten“ mit Beatmungsmöglichkeit habe man 2020 gar verdoppelt. Zur Sorge bestehe keinerlei Anlass.

Peter Redemann, Geschäftsführer des kommunalen Harzklinikums, vermutet, dass hinter dem Betten-Abbau die Schließung von weniger gut ausgelasteten Einrichtungen und Doppelvorhaltungen steht. „Die Entwicklung zeigt, dass Krankenhäuser Kapazitäten abbauen, die nicht benötigt werden“, sagte er. Die technische Entwicklung ermögliche zudem mehr ambulante Eingriffe und kürzere Krankenhausaufenthalte. Auch das sei Ursache des Rückgangs.