Fichtenwälder Kritik an Altmaiers Abholzungsvorstoß - Waldbauern und grünes Umweltministerium in Sachsen-Anhalt sind sich einig
Seltene Einigkeit zwischen Waldbauern und grünem Umweltministerium in Sachsen-Anhalt: Beide üben Kritik an Plänen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Obwohl noch jede Menge Schadholz in den Wäldern steht, will er geltende Abholzungsbeschränkungen für Fichten aufheben.

Magdeburg - Pläne von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Lieferengpässen bei Bauholz durch die Aufhebung von Abholzungsbeschränkungen bei Fichten zu begegnen, stoßen bei Waldbesitzern in Sachsen-Anhalt auf scharfe Kritik: „Der Minister hat keine Ahnung“, sagte Uwe Daum, Vorstandsvorsitzender der Forstbetriebsgemeinschaft Ostharz, gestern auf Volksstimme-Anfrage.
„Würde sich das Wirtschaftsministerium auf den Weg machen, das Kartellamt auf die Sägebetriebe anzusetzen, wäre der Holzwirtschaft mehr geholfen“, sagte Waldbesitzerverbandschef Franz zu Salm-Salm. In Sachsen-Anhalt gebe es ein Oligopol von nur wenigen Holzabnehmern, so zu Salm-Salm weiter. Obwohl sie Bauholz meistbietend in alle Welt verkaufen, seien sie nicht willens, den Waldbesitzern angemessene Preise zu zahlen.
Ausstieg aus der sozialen Marktwirtschaft?
In dieser Situation ohne Gegenmaßnahmen nun auch noch Abholzungsbeschränkungen aufzuheben, sei für ihn „der Ausstieg aus der sozialen Marktwirtschaft“, sagte zu Salm-Salm.
Altmaier hatte vorgeschlagen, wieder mehr gesunde Fichten in Deutschland zu fällen. Dies könne dem drastischen Preisanstieg und Lieferengpässen bei Bauholz entgegenwirken. Die derzeit geltende Beschränkung für den Einschlag von Fichtenholz soll dafür „schnellstmöglich“ rückgängig gemacht machen, heißt es in einem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Die Regelung, die erst im April in Kraft getreten war, sollte damals noch den Preisverfall bei Fichtenholz stoppen. Waldbesitzer und Forstbetriebe dürfen demnach noch bis Ende September nicht so viel Fichtenholz wie üblicherweise einschlagen – maximal 85 Prozent der durchschnittlichen Erntemenge 2013 bis 2017.
Borkenkäferplage, Trockenheit und Stürme
Grund: Wegen einer Borkenkäferplage, Trockenheit und Stürmen mussten in den vergangenen Jahren sehr viele Fichten geschlagen werden. Folge waren übervolle Lager und sinkende Preise in den Sägewerken. Inzwischen hat sich die Lage auf der Nachfrageseite aber umgekehrt, die Baubranche klagt über Holzmangel – vor allem internationale Märkte dürsten nach Holz.
Uwe Daum, Chef der Forstbetriebsgemeinschaft Ostharz, mit Beständen auf 5000 Hektar Fläche, sagte zu den Plänen Altmaiers weiter: „Das Frischholz sollte man stehen lassen, es ist unsere eiserne Reserve.“ Es sei noch reichlich aufzuarbeitendes Schadholz in den Wäldern. Auch das eigne sich, je nach Qualität, sehr gut als Bauholz.
Mit Blick auf die Holzpreise habe Waldbesitzerverbandschef zu Salm-Salm recht, ergänzte Daum: Große Sägewerke verkauften den Festmeter Frischholz für 1000 Euro auf internationalen Märkten. Waldbauern im Land bekämen aber nur 60 bis 80 Euro, für Schadholz 50 Euro.
Unsere Betriebe sind damit beschäftigt, das Schadholz aus dem Wald zu holen.
Claudia Dalbert (Grüne)
Sachsen-Anhalts Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sagte: „Minister Altmaier macht offenbar Wahlkampf für Bayern.“ Für Sachsen-Anhalt habe das alles keine Auswirkung. Denn: „Wir haben kaum Fichten-Frischholzeinschlag. Unsere Betriebe sind damit beschäftigt, das Schadholz aus dem Wald zu holen.“
Aufgrund der Bestandsverluste bei Fichten wird Sachsen-Anhalt laut Ministerium auch mittelfristig kaum frühere Einschlagsmengen erreichen. „Aufgrund der massiven Zwangseinschläge der vergangenen Jahre ist vielfach nicht einmal mehr so viel frisches Fichtenholz da, um die angesetzten 85 Prozent der Einschlagsbeschränkung zu erreichen.“
Zur Information: In Sachsen-Anhalt wurden in der letzten Waldinventur (2012) gut 49.300 Hektar Fichtenwald festgestellt. Auf Baumarten bezogen waren das zusammen mit Tannen und Douglasien rund 11 Prozent. Kiefern und Lärchen stellten 47 Prozent. Fichten-Verbreitungsschwerpunkt ist der Harz. Infolge von Klimaextremen und Käfern sind die Bestände inzwischen allerdings häufig geschädigt oder abgestorben.