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Landtagswahl Umfrage: Der Linken laufen die Wähler weg

Für die amtierende Kenia-Koalition dürfte es kein Durchmarsch werden. Auch andere Konstellationen sind denkbar. Nur Rot-Rot-Grün scheint gescheitert, da nun auch die Linke absackt.

Von Jens Schmidt und Michael Bock Aktualisiert: 24.4.2021, 16:44
Eva von Angern (Die Linke)
Eva von Angern (Die Linke) dpa

Magdeburg. Im Zentrum des aktuellen Meinungsbildes steht die Sonntagsfrage. Sechs Wochen vor dem Urnengang in Sachsen-Anhalt bieten die Zahlen Überraschungen.

Linke so blasswie seit 1990 nicht

Zwölf Prozent der befragten Sachsen-Anhalter würden derzeit die Linke wählen. Man muss in der Statistik bis 1990 zurückblättern, ehe man ein so blasses Ergebnis für die magentarote Partei findet. 1990, bei der ersten Landtagswahl, hatte die damalige PDS ebenfalls eine „Zwölf“ auf dem Ergebniszettel.

Danach war es stets bergauf gegangen. Bei Landtagswahlen erzielte die Partei mit auffallender Konstanz gut 20 Prozent. Bei der Bundestagswahl 2009 überzeugte die Linke hier im Land sogar 32 Prozent der Wähler. Man sah sich schon als Volkspartei.

Mit der Flüchtlingskrise rutschte die Linke ab. Seit 2016 verharrt sie auch im Umfragen bei etwa 16 Prozent. Nun ging es sogar noch tiefer. Spitzenkandidatin Eva von Angern erklärt tapfer: „Jetzt ist meine Kampfeslust noch mehr geweckt.“ Das Stimmungsbild aber sei „alarmierend“.

Ursachen? Viele ihrer ostdeutschen Protestwähler verlor die Linke bereits 2016 an die AfD. Ein weiter Teil aus dem städtischen und studentischen Milieu wählt nun möglicherweise eher Grün. Sahra Wagenknecht, prominenteste Linke der Republik, hatte ihrer Partei gerade Abgehobenheit attestiert.

Von Angern mag sich die Jacke nicht anziehen, sie könne auch Menschen im Ländlichen ansprechen, sagt sie. Das Buch habe nicht geschadet, wohl aber die innerparteiliche Kontroverse. „So eine Nabelschau macht unattraktiv.“

CDU im Abwärtstrend,aber noch vorn

Die Union scheint in Sachsen-Anhalt mit einem blauen Auge davonzukommen: Trotz des zermürbenden Machtkampfs zwischen Markus Söder und Armin Laschet, trotz wachsender Unzufriedenheit mit dem Corona-Kurs bleibt die CDU stärkste Partei. Bislang jedenfalls.

In den verbleibenden sechs Wochen kann aber noch viel geschehen. Siehe 2016: Damals kam die CDU einen Monat vor der Wahl in Umfragen auf 32 Prozent – am Ende wurden es keine 30.

Zudem zeigt der aktuelle Umfragepfeil seit vielen Monaten nach unten. 2017 stand die Union noch mit 40 Prozent im Stimmungshoch. Das ist längst verflogen. Seitdem ist auch viel passiert. Nicht nur Corona. Auch personell ging es zur Sache. Der Rauswurf des konservativen Hoffnungsträgers und Innenministers Holger Stahlknecht aus der Regierung trägt schon historische Züge. Solch eine knallharte Kündigung eines Spitzenpolitikers, der obendrein CDU-Landeschef war, hatte es bis dahin noch nicht gegeben.

Der neue und mit 41 Jahren junge CDU-Landeschef Sven Schulze hat übernommen und kann auf den 67-jährigen Regierungschef Reiner Haseloff als Stimmenbringer bauen. Der Wittenberger Haseloff amtiert seit zehn Jahren und ist entgegen ersten Pläne n erneut als Spitzenkandidat angetreten. In der aktuellen Umfrage erreicht er mit weitem Abstand zur Konkurrenz die höchsten Zustimmungswerte.

Meinungsforscher fanden heraus, dass die Partei des jeweils amtierenden Ministerpräsidenten bei Wahlen stabil abschneidet. In Baden-Württemberg (Winfried Kretschmann, Grüne) und Rheinland-Pfalz (Malu Dreier/SPD) hat es im März jedenfalls geklappt. Schulze sagt über Haseloff: „Er ist der Garant für politische Stabilität.“ Der Parteiführung ist vor allem eines wichtig: Ohne die CDU soll es keine neue Regierungskoalition geben können. Danach seht es derzeit ganz aus.

FDP so stark wie seit drei Jahren nicht

Von den Schwächen der Union und der Unzufriedenheit mit der Corona-Politik der Regierung profitiert ganz offensichtlich die FDP. Die Liberalen sind schon seit einigen Wochen im Aufschwung. Waren es in der Januar-Umfrage noch knappe fünf Prozent, so verheißen die aktuellen acht Prozent einen recht sicheren Wiedereinzug in den Landtag.

Die Union verlor im Vergleich zur Januar-Umfrage drei Punkte, die FDP gewann drei Punkte. Auf acht Prozent kam Sachsen-Anhalts FDP zuletzt in einer Umfrage im August 2018. Und davor wurde dieser Umfragewert im März 2010 erzielt.

Den neuen positiven Trend spüren auch die Wahlkämpfer. „Die Menschen kommen aktiv auf uns zu, um mit uns ins Gespräch zu kommen“, sagt Spitzenkandidatin Lydia Hüskens. Die Magdeburgerin kennt das politische Geschäft, von 2002 bis 2011 saß sie bereits im Landtag. Sie plädiert für eine „differenzierte Pandemiepolitik mit Öffnungsstrategien statt nur Verboten“.

Grüne sehen sichals Anker

Seit einem Jahr spüren auch Sachsen-Anhalts Grüne den bundesweiten Aufwärtstrend der Ökopartei. Auf elf Prozent kämen die Grünen hier – genauso viel wie bei einer Umfrage im März 2020. Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann sagt, ihre Partei sei der Stabilitätsanker in einer teils wankenden Kenia-Koalition gewesen. Und: „Wir sichern konsequenten Kampf für Klimaschutz und Demokratie.“ Das werde honoriert.

SPD fühlt sichangespornt

Die im Dauer-Tief steckende SPD freut sich über ein kleines Plus im Vergleich zu vorherigen Umfragen. Mit den zwölf Prozent gibt sich Spitzenkandidatin Katja Pähle längst nicht zufrieden, aber: „Der positive Trend ist für uns Ansporn.“ Sie glaubt, mit den Themen Arbeit und Schule auf die richtigen Felder zu setzen.

AfD fürchtetkeine Verluste

Die AfD wird in Umfragen meist unterschätzt. Darauf setzt Spitzenkandidat Oliver Kirchner: „Ich sehe diese 20 Prozent sehr entspannt.“ Er glaubt, dass auch dieses Mal wieder etwa 25 Prozent erreichbar sind.

Seit einem Jahr schwanken die Umfragewerte zwischen 19 und 25 Prozent. Die Wählerschaft gilt im Osten als sehr stabil. Laut Umfrage sprechen sich 77 Prozent der CDU-Anhänger gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD aus.

Haseloffs Konkurrenten können nicht punkten

Auf der Beliebtheitsskala liegt Haseloff weit vorn. Aktuell sind 61 Prozent der Befragten sehr zufrieden oder zufrieden mit seiner Arbeit. Fast jeder weiß, wer er ist.

Das Problem der Spitzenkandidaten anderer Parteien: Kaum einer würde sie auf der Straße erkennen. Sieben von zehn Sachsen-Anhaltern sagen die Namen Katja Pähle, Cornelia Lüddemann, Eva von Angern oder Oliver Kirchner rein gar nichts.

Nur zwischen 9 und 11 Prozent der Befragten sind zudem zufrieden mit deren Arbeit. Spitzenkandidaten vor der Landtagswahl 2016 schnitten da besser ab.

Mit Wulf Gallert (Linke) etwa waren 30 Prozent zufrieden oder sehr zufrieden. Für Katrin Budde (SPD) lag dieser Wert bei 25 Prozent.