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Beitritt zur „Microtech Academy“ Uni Magdeburg wird zur Intel-Talentschmiede

Die Universität Magdeburg will zur überregionalen Talent-Pipeline für die Halbleiter-Industrie werden. Jüngster Schritt ist die Aufnahme in die Microtech Academy.

Von Alexander Walter 26.02.2024, 17:49
Besuch von Intel im Reinraum der Universität Magdeburg: Rektor Jens Strackeljan, Intel Executive Vice-President Keyvan Esfarjani und Jürgen Ude Staatssekretär in der Staatskanzlei, betrachten einen 300-mm-Siliziumwafer.
Besuch von Intel im Reinraum der Universität Magdeburg: Rektor Jens Strackeljan, Intel Executive Vice-President Keyvan Esfarjani und Jürgen Ude Staatssekretär in der Staatskanzlei, betrachten einen 300-mm-Siliziumwafer. Foto: Jana Dünnhaupt

Magdeburg - Die Universität Magdeburg stellt die Weichen für die Ankunft des Chipriesen Intel in Sachsen-Anhalts Landeshauptstadt. Schon in absehbarer Zukunft will sich die Einrichtung mit ihren zuletzt rund 13.000 Studenten zur überregionalen Talent-Pipeline für die Halbleiterindustrie in Deutschland entwickeln.

Erste Schritte hatte die Hochschule mit ihrem technisch-ingenieurwissenschaftlichen Profil bereits im vergangenen Jahr getan: Nach mehrjähriger Pause startete sie im August die Ausbildung von Mikrotechnologen neu. Zunächst zwei Azubis fingen an, in diesem Jahr sollen es bis zu vier werden.

Drei neue Studiengänge und Ausbildung von Mikrotechnologen

Zum Wintersemester legte die Uni außerdem gleich drei neue Studiengänge auf: Einen Nanotechnologie-Masterstudiengang, einen Master zu Computermethoden in den Ingenieurwissenschaften sowie einen Bachelor zu Künstlicher Intelligenz. In Summe sind im ersten Studienjahr 63 Studenten eingeschrieben. Die Zahlen sollen künftig deutlich steigen. Zusätzlich plant die Uni ein Doktorandenprogramm.

Jüngster Schritt ist die Aufnahme der Universität in die nationale „Microtech Academy“. Die überregionale und überbetriebliche Berufsakademie für Hochtechnologie wird für vorerst vier Jahre mit 82 Millionen Euro vom Bund gefördert. Auch die Unis Braunschweig oder Rostock gehören zum Verbund. Magdeburg ist ab sofort offizieller Standort. Vom 11. bis 15. März findet eine erste Seminarreihe der Akademie in Magdeburg statt.

Eingebettet in das Netzwerk soll am Ende das Gesamtkonzept für eine Talente-Schmiede für alle beruflichen Niveaustufen entstehen, sagt Uni-Rektor Jens Strackeljan: „Neben der Aus- und Weiterbildung dringend benötigter Fach- und Führungskräfte sollen dabei auch internationale Studierende und Promovierende gewonnen werden.“

Intel kommt mit enormem Fachkräftebedarf: 2027 soll es bereits losgehen

Der Aufwand kommt nicht von ungefähr. Die Planung für die Magdeburger Intel-Fabrik ist längst in die heiße Phase getreten. Schon im Sommer könnten am Südrand der Stadt die Bagger anrollen. Ab 2027 will der Konzern hier Mikrochips der neuesten Generation herstellen.

Intel kommt dabei mit einem immensen Fachkräfte-Hunger: 3.000 Mitarbeiter werden in der ersten Ausbaustufe mit zwei Fabriken gesucht, darunter 70 Prozent Facharbeiter für Mikrotechnologie und Mechatronik, aber auch Akademiker wie Ingenieure. Einfach wird das nicht: Bundesweit wurden zuletzt ganze 600 Mikrotechnologen pro Jahr ausgebildet.

Und: Quasi nebenan will der Chiphersteller TSMC aus Taiwan in Dresden ebenfalls 4.000 Mitarbeiter einstellen. Die „Microtech Academy“ will das Fachkräfte-Problem daher angehen. Mit seinen Bildungsangeboten will das Netzwerk deutschlandweit mehr Jugendliche, aber auch Umsteiger für das Berufsfeld Mikrotechnologie begeistern.

Azubi Jamie-Oliver Lehr am Mikroskop im Reinraum der Universität Magdeburg.
Azubi Jamie-Oliver Lehr am Mikroskop im Reinraum der Universität Magdeburg.
Foto: Jana Dünnhaupt

Im Fokus der Ausbildung an der Uni Magdeburg steht dabei der Reinraum mit seinen Laboren und Geräten zur Herstellung von Computerchips aus Siliziumscheiben, sogenannten Wafern. Ganz ähnlich, wie es später auch im Intel-Werk selbst geschehen soll. Die beiden Azubis des vergangenen Jahres lernen schon jetzt hier, auch Studenten und Doktoranden sollen hier künftig ihre Projekte ausführen.

Rektor Jens Strackeljan spricht von einer exzellenten Ausstattung für den Aufbau einer „Core Facility“ – einer zentralen Einrichtung also, die auch andere Partner für Forschungs- und Ausbildungszwecke nutzen könnten.

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Um dem Fachkräftehunger von Intel und den eigenen Ambitionen gerecht werden zu können, ist der jetzige Reinraum im dritten Stock eines Campusgebäudes auf Dauer zu klein. Die Uni plant deshalb längst mit einem Neubau, möglichst ebenfalls auf dem Campusgelände. „Wir brauchen diesen Raum“, sagt Rektor Strackeljan. „Der Unterhalt aber wäre teuer.“

Tragen würde sich das am ehesten, indem der Raum zumindest zeitweise auch Externen wie Unternehmen für deren Projekte zur Verfügung gestellt würde. Das wiederum ist aber wettbewerbsrechtlich kompliziert. Strackeljan und die Landespolitik suchen derzeit nach Lösungen. Ziel jedenfalls sei eine Einrichtung, in der etwa 20 Auszubildende gleichzeitig arbeiten können, die aber auch Führungen oder Schüler-Praktika ermöglicht sowie gleichzeitig Einnahmen aus Projekten der Wirtschaft generiert. Als Partner hat der Rektor dabei auch Einrichtungen wie die benachbarte Hochschule-Magdeburg Stendal im Blick.

Intel bildet ab Herbst auch selbst Azubis aus - bis zu 20 sollen es zunächst werden

Auch der Chipriese selbst ist unterdessen längst tätig. Im Herbst will der Konzern ebenfalls erstmals bis zu 20 Azubis in der Region ausbilden, kündigte Personal-Managerin Mila Wilson an.

Nach Volksstimme-Informationen ist die Zahl bislang noch nicht erreicht. Parallel führt das Unternehmen aber weiter Bewerbungsgespräche und testet Kandidaten in Assessment-Trainings.

Für den betrieblichen Teil der Ausbildung wurde bis zuletzt noch ein Partner gesucht, denn die Fabriken von Intel stehen noch nicht. Das Arbeiten im Reinraum sollen die Intel-Azubis im dritten Lehrjahr in Leixlip in Irland erlernen. Der Berufsschulpart dagegen wird ab Herbst mit der Premiere einer Mikrotechnologen-Klasse an den Berufsschulen am Krökentor in Magdeburg erfolgen.

Magdeburger Berufsschule steigt in Ausbildung von Mikrotechnologen ein

„Auch für uns ist das Neuland und wir freuen uns darauf“, sagte die stellvertretende Schulleiterin Claudia Höfler der Volksstimme dazu. Auch die künftigen Azubis der Uni sollen die Berufsschule in Magdeburg besuchen. Die ersten beiden Lehrlinge absolvieren ihre Ausbildung noch in den Berufsschulen in Itzehoe in Schleswig-Holstein.

Es ist also einiges in Bewegung in Sachen Fachkräfte-Werbung für Intel. Doch wird das am Ende reichen? Intel-Sprecherin Monika Lischke sagte dazu: „Wir fangen erst einmal gern klein an, skalieren dann aber nach oben.“

Höhere Zahlen will auch die Uni – vor allem in ihren Studiengängen. Im Master für Nanotechnologie strebe man 40 Studienanfänger an, sagt Rektor Strackeljan. Schon aus demografischen Gründen werden viele von ihnen aus dem Ausland kommen.

Das Intel-Werk: Fakten, Kritik & Antworten des Konzerns

Der Chipkonzern mit Hauptsitz im kalifornischen Santa Clara will in Magdeburg eine der modernsten Chipfabriken der Welt bauen. In einer ersten Stufe sollen bis 2027 zwei Fabriken mit rund 3.000 Jobs entstehen. Der Bund fördert das Vorhaben mit knapp zehn Milliarden Euro. Insgesamt sollen rund 30 Milliarden Euro investiert werden. Damit handelt es sich um die größte ausländische Direktinvestition in der deutschen Geschichte.

Unumstritten ist die Ansiedlung nicht. Ökonomen hatten wiederholt die Höhe der Subventionen für die Ansiedlung infrage gestellt. Weitere Kritikpunkte: Rund 1,8 Millionen Tonnen hochwertiger Bördeboden werden für die Ansiedlung abgetragen. Die Erde könnte aber andernorts wiedergenutzt werden. Auch der hohe Wasserverbrauch des Werks wurde hinterfragt. Allerdings plant Intel auch eine Wasseraufbereitungsanlage auf seinem Firmen-Gelände. Aus der regionalen Wirtschaft kamen zuletzt Befürchtungen, Intel könnte durch Abwerbung den Fachkräftemangel verschärfen.

Intel selbst teilte dazu mit: Man könne Sorgen verstehen. Allerdings gebe es viele Bewerbungen von potenziellen Rückkehrern, die ihrerseits Familien mitbringen könnten. Insgesamt sei ein Schwung für die Region zu erwarten. Man sehe daher vor allem positive Aspekte, sagte Sprecherin Monika Lischke.