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Schallplatten Leidenschaft auf Vinyl

Tobias Scholz aus Salzwedel hat eine Leidenschaft: Schallplatten und die Musik darauf. Und das schon, seit er ein Kind war.

Von Annemarie Fehse 10.08.2016, 01:01

Salzwedel l Tobias Scholz sitzt entspannt auf seinem Sofa in Salzwedel und wippt mit dem Finger in der Luft. „Das ist ein Klassiker aus dem Osten“, sagt er, „die erste Scheibe der Puhdys zu dem Film ´Die Legende von Paul und Paula` von 1974.“ Was er damit meint: eine Schallplatte.

Die Musik hat einen vollen Klang, anders als bei einer CD. „Das sagen viele“, bemerkt Tobias, der seit seinem neunten Lebensjahr ein Faible für Schallplatten hat. „Alles fing in der Bibliothek an. Da habe ich mir die Scheiben ausgeliehen“, sagt er. Das seien Bands wie die Beatles, die Rolling Stones oder Pink Floyd gewesen. „Meine älteste ist aber von 1964 von den Yardbirds“, verrät er.

Eine absolute Lieblingsscheibe habe er nicht. „Jede ist für sich besonders. Zum Beispiel die hier“, sagt er und holt das „weiße Album“ der Beatles vorsichtig hervor. „Eine limitierte Edition mit Bildern der Musiker und ein Booklet in Plakatgröße“, so Schulz voller Stolz und streicht über das Vinyl. „Oder die hier“, sagt er plötzlich und holt Musik von Phil Collins heraus. „Das ist die erste Platte, die ich nach der Wende mit Westgeld bezahlt habe.“

Mittlerweile haben sich in Tobias‘ Schrank etwa 350 Scheiben angesammelt. Es wären mehr, wäre da nicht mal ein Unglück passiert. „Ich hatte mal Wasser im Keller, da sind mir einige kaputt gegangen. Das war schrecklich“, sagt er traurig. Vor allem in einer Zeit, in der limitierte Platten immer seltener werden.

„Viele meiner Scheiben habe ich auf dem Sperrmüll gefunden, nach der Wende. Auf einmal wollten alle CDs hören, aber ich nicht“, erzählt Tobias. Heute sind manche Platten Hunderte Euro wert. Größtenteils besorgt sich der gebürtige Magdeburger seine Scheiben bei Ebay, aber in der Landeshauptstadt hat er zwei Läden ausfindig gemacht: Woodstock und Hot Rats, die er regelmäßig besucht.

„Manchmal kaufe ich auch auf Festivals und Konzerten ein“, sagt Tobias. Der Vorteil dabei sei, dass die Scheiben günstiger sind und oft limitiert. „Diese Sonderausgaben sind oft farbig, das finde ich abgefahren“, so Tobias und zeigt eine dieser Editionen: „Nest of Vipers“ von Greenleaf, die Musik – auch abgefahren! Behutsam legt er die Greenleafs auf, wischt mit einem samtenen Reiniger über das lilafarbene Vinyl und setzt die Nadel auf. „In den Rillen ist die Musik“, erklärt er.

Etwa zwölf Songs passten auf eine Scheibe. Nicht viel im Vergleich zu den CDs oder gar zum MP3-Player. „Manche Scheiben enthalten auf der A-Seite eine Band und auf der B-Seite eine andere. Das ist halt günstiger in der Produktion“, klärt Tobias auf. Aber in seinem Schrank befinden sich auch Schallplatten mit nur einem Lied. „Früher waren Single-Editionen auf kleinen Platten, das ist heute nur noch selten der Fall, fast alle sind groß“, sagt Tobias Schulz und lehnt sich wieder zurück zur Musik der Stoner-Rocker.

Vor ein paar Jahren habe es auch noch nicht so viele Schallplatten-Liebhaber gegeben. „Immer mehr Leute finden das abgefahren“, sagt Tobias. „Ist es auch.“ Deshalb sei er froh, dass sich immer mehr Bands darauf einstellen, Vinylscheiben zu verkaufen. Tobias selbst behält alle seine Platten.

Ob er jemals eine weggeben würde? „Niemals!“, sagt er ernst. „Die werden vererbt.“ Im Schrank hat jede Platte ihren eigenen Platz. Aber einige fehlen Tobias noch. Zum Beispiel die alten Alben von Tame Impala. „Die hatte mir mal jemand vor der Nase weggeschnappt“, sagt Tobias. Doch darin bestünde eben diese Leidenschaft: „Wer weiß, auf welche Platte ich demnächst stoße“, sagt er, sinkt wieder ins Sofa und schließt die Augen.