1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Leitender Kriminaldirektor zu 15 Monaten Haft verurteilt

Zweites Urteil im "Deppe-Prozess" / Gericht spricht Angeklagten der Bestechung schuldig Leitender Kriminaldirektor zu 15 Monaten Haft verurteilt

Von Bernd Kaufholz 05.07.2011, 04:38

Das Magdeburger Amtsgericht hat den ehemaligen Vizepräsidenten der Polizeidirektion Nord wegen Bestechlichkeit zu neun Monaten Haft verurteilt. Strafrichter Martin Schleupner bildete unter Berücksichtigung der Betrugsverurteilung vor wenigen Tagen eine Gesamtstrafe von 15 Monaten – drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Somit verliert Hans-Peter Deppe bei Rechtskraft Beamtenstatus und Pensionsanspruch.

Magdeburg. Einzelrichter Schleupner machte gestern in der Urteilsbegründung keinen Hehl daraus, was er von Beamten hält, die sich schmieren lassen. Dabei war sein Ausspruch "Ein starkes Stück" noch die mildeste Schelte für den der Bestechlichkeit überführten Angeklagten Deppe. Dass er einen mehrfach vorbestraften "Finanzberater" damit beauftragte, ihn aus seiner prekären Geldsituation herauszumanöverieren, habe sich der einstige Vizepolizeipräsident der Polizeidirektion Nord in die Hände dieses Mannes gegeben. "Sie haben den Anschein der Käuflichkeit erweckt", so der Richter.

Schleupner schloss sich in seiner Urteilsbegründung der Argumentation von Oberstaatsanwalt Wolfram Klein an. Dieser hatte in seinem Schlussvortrag erneut darauf hingewiesen, dass Deppe an den kriminellen "Entschulder" Christoph Z. für dessen fast einjährige Bemühungen, ihm einen Weg aus den Schulden zu weisen, keinen Cent bezahlt habe.

Allerdings – das habe die Beweisaufnahme gezeigt – habe sich Multiunternehmer Z. von seinen Diensten als "Finanzexperte" Gegenleistungen als "Medienfachmann" erhofft.

Und Deppe sei tatsächlich in diese Falle getappt. Richter Schleupner erklärte: "Der Angeklagte hat sich dafür eingesetzt, dass der Druckauftrag von Visitenkarten für 3200 Polizisten an Z. ging und Z. auch bei der Layout- beziehungsweise Druckvergabe für die Zeitung des Innen-ministeriums und die "PD Nachrichten" berücksichtigt wurde. "Z. hat nicht zu Unrecht damit gerechnet, dass Herr Deppe ihm die Tür zu erheblichen Einkünften öffnet", sagte Schleupner.

"Ich kann als Richter auch keinen befreundeten Dolmetscher für Prozesse mit Ausländern engagieren oder einen mir genehmen Pflichtverteidiger", zog der Richter einen Vergleich. Deppe hätte in die Gelben Seiten gucken müssen, als es darum ging, die Aufträge zu vergeben.

"Sie sind wie Dr. Jeckyll und Mr. Hyde", wandte sich Schleup-ner an Deppe. "Einerseits wird Ihnen bescheinigt, einer der fünf besten Polizeibeamten im Land zu sein. Andererseits schaffen Sie es nicht einmal allein, mit Ihren Schuldnern Kontakt aufzunehmen und um Stundung zu bitten."

Auch das Innenministerium bekam sein Fett weg. Dort sei die dramatische Überschuldung Deppes, die erst zu dessen Straftaten geführt hatte, seit 2002 bekannt gewesen. Niemand habe jedoch ordentlich reagiert. Schleupner sagte: "Da sitzen Leute, die von Tuten und Blasen keine Ahnung haben."

Christoph Z., auf dessen ominösem "Firmensitz" in Genthin (Jerichower Land) bei der Hausdurchsuchung auch Drogen und gestohlene Autoteile gefunden worden waren, wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 3300 Euro verurteilt.

Die Anwälte beider Angeklagten hatten in ihren Plädoyers Freispruch beantragt.

Rechtsanwalt Perry Andrae kündigte bereits an, dass sein Mandant Deppe in Berufung gehen werde.Meinung I