Leseranwältin Vom sensiblen Umgang mit Kontakten
Nach dem Recherchieren und vor dem Schreiben eines Artikels stehen wir Journalisten vor der Qual der Wahl. Fast immer haben wir viel mehr Informationen zusammengetragen, als wir überhaupt veröffentlichen können, zum Beispiel, weil der Platz begrenzt ist oder weil Presserecht und ethische Berufsregeln Grenzen setzen. Was Sie in der Volksstimme lesen, ist das Ergebnis einer Abwägung: Welche Informationen dürfen wir öffentlich machen, welche nicht? Welche sind für das Verständnis eines bestimmten Sachverhalts unbedingt notwendig, welche verzichtbar? Unser Blick richtet sich dabei auf ein breitgefächertes Publikum mit sehr unterschiedlichen Interessen und Vorkenntnissen. Es liegt auf der Hand, dass ein Text nicht auf sämtliche Aspekte eines Themas eingehen kann.
Manche Leserinnen und Leser, die spezielle Fragen haben, wenden sich dann an die Redaktion. Wenn es sich um Informationen aus ohnehin öffentlich zugänglichen Quellen handelt (etwa auf einer Internetseite nachzulesen ist), helfen wir gern mit einem Hinweis weiter. Anders sieht es mit Informationen aus, die wir als Journalisten bei unseren Recherchen erlangt haben, die jedoch im Falle des Informantenschutzes dem Redaktionsgeheimnis unterliegen bzw. aus Gründen des Persönlichkeitsrechts und des Datenschutzes nicht in die Öffentlichkeit gehören. Öffentlichkeit bedeutet in diesem Zusammenhang: außerhalb der Redaktion, egal ob die Information 1000 oder nur einem Nicht-Redaktionsmitglied bekannt würde.
Dies ist auch der Fall, wenn ein Leser um Telefonnummer oder Mailadresse etwa einer Leserbriefschreiberin bittet, mit der er persönlich sprechen möchte. Kontaktdaten von Dritten geben wir generell nicht ohne deren ausdrückliches Einverständnis heraus. Wir haben dann nur die Möglichkeit, die Bitte unsererseits an die Autorin weiterzureichen. Allein sie kann entscheiden, ob sie ihrerseits Kontakt aufnehmen will oder nicht. Übrigens: Auch Namen und Kontaktdaten des anfragenden Lesers dürfen wir wiederum nur übermitteln, wenn dieser damit einverstanden ist. Umständlich? Durchaus. Aber notwendig. Wer würde einer Redaktion vertrauen, die mit dem, was ihr anvertraut wird, schludrig umginge?