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Masern Zu wenige Kinder geimpft

Sachsen-Anhalt schwächelt im Kampf gegen die Masern: Kleinkinder werden zu spät geimpft. Auch Erwachsene haben oft nur ungenügenden Schutz.

Von Alexander Walter 30.08.2017, 01:01

Magdeburg l Die Spätfolgen der Masern sind mitunter dramatisch. Zuletzt erkrankte in Halle ein Patient an einer schweren, durch Masern ausgelösten Hirnentzündung. Die verläuft fast immer tödlich.

Mit der Impfung gibt es zwar eine wirksame Vorbeugung. Aber erst, wenn 95 Prozent der Bevölkerung geimpft sind, kann sich das Virus nicht mehr ausbreiten. Die ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt für einen umfassenden Schutz zwei Impfungen bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr. Dieses Ziel verfehlt Sachsen-Anhalt bei weitem. So haben nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) nur knapp 75 Prozent der Kinder, die 2013 hier geboren wurden, die zweite Impfdosis erhalten. Regional liegt die Quote teils noch darunter. Schlusslicht ist mit nur 62 Prozent der Salzlandkreis. Besonders niedrig ist der Anteil zudem in der Altmark, im Harz sowie im Süden des Landes.

Die tatsächlichen Zahlen könnten noch unter den offiziellen Statistiken liegen, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Denn: Ein nicht geringer Teil der Kinder habe nicht einmal einen Impfpass. Das Landesamt für Verbraucherschutz geht derzeit davon aus, dass erst bis zur dritten Klasse mehr als 95 Prozent der Kinder geimpft sind.

Viel zu spät, sagen Experten. Das Risiko für Komplikationen wie Lungenentzündungen steige bei Erkrankungen in den ersten Lebensjahren, heißt es im RKI-Impfbericht. Eine frühzeitige Immunisierung sei auch deshalb wichtig, weil die Möglichkeit einer Ansteckung mit dem Besuch von Kindertageseinrichtungen ansteigt.

Im Bundesvergleich liegt Sachsen-Anhalt mit den Zahlen auf Rang 10. Spitzenreiter ist Hamburg mit einer Impfquote von 81 Prozent. Sachsen stellt mit knapp 29 Prozent das Schlusslicht. Dort gibt es allerdings eine eigene Impfkommission, die die zweite Impfung erst zum vierten Lebensjahr empfiehlt.

Um die Impfquoten zu heben, hat der Bund im Juli ein neues Gesetz verabschiedet. Kitas sind ab sofort verpflichtet, Eltern beim Gesundheitsamt zu melden, die bei der Anmeldung ihrer Kinder keinen Nachweis über eine Impfberatung vorlegen können. Die Behörde soll so die Möglichkeit erhalten, Eltern für eine Beratung zu gewinnen. Bislang konnten Kitas solche Fälle melden, mussten das aber nicht.

Dem Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte geht das nicht weit genug: Nur noch geimpfte Kinder sollen einen Kita-Platz bekommen, fordert die Organisation. Ludwig Patzer, stellvertretender Landesvorsitzender, unterstützt den Vorstoß: „Man muss alle Register ziehen, um Eltern zu überzeugen.“

Eine generelle Impfpflicht gegen Masern, wie sie Italien kürzlich eingeführt hat, lehnt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) derweil ab. Das Problem seien weniger Impfverweigerer als Eltern, die die zweite Impfung schlicht vergessen.

Nicht nur Kleinkinder sind unzureichend geschützt. Unter den nach 1970 geborenen Erwachsenen hat laut RKI oft nicht einmal die Hälfte ausreichenden Impfschutz. Expertin Glasmacher rät 20- bis 40-Jährigen daher dringend, ihren Impfstatus überprüfen zu lassen.

Die Zahl der Erkrankungen in Deutschland schwankt. 2016 gab es 325 Fälle, im ersten Halbjahr 2017 bereits 800. Sachsen-Anhalt war mit 10 Fällen kaum betroffen. Das sei aber nur zum Teil Verdienst durch Impfungen, sagt RKI-Sprecherin Glasmacher. „Sachsen-Anhalt hatte da einfach auch Glück.“