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Medizin Auf Ärztefang in Sachsen-Anhalt

Wolfsburg wirbt mit hohen Zuschüssen um Niederlassungen. CDU-Gesundheitspolitiker meinen: "Aktion zu Lasten Dritter".

Von Alexander Walter 23.07.2019, 01:01

Magdeburg l Eine Werbeaktion der Stadt Wolfsburg in Magdeburg, Halle und Merseburg sorgt für Ärger in Sachsen-Anhalt. Auf Plakaten an belebten Plätzen wirbt die Autobauer-Stadt um junge Mediziner aus dem Land. Zu sehen: Eine junge Ärztin mit Stethoskop um den Hals, darunter der Spruch: „Wolfsburg braucht dich!“ Das Angebot scheint nicht unattraktiv. Wer sich in einem unterversorgten Fachgebiet in Wolfsburg niederlässt, erhält bis zu 50.000 Euro Zuschuss. Zudem verspricht die Stadt Hilfe bei der Suche nach einer Praxis, Wohnort oder Kindergarten.

Interessant sein könnte das vor allem für Mediziner aus Magdeburg. Die Fahrt in die Volkswagen-Stadt dauert von hier aus über die A2 nur eine Stunde. Das Problem: Sachsen-Anhalt braucht in den kommenden Jahren selbst massenweise junge Ärzte, wirbt längst selbst mit Förderangeboten. Mehr als die Hälfte der Mediziner im Land ist älter als 50. Allein in diesem Jahr sind laut Kassenärztlicher Vereinigung (KV) 140 Hausarztpraxen neu zu besetzen.

Tobias Krull, CDU-Gesundheitspolitiker im Landtag, sieht im Vorstoß aus Wolfsburg eine Aktion zu Lasten Dritter: „Das ist nicht gerade ein fairer Umgang miteinander“, sagte er. Er könne die Wolfsburger verstehen. „Das Grundproblem aber haben wir genauso.“ Für Guido Lenz, Geschäftsführer im Städtischen Klinikum Magdeburg mit 1600 Mitarbeitern, kommt die Aktion indes wenig überraschend. Lief Abwerbung bislang eher über Anrufe oder Headhunter, sei diese Aktion nur besonders augenfällig, sagte er. „Wir können den Wolfsburgern solche Aktionen nicht verbieten.“

Auch das Sozialministerium hält sich mit Kritik zurück: „Der Wettbewerb der Bundesländer um Fachkräfte ist nicht neu, aber härter geworden“, sagte ein Sprecher. So habe Mecklenburg-Vorpommern 2009 gezielt Lehrer im Westen mit der Aussicht auf Verbeamtung und Baugrundstücke an der Ostsee abgeworben. Während die Kultusminister daraufhin vereinbarten, auf direkte Abwerbung von Pädagogen über Ländergrenzen hinweg zu verzichten, gibt es ähnliche Regeln bei Ärzten nicht.

Das Ministerium ergänzte, man dürfe im Wettbewerb nicht nachlassen und verwies auf Anstrengungen, Ärzte zu binden: darunter eine neu eingeführte Quote von Studienplätzen für spätere Landärzte. CDU-Politiker Krull empfahl, eigene Bemühungen noch zu verstärken. Dazu gehörten Jobangebote, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf besser ermöglichen. SPD-Landtagsabgeordnete Angela Kolb-Janssen riet auch zu mehr Gelassenheit. Bei weichen Standortfaktoren brauchten Magdeburg und Halle sich wahrlich nicht zu verstecken. „Wolfsburg lockt als Stadt nicht wirklich.“