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Kreditgebühren Milliarden zurück für Kreditkunden

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes können Bankkunden zehn Jahre rückwirkend die Gebühren für Kredite zurückfordern. Aber nur noch bis zum Jahresende - und ein einfaches Schreiben an die Bank reicht nicht mehr aus. Bei den Verbraucherzentralen herrscht darum Hochbetrieb.

Von Silke Janko 15.12.2014, 02:27

Magdeburg l "Die Leute rennen uns die Bude ein, weil die Verjährungsuhr tickt", sagt Sven Kretzschmar, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. Obwohl das Bundesgerichtshof-Urteil zur Verjährung von Kreditgebühren seit Oktober bekannt sei, wachen viele Kreditnehmer erst jetzt auf.

Verbraucherportale wie finanztip.de bieten Musterbriefe an. Allein von der Internetseite der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt wurden die Musterseiten 10000 Mal heruntergeladen. Tausende Kreditnehmer haben per Musterbrief schon ihre Ansprüche bei den Banken und Sparkassen angemeldet.

Viele Institute reagierten entweder gar nicht oder führen dubiose Begründungen für ihre Zahlungsverweigerung an. Verbraucherschützer Kretzschmar mutmaßt, dass die Banken auf Zeit spielen mit dem Ziel, Erstattungsansprüche abzuwehren. Denn: In 17 Tagen greift die Verjährungklausel.

Wie viele Bearbeitungsgebühren die Banken den Kunden bereits erstattet haben, ist offenbar ein großes Geheimnis. Sowohl der Banken- als auch der Sparkassenverband erklärten, keine Angaben zu haben. Auch die Stadtsparkasse Magdeburg lässt sich nicht in die Karten schauen. Sprecher Mathias Geraldy erklärte lediglich: "Bei Kundenanfragen prüfen wir den Einzelfall, wobei wir uns am BGH-Urteil orientieren und entsprechend regulieren."

Deutschlandweit geht es um Milliarden Euro. Laut Statistischem Bundesamt wurden zwischen 2005 und 2013 rund 64 Millionen Ratenkredite ausgegeben mit einem Umfang von rund 1260 Milliarden Euro. Wäre nur jeder zweite Kredit mit einer Bearbeitungsgebühr von zwei Prozent belastet, müssten die Banken rund 13 Milliarden Euro an Bearbeitungsgebühren erstatten.

Pro Verbraucherkredit geht es je nach Kredithöhe um mehrere Hundert Euro plus Zinsen. "Die Leute müssen jetzt schnell auf die Ablehnungen reagieren, sonst knallen bei den Banken die Sektkorken", so Kretzschmar. Von sich aus erstatten die Banken die Gebühren nicht.

Ein einfaches Schreiben an die Bank oder Sparkasse reicht allerdings nicht mehr aus. Wenn das Institut in diesem Jahr nicht mehr antwortet, verjähren zum 31. Dezember die Rückforderungsansprüche. Wer seine Rechte sichern will, muss entweder einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder den Ombudsmann des jeweiligen Geldinstituts einschalten.

Der Bundesgerichtshof hatte im Mai Kreditbearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite, egal ob für ein Auto, Möbel oder Immobilien, für unzulässig erklärt. Kreditbearbeitung sei Sache der Banken und keine Dienstleistung, die sie sich von Kunden extra bezahlen lassen dürfen. Die Gebühren seien daher zurückzuzahlen, urteilten die Karlsruher Richter.

Ende Oktober hoben sie die dreijährige Verjährungsfrist auf und verlängerten sie auf zehn Jahre. Danach verjähren alle zwischen dem 1. Januar 2005 und 31. Dezember 2011 gezahlten Bearbeitungsgebühren zum Jahresende 2014. Für ab 2012 gezahlte Bearbeitungsgebühren gilt wieder die dreijährige Verjährungsfrist, die damit 2015 endet.