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Mundschutz AfD lässt die Maske fallen

Soll die Maskenpflicht in Sachsen-Anhalt abgeschafft werden? Dazu gab es im Landtag eine hoch emotionale Debatte.

Von Michael Bock 12.09.2020, 01:01

Magdeburg l Landtags-Vizepräsident Wulf Gallert (Linke) ist von Haus aus Diplom-Pädagoge. Seine erzieherischen Fähigkeiten sind bei der Debatte gefragt. Immer wieder muss Gallert Parlamentarier zu Gelassenheit und Contenance mahnen: „Zügeln Sie Ihr Temperament.“ Irgendwann platzt selbst dem sonst so besonnenen Linken-Politiker der Kragen, und er herrscht den AfD-Politiker Matthias Büttner mit lauter Stimme an: „Herr Büttner, Mensch, Ruhe!“ redet sich schnell in Rage.

Woher kommt die Aufregung? Es geht um einen Antrag der AfD. Diese fordert, die Maskenpflicht in Sachsen-Anhalt abzuschaffen – „Freiwilligkeit statt Zwang“.

Hierzulande gilt seit dem 2. Mai eine Maskenpflicht in Bus und Bahn sowie in Geschäften. AfD-Gesundheitspolitiker Ulrich Siegmund redet sich schnell in Rage. „Masken sind Virenschleudern“, sagt er. Weltweit hätten sie keinen positiven Effekt auf Ansteckungszahlen. Es gebe keine wissenschaftliche Grundlage für den Einsatz einer verpflichtenden Mund-Nasen-Bedeckung, behauptet er. Über die Medien werde die Corona-Angst geschürt. Warum? „Ein Volk in Angst lässt sich leichter kon­trollieren.“ Und überhaupt: Die Landtagsabgeordneten selbst würden sich nicht an die Corona-Regeln halten und Mindestabstände missachten.

SPD-Fraktionssprecher Martin Krems-Möbbeck twittert mit Blick auf die AfD: „Es zeigt sich immer wieder: Faschist und Vollpfosten ist kein Widerspruch.“

Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) weist die Anwürfe der AfD zurück. „Wir legen der Bevölkerung doch nicht aus Jux und Dollerei weitreichende Pflichten auf“, sagt sie. Die Maskenpflicht diene dazu, Risikogruppen zu schützen und die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Die Ministerin zitiert eine neue Studie,, wonach Masken und Stoßlüften in Klassenräumen das Infektionsrisiko auf ein Zehntel reduziere.

Eva von Angern, Vize-Fraktionschefin der oppositionellen Linken, wirft der AfD „verantwortungslosen populistischen Übermut“ vor. „Sie reiten die Welle der Angst. Schämen Sie sich!“ Niemand trage die Maske zum Spaß: „Es ist noch nicht vorbei.“ Das Tragen vermindere das Risiko eines nächsten Lockdowns. Von Angern kritisiert, dass Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) auf ein Bußgeld für Maskenverweigerer verzichtet. „Aus Angst vor dem Volk“ tue er nicht das Richtige. Sachsen-Anhalt ist das einzige Bundesland, das keine Geldbußen bei Verstößen verhängt. Hierzulande sind die Infektionszahlen vergleichsweise gering.

Auch die Grünen, Koalitionspartner der CDU, halten ein Bußgeld für Maskenverweigerer für angebracht. „Wer andere gefährdet, sollte das auch im Geldbeutel spüren“, sagt Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. „Die vernünftigen Maskenträger sollten sich nicht als die Dummen fühlen, wenn ein paar Wenige gezielt Regeln unterlaufen und dafür nicht spürbar zur Rechenschaft gezogen werden können“, betont Lüddemann. Die Akzeptanz der Maskenpflicht sei hoch, und die übergroße Mehrheit der Menschen halte sich an die Vorgaben. Lüddemann: „Ich glaube, die meisten fühlen sich nicht gegängelt, sondern sehen die Notwendigkeit schlicht ein.“

CDU-Gesundheitspolitiker Tobias Krull verhehlt nicht, dass auch er in der Bußgeld-Frage persönlich eine andere Auffassung als der Ministerpräsident vertrete. Er betont indes: „Es ist wissenschaftlich nachgewiesen: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes kann bei korrekter Anwendung das Übertragungsrisiko von Krankheiten erheblich senken.“

AfD-Mann Siegmund attackiert die anderen Parteien: „Das Thema Maskenpflicht ist zu einer Ersatzreligion geworden, an der Sie bis zum letzten Atemzug festhalten wollen.“ CDU, SPD, Grüne und Linke lehnen den AfD-Antrag zur Abschaffung der Maskenpflicht unisono ab.