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Nationalpark Harz Urwald wächst seit zehn Jahren

Buchenwälder, Moore, Bergwiesen - Niedersachsen und Sachsen-Anhalt haben seit zehn Jahren im Harz einen gemeinsamen Nationalpark.

01.01.2016, 08:38

Wernigerode (dpa/tw) l Der Harz ist auf dem Weg zum Urwald. Zehn Jahre nach dem Zusammenschluss der beiden Nationalparke Hochharz in Sachsen-Anhalt und Harz in Niedersachsen gehört bereits mehr als die Hälfte des Schutzgebietes zur sogenannten Kernzone, in die Menschen nicht mehr aktiv eingreifen. Spätestens 2022 sollen drei Viertel des Nationalparks Harz auf dem Weg zum Urwald sein, sagt Leiter Andreas Pusch. Am 7. Januar wird das zehnjährige Bestehen des Schutzgebietes mit einem gemeinsamen Festakt der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt in der Goslarer Kaiserpfalz gefeiert.

Die Gründungsphase des ersten länderübergreifenden Nationalparks in Deutschland war dagegen nicht allzu harmonisch verlaufen. Es gab Streit um den Namen, den Verwaltungssitz und die Leitung. In der Debatte sei altes Ost-West-Denken bestimmend gewesen, beklagte eine Regionalzeitung. Als die damaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff und Wolfgang Böhmer (beide CDU) im Jahr 2006 dann nach langem Hick-Hack endlich doch die Fusion zelebrierten, war dagegen bereits von einem Erfolgsmodell die Rede.

Heute, zehn Jahre später, könne er das nur unterstreichen, sagt Andreas Pusch, der den Nationalpark am Verwaltungssitz Wernigerode in Sachsen-Anhalt leitet. Auf dem Weg zum Ziel, weite Teile des 24 700 Hektar großen Gebietes mit seinen Wäldern, Mooren und Bergwiesen der Natur zurückzugeben, gehe es gut voran. Die Kernzone ist seit der Fusion der Parks um rund 2500 auf fast 14 500 Hektar gewachsen. "Dort wird kein Holz mehr geschlagen. Es gibt keine Pflanzungen mehr. Dort können sich jetzt ungestört Urwälder entwickeln."

Die Hauptarbeit des Nationalparks mit seinen rund 40 Rangern werde auch in den kommenden Jahren darin bestehen, "der Buche gegen die Fichte auf die Sprünge zu helfen", sagt Pusch. Denn der Urwald soll noch deutlich größer werden. "Wir führen dabei keinen Feldzug gegen die in den vergangenen Jahrhunderten von Menschen gepflanzten Fichten. Aber wir lockern die Bestände auf und bringen Buchen durch Pflanzung an den Start. Wer dann am Ende stärker ist, setzt sich durch. Wir vermuten, dass das in vielen Bereichen die Buche sein wird."

Auf anderen Flächen setzt der Borkenkäfer den Fichtenmonokulturen so zu, dass sie absterben. Der Anblick toter Bäume sei sicher gewöhnungsbedürftig, sagt Pusch. Der Nationalpark sehe Borkenkäfer aber als Teil der natürlichen Waldentwicklung. Auf befallenen Arealen siedelten sich von selbst standortgerechte Laubbäume an. Obwohl manche Harzer noch immer Probleme mit sterbenden Fichten haben, sei die allgemeine Akzeptanz des Nationalparks in der Bevölkerung aber spürbar gestiegen.

Hauptattraktion des Schutzgebietes ist der Brocken. Auf den mit 1141 Metern höchsten Berg Norddeutschlands kommen nach einer aktuellen Erhebung jährlich rund 700 000 Menschen. Frühere Schätzungen waren zwar von höheren Zahlen ausgegangen. Er sei er dennoch zufrieden, auch mit dem Besucherzuspruch in den acht Nationalpark-Zentren, sagt Pusch. Allein auf Torfhaus lassen sich pro Jahr etwa 120 000 Menschen über die Ziele des Parks informieren. Auch das Interesse an Führungen der Ranger sei ungebrochen.

Die Gäste müssen sich allerdings darauf einstellen, dass künftig weniger Wege durch das Schutzgebiet führen. Etwa 75 der insgesamt 800 Kilometer werden nach und nach geschlossen. "Dadurch werden die Ruhezonen für die Tiere größer", sagt Pusch.

Mehr ungestörte Areale könnte dann auch ein Tier haben, "auf das wir hier immer noch warten", sagt Pusch. Erstaunlicherweise sei der Wolf - im Gegensatz zum wieder angesiedelten Luchs – im Harz nämlich noch nicht angekommen. "Ich denke aber, er wird früher oder später hier auftauchen", meint der Nationalparkleiter. "Wir sind gespannt, wie er sich in den Wäldern verhält. Und ich hoffe, dass die Harzer den Wolf akzeptieren werden."