Verbund Netzwerk soll den Krebs entschlüsseln
Die Magdeburger Uniklinik will einem Verbund beitreten, welcher Krebspatienten behandelt.
Magdeburg l Die Uniklinik Magdeburg will zum anerkannten Spitzenzentrum für die Behandlung von Krebserkrankungen aufsteigen. Dazu beteiligt sich das Haus an einem Netzwerk mit der Charité Berlin und dem Krukenberg-Krebszentrum Halle. Hinter Letzterem stehen das onkologische Zentrum der Unimedizin Halle sowie der medizinischen Fakultät und weiterer Kliniken der Region.
Der Partner Charité spielt bereits seit 2009 in der höchsten Liga onkologischer Spitzenzentren. Die Einrichtungen werden durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifiziert und gefördert. Auch das Krukenberg-Krebszentrum Halle ist als onkologisches Zentrum bereits etabliert, den Aufstieg in die höchste Liga streben die Hallenser aber erst an.
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Sachsen-Anhalt. Allein 2018 erkrankten mehr als 14. 000 Menschen neu. 3200 Patienten wurden zuletzt pro Jahr an der Uniklinik Magdeburg behandelt.
Die Medizin hat bei der Therapie in den vergangenen Jahren teils spektakuläre Erfolge erzielt. Dank neuer Verfahren wie der Immuntherapie sind in manchen Fällen Tumorerkrankungen selbst im fortgeschrittenen Stadium gut behandelbar. Die Überlebensrate für Krebs insgesamt ist seit den 1980er Jahren entsprechend gestiegen.
Das gilt aber längst nicht in jedem Fall. Bei Bauchspeicheldrüsenkrebs etwa sind die Heilungschancen nach wie vor schlecht. "Krebserkrankungen sind hochkomplex", sagte Magdeburgs Uniklinikchef Hans-Jochen Heinze gestern bei der Auftaktveranstaltung fürs neue Netzwerk. "Wir wissen noch immer nicht, was manche Patienten auf bestimmte Behandlungen ansprechen lässt und andere nicht." Das soll sich ändern.
Krebs ist nicht gleich Krebs. Dem Netzwerk geht es darum, für jeden Patienten schnell die wirksamste Behandlung zu entwickeln. Dafür entschlüsseln die Forscher etwa den genetischen Fingerabdruck von Tumoren und testen, auf welche Therapie diese am besten ansprechen. Die Ergebnisse besprechen die Mediziner in Tumorbesprechungen – auch hausübergreifend in Videokonferenzen.
Seine Schlagkraft werde das Netzwerk vor allem aus dem gemeinsamen Datenpool und der schnellen Übertragung interdisziplinärer Forschungserkenntnisse auf die Behandlung gewinnen, sagte Ulrich Keilholz, Chef des Onkologischen Spitzenzentrums der Charité.
Die Uniklinik Magdeburg sieht ihre Stärken dabei vor allem in der hochauflösenden Bildgebung. Heißt: bei der Diagnose von Tumoren, aber auch in der Immunologie. Dabei geht es etwa um die Frage, welche Rolle Entzündungen für Entstehung und Entwicklung von Krebserkrankungen spielen. Gelingt der Aufstieg zu einem gemeinsamen onkologischen Spitzenzentrum ,würde dieses mit den Standorten Berlin, Halle und Magdeburg die Versorgung von insgesamt acht Millionen Menschen übernehmen.
Berliner Charité, Krukenberg-Zentrum Halle und Uniklinik Magdeburg arbeiten auch zusammen, weil sie sich Fördergeld der Deutschen Krebsgesellschaft und damit Mittel für Forschung und Therapien erhoffen. Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD) sagte, die Kooperation sei bedeutsam für das Land, die Versorgung von Krebspatienten werde ausgebaut.
Die Deutsche Krebsgesellschaft fördert onkologische Spitzenzentren seit 2007. Bislang hat sie 127 Millionen Euro investiert. Derzeit gibt es 14 solcher Einrichtungen in Deutschland, die meisten im Süden und Westen. Die größte, ein Zusammenschluss von vier Universitäten, befindet sich in Nordrhein-Westfalen.
Mitteldeutschland ist bislang nicht vertreten. Die nächsten Spitzenzentren neben der Charité Berlin befinden sich in Dresden und Hamburg.