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In möglicher Korruptionsaffäre im Jerichower Land wird Verfahren gegen Ex-Revierleiter eingestellt Oberlandesgericht nimmt Landrat vor mutmaßlichem Kronzeugen in Schutz

Von Michael Bock 19.07.2012, 05:22

Im Zusammenhang mit einer möglichen Korruptionsaffäre hat der Landrat des Jerichower Landes, Lothar Finzelberg (parteilos), vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg einen juristischen Sieg errungen. Ein mutmaßlicher Kronzeuge darf bestimmte, Finzelberg belastende Behauptungen nicht mehr verbreiten.

Magdeburg/Burg l Der Kaufmann Stefan Euer hatte im vorigen September Finzelberg schwer belastet. Der Landrat habe von dem inzwischen in anderer Sache rechtskräftig verurteilten Uwe Schneider (Euers damaliger Geschäftsfreund, d. Red.) Geld erhalten und im Gegenzug Genehmigungen für die Müllverkippung in Tongruben erhalten, sagte er seinerzeit der Volksstimme. Die Rede war von 60000 Euro, übergeben in einem weißen Umschlag. Euer beteuerte, er sei bei der Geldübergabe dabei gewesen.

Die Staatsanwaltschaft Stendal wirft Finzelberg vor, zwischen 2003 und 2007 370000 Euro angenommen zu haben.

Finzelberg ging gerichtlich gegen die Behauptungen des mutmaßlichen Kronzeugen vor. Das Landgericht Stendal erließ eine einstweilige Verfügung gegen Euer. Diesem wurde untersagt zu behaupten, dass der Landrat im Zusammenhang mit dem Müllskandal von Uwe Schneider 2005 ein Kuvert entgegengenommen habe, in dem 60000 Euro enthalten gewesen seien. Die 3. Zivilkammer beschloss zudem, Euer dürfe nicht mehr verbreiten, dass Finzelberg im Zusammenhang mit einer Genehmigung für ein Hotelprojekt in Genthin gesagt haben soll: "Diesmal ist die Sache kostenlos, beim nächsten Mal kostet es etwas." Auch die Äußerung "Hier sitzt ein Kommunalpolitiker, der die Hand aufhält (...)" darf Euer nicht wiederholen.

Euer zog vor das OLG Naumburg, das seine Berufung jetzt zurückwies. "Es sei Euer nicht gelungen, die Wahrheit der von ihm aufgestellten Behauptungen glaubhaft zu machen", heißt es in der Begründung.

Inzwischen wurde bekannt, dass Euer für eine Aussage gegen Finzelberg offenbar auf eine Zahlung der Justiz von 100000 Euro gehofft hatte. Die Staatsanwaltschaft Stendal lehnte das aber ab; das sei eine verbotene Vernehmungsmethode.

Euer hatte im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Korruptionsaffäre zudem behauptet, dass der frühere Leiter des Polizeireviers Burg, Armin Friedrichs, von Uwe Schneider mehrfach bestochen worden sei. Auch hier will Euer bei den Übergaben von Geld und anderen Leistungen dabei gewesen sein.

Friedrichs soll die illegale Müllverkippung in den Tongruben Vehlitz und Möckern (beide Jerichower Land) gedeckt haben, beteuerte der mutmaßliche Zeuge. Er behauptete unter anderem: "Müllfahrer haben eine bestimmte Nummer bekommen, die sie im Fall einer Polizeikontrolle anrufen sollten." Friedrichs bestreitet die Vorwürfe.

Das Innenministerium teilte gestern unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Stendal mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen Friedrichs "mangels hinreichenden Tatverdachts" eingestellt worden sei. Friedrichs waren Untreue und andere Delikte, darunter Bestechlichkeit, vorgeworfen worden.

Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) im vorigen September Friedrichs aus der Schusslinie genommen. Der Polizist war "aus Fürsorgegründen und mit Verweis auf die Unschuldsvermutung" ins Technische Polizeiamt in Magdeburg abgeordnet worden.

Ab Montag wird er wieder als Leiter im Polizeirevier Börde (Haldensleben) - dort ist Friedrichs seit Februar 2010 - eingesetzt.