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Prügelbanden Einhalt gebieten Polizei warnt vor Selbstjustiz: Jugendliche in Halle gehen selbst gegen kriminelle Banden vor

Sie tragen Schlagstöcke, Messer und haben Pfefferspray dabei: Kriminelle Gruppen verbreiten unter Schülern in der Stadt Angst und Schrecken. Jetzt organisieren sich schnelle Eingreiftruppen. Die Polizei ist besorgt.

Von Dirk Skrzypczak 31.03.2022, 20:00
Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle war vor einer Woche Schauplatz einer brutalen Attacke auf Jugendliche.
Das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle war vor einer Woche Schauplatz einer brutalen Attacke auf Jugendliche. Foto: Silvio Kison

Halle (Saale)/MZ - Dreht sich unter Jugendlichen in Halle die Gewaltspirale weiter nach oben? Dass kriminelle Banden, die selbst aus jungen Menschen bestehen, in der Stadt Angst und Schrecken verbreiten, wollen Jugendgruppen nicht mehr hinnehmen. „Es gibt Chats in sozialen Netzwerken, in denen sich bis zu 80 Personen organisieren. Kommt es wieder zu Überfällen, dann wollen sie schnell eingreifen und Betroffenen helfen“, schildern Jugendliche der MZ. Zuletzt waren bei einem Angriff mit einem Schlagstock am Landesmuseum mehrere Jugendliche verletzt worden, zwei mussten ins Krankenhaus.

Polizei bittet um Videos und Fotos der Angriffe

„Selbstjustiz ist keine Lösung, sie schafft nur neue Probleme. Wir raten dringend davon ab, sich in solchen Gruppen zu organisieren oder gar als Eingreiftruppe aufzutreten“, sagte Polizeisprecher Thomas Müller am Donnerstag der MZ. Strafverfolgung sei Sache der Justiz. „Wir bitten Geschädigte oder Zeugen, die derartige Straftaten beobachten, sich bei der Polizei zu melden“, so Müller. Wer Video- oder Bildaufzeichnungen von Angriffen und Überfällen besitze, sollte sie der Polizei zur Verfügung stellen, meint Müller. „Wir stellen auch fest, dass immer weniger Beteiligte bereit sind, auszusagen. Das ist ein Problem. Dabei brauchen wir Hinweise, um gegen die Täter vorgehen zu können.“

Unterdessen melden sich immer mehr Betroffene bei der MZ. „Erst vor acht Wochen wurden mein Sohn und sein Freund vor einem Fitnesscenter von südländisch aussehenden und gebrochen Deutsch sprechenden Jugendlichen körperlich bedroht und ausgeraubt“, schildert eine Mutter. Und sie übt Kritik an der Arbeit der Polizei. Trotz Anzeige und vorhandener Videoüberwachung sei die Polizei nicht in der Lage gewesen, Videomaterial zu sichern, „geschweige denn weiterführende Ermittlungen aufzunehmen“. Wenn seitens der Behörden nicht zeitnah und konsequent umgedacht werde, „werden aus kriminellen Jugendlichen kriminelle Erwachsene“.

Das sagt die Polizei zur Herkunft der Täter

Das Thema Täterherkunft spielt für Betroffene und ihre Eltern eine wichtige Rolle. Am Freitag vor dem Landesmuseum, so schildern es Jugendliche und ihre Eltern, sollen die Täter Jugendliche mit Migrationshintergrund gewesen sein. Von Clankriminalität ist die Rede und Großfamilien, die hinter den Tätern stünden. 15 Verdächtige konnte die Polizei nach diversen Überfällen in den vergangenen Wochen ermitteln. „Das Alter der Beschuldigten liegt zwischen 14 und 26 Jahren. Hier handelt es sich um Personen sowohl deutscher als auch anderer Nationalitäten. Eine Clankriminalität kann seitens der Polizei ausgeschlossen werden“, sagt Müller. Er sagt aber auch: „Wir gehen allen Hinweisen nach.“

In sozialen Netzwerken wird über das Thema ausgiebig diskutiert. „Man hat in Halle allgemein so viel geschlossen, wo sich Jugendliche hätten treffen können und es auch nicht zu solchen Angriffen kommen würde. Dass so etwa passiert, war eine Frage der Zeit. Ob es Deutsche oder Ausländer waren, spielt keine Rolle. Die Täter sollten alle bestraft werden“, heißt es in einem Kommentar. Ein anderer MZ-Leser fordert den Einsatz von Sicherheitsdiensten an Jugendtreffpunkten, um die Polizei zu unterstützen.

Müller hatte gegenüber der MZ bereits angekündigt, dass das Revier Halle, unterstützt von Einsatzkräften der Bereitschaftspolizei, verstärkt die bekannten Treffs im Stadtgebiet kontrollieren werde. „Wir nehmen die Lage sehr ernst“, sagt er.