Polizeispitze Schwere Fehler nach Prügel-Attacke
Nach der Prügel-Attacke in einer Magdeburger Straßenbahn hat die Polizei Fehler eingeräumt. Stahlknecht fordert eine „knallharte Strafe“.
Magdeburg l Nach der brutalen Prügelattacke in einer Straßenbahn in Magdeburg hat Sachsen-Anhalts Polizeispitze schwere Ermittlungsfehler eingeräumt. „Noch am Tatort ist es zu Fehleinschätzungen gekommen, die zu nicht hinnehmbaren Verzögerungen der weiteren Ermittlungen geführt haben“, sagte Innenminister Stahlknecht am Freitag der Volksstimme. Die Leiterin der Polizeiabteilung im Innenressort, Christiane Bergmann, kritisierte, dass zwischen dem Tattag am 18. April und dem 23. April (dazwischen lagen die Ostertage) nicht weiter ermittelt worden sei. „Das ist kein polizeilicher Standard“, sagte sie. Fehleinschätzungen der Polizisten vor Ort hätten in der Folge zu einer Fehlerkette geführt: „Da gibt es nichts zu bagatellisieren.“
Eine 18-jährige Gymnasiastin und ein 28-jähriger Medizinstudent waren Gründonnerstag am hellichten Tag grundlos attackiert worden. Die Schülerin erlitt eine Nasenfraktur und einen Bruch des linken Augenhöhlenrings. Der Student hatte drei Platzwunden und einen Bruch der Vorderwand der Stirnhöhle.
Die Fahrgäste hatten die Bahn fluchtartig verlassen. Allerdings, so die neuesten Erkenntnisse, sprangen dem Studenten letztlich zwei Männer bei. Sie vermittelten den Eindruck, Polizisten zu sein und beendeten die Prügelei noch vor dem Eintreffen der Polizei. Diese kam nach eigenem Bekunden drei Minuten nach Auslösen des ersten Notrufs an den Tatort.
Bei dem Schläger handelt es sich um einen 34-jährigen Syrer. Nach Volksstimme-Informationen lebt er seit 2013 als geduldeter Asylbewerber in Deutschland. Seit Oktober 2018 ist er schon drei Mal in Nordrhein-Westfalen auffällig geworden ist. In Detmold und Lemgo werden ihm Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Die Polizeispitze erklärte gestern, die Beamten vor Ort hätten gewusst, dass der Täter bereits aktenkundig sei.
Die mit dem Fall betrauten Polizisten hätten zunächst nicht die Schwere der Verletzungen erkannt; später sei auch nicht im Krankenhaus nachgefragt worden. Der schwer verletzte Student unterbrach seinen Krankenhausaufenthalt, um selbst im Revier vorstellig zu werden, da niemand zu ihm in die Klinik kam. Auch das bestätigte die Polizeispitze.
Am Tattag wurden die Folgen der Attacke als einfache Körperverletzung eingestuft. „Das war ein Fehler“, sagte Bergmann. Die Staatsanwaltschaft wurde nicht eingeschaltet – auch das ein Versäumnis. Die Polizei sah keine Haftgründe. Der Schläger sei, wie es gestern hieß, in einem „mental fragilen Zustand“ gewesen. Er habe sich gegenüber den Beamten „immer aggressiver“ verhalten und sei mit Handfesseln fixiert worden. „Es war klar, dass von dem Beschuldigten eine Gefahr ausgeht“, sagte Bergmann. Statt in U-Haft kam der Täter in die geschlossene Psychiatrie der Magdeburger Uniklinik. Am Tag danach entließ er sich selbst. Das entspricht der Rechtslage, sofern kein anderslautender Gerichtsbeschluss erwirkt wird. Aber: Ein Richter wurde nicht eingeschaltet.
Erst nach Intervenieren der Familie der Schülerin kam Bewegung in die Sache. Eine engagierte Polizistin trieb die Ermittlungen voran. Acht Tage nach dem Angriff wurde der Schläger wegen Fluchtgefahr und gefährlicher Körperverletzung in Nähe des Hasselbachplatzes in Magdeburg festgenommen. Er sitzt jetzt in U-Haft in der Justizvollzugsanstalt Burg. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg hat angekündigt, in den nächsten Wochen Anklage zu erheben.
Innenminister Stahlknecht sagte: „Ich habe die Hoffnung, dass ein Gericht ein knallhartes Urteil spricht mit einer Freiheitsstrafe, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Es wäre ein gutes Zeichen, wenn so jemand für ein paar Jahre hinter Schloss und Riegel käme.“