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Anwälte fühlen sich beim Thema Neugliederung der Gefängnislandschaft in Sachsen-Anhalt vom Justizministerium bisher übergangen Präsident der Rechtsanwaltskammer: "Wir fordern mehr Mitspracherecht"

Von Bernd Kaufholz 04.05.2012, 03:18

Magdeburg l Die Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt hat mit Blick auf die Neuordnung der Justizvollzugslandschaft im Land "mehr Mitspracherecht" angemahnt. Nur so könne sich die Kammer "als Organ der Rechtspflege" eine fundierte Meinung zu der bisher größten Gefängnis-Reform bilden, sagte Kammerpräsident Michael Moeskes gestern der Volksstimme.

"Nur aufs Geld zu gucken, ist verfassungsrechtlich zumindest bedenklich."

Hintergrund für die Forderung Moeskes ist in erster Linie die Konzentration von Haftplätzen in Halle "Frohe Zukunft". Nach Überlegungen des Justizministeriums soll auf dem jetzt bereits bestehenden JVA-Gelände für 145 Millionen Euro um- beziehungsweise neu gebaut werden. Insgesamt geht es um rund 950 Haftplätze.

"Dass eine Machbarkeitsstudie vom Justizministerium erarbeitet wurde, hat die Rechtsanwaltskammer leider erst durch die Presse erfahren", bedauert Moeskes. Und wenn es letztlich nur darum gehe, möglichst viel Geld einzusparen, sei das "verfassungsrechtlich zumindest bedenklich". Denn das Vollzugsumbauprojekt berühre einen "grundrechtsrelevanten Bereich".

Der Präsident fordert im Namen der 1800 Anwälte, die in der Kammer organisiert sind, das Justizministerium auf, alle Kriterien der Machbarkeitsstudie offenzulegen und transparent zu machen.

"Wir sehen durch die Zentralisierung von Haftplätzen an einer Stelle im Süden Sachsen-Anhalts das Recht der freien Anwaltswahl beschnitten." Konkret: "Ein Straftäter, der aus der Altmark kommt und sich normalerweise im Norden des Landes um rechtlichen Beistand bemüht, werde sich nun in Halle und Umgebung um einen Anwalt kümmern. Moeskes verwies in diesem Zusammenhang auch auf die größer werdenden Entfernungen, die Anwälte zurücklegen müssten.

"Ob ein solch gigantischer Komplex wie in Halle geplant zielführend ist, darüber habe ich mir zur Zeit noch keine abschließende Meinung gebildet", so der Kammer-Chef, "aber es gibt unter den RAnwälten erhebliche Zweifel."

Auch zum Gesamtkomplex habe sich die Kammer "noch nicht endgültig positioniert". "Wir brauchen eine sachliche Entscheidungsgrundlage. Doch diese ist ohne Mithilfe des Justizministeriums nicht zu bekommen."

"Wir werden jede Möglichkeit nutzen, um Einfluss zu nehmen."

Der langjährige Verwaltungsrechtler kündigte an, "jede Möglichkeit zu nutzen, um politischen Einfluss auf den Umbau der Justizlandschaft in Sachsen-Anhalt zu nehmen".

Während der vergangenen Legislaturperiode habe es eine fruchtbringende Zusammenarbeit und einen offenen Dialog mit dem Justizressort gegeben. "In der gegenwärtigen Wahlperiode war das leider noch nicht der Fall." Doch sie sei ja erst ein Jahr alt, zeigte sich Moeskes optimistisch.

Einen ersten positiven Ansatz sieht der Anwalt in einem gemeinsamen Workshop mit dem Justizministerium am 14. Mai. "Dabei werden wir sicherlich auch die Machbarkeitsstudie und viele mit der Justizvollzugsreform verbundene Fragen ansprechen." Für Ende Mai sei dann ein Treffen mit Justizministerin Angela Kolb (SPD) geplant.

"Wir werden im Zusammenhang mit der neuen Gefängnislandschaft die Bürgerrechte nicht aus den Augen verlieren. Denn auch Angeklagte und Verurteilte sind Bürger."