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Prozess Wollte er den Polizisten umbringen?

Ein Wernigeröder sitzt wegen versuchtem Mord auf der Anklagebank. Der Angeklagte habe am Tattag Crystal Meth konsumiert.

Von Bernd Kaufholz 18.06.2020, 12:22

Magdeburg l Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Magdeburg verhandelt seit Donnerstag den Fall eines 33-Jährigen, bei dem es möglicherweise auch um versuchten Mordes in der Nacht des 4. November 2019 in Benzigerode (Harz) geht. Martin S. sitzt in Burg in Untersuchungshaft.

In der Anklageschrift schilderte Michael Bierwagen den Fall aus Sicht der Staatsanwatschaft. Zunächst sei S. In einem Seat Leon, an den er gestohlene Magdeburger Kennzeichen angebracht hatte, zum Stabilo-Baumarkt in Wernigerode gefahren und war dort nach 2 Uhr eingebrochen, nachdem der gebürtige Naumburger ein Fenster eingeschlagen hatte.

Im Tresorraum hab er er vergeblich nach dem Schlüssel gesucht. Unverrichteter Dinge und "stocksauer" haber er den Baumarkt verlassen. Nachdem er am Strassenrand geparkt hatte wurde er von zwei Polizeibeamten in einer Funkstreife entdeckt, die durch eine Anwohnerin alarmiert worden waren.

Der Wernigeröder habe mit mit seinem Leihwagen zu fliehen versucht. Dabei habe er mit dem Auto die Beifahrertür des Streifenwagens gerammt, aus der gerade ein Polizeikommissar aussteigen wollte. Der Schwarzgekleidete mit Kapuze habe durch seine Flucht den Einbruch verdecken wollen.

S. habe sein Fahrzeug 20 Meter zurückgesetzt. Als der Polizeiwagen auf gleicher Höhe war, habe S. Gas gegeben und sei ein zweites Mal mit dem Polizeiauto zusammengestoßen. Auf der Flucht sei der Seat in der Blankenburger Straße stehengeblieben und erneut gegen die Beifahrertür der Funkstreife gefahren.

S. habe das Fahrzeug verlassen und versucht, zu Fuß zu fliehen. Der Polizeikommissar verfolgte ihn und gab einen Signalschuss ab. Der Angeklagte habe sich erst auf den Boden geworfen und dann massiv auf den Beamten eingewirkt.

Er habe in die Jacke gegriffen, in der er eine scharfe Pistole trug, dann umklammerte er den Kopf des Polizisten und schüttelte ihn hin und her, so dass der Polizeikommissar Angst um sein Leben bekam. Letztlich konnte S. überwältigt werden.

Das Verfahren war zunächst im April dieses Jahres vor dem Schöffengericht Wernigerode verhandelt worden. Das Amtsgericht war während des Prozesses jedoch davon ausgegangen, dass möglicherweise nicht nur eine Verurteilung unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung in Betracht komme, sondern auch wegen versuchten Mordes. Über Mord darf nicht das Amtsgericht, sondern nur das Landgericht entscheiden. An die vorläufige rechtliche Bewertung des Amtsgerichts ist das Landgericht nicht gebunden. Das Landgericht muss in eigener Verantwortung entscheiden, welche Straftaten vorliegen.

Rechtsanwalt Mario Müller äußerte sich am ersten Prozesstag im Namen seines Mandanten, der noch unter Bewährung steht. Er räumte den Tatablauf im Großen und Ganzen ein. Zum Tatvorwurf "versuchter Mord" nahm er allerdings keine Stellung. Er habe unter "großem Stress gestanden" und den Polizisten "nur weghaben" wollen, der Pfefferspray eingesetzt habe.

Er habe nicht "richtig gedacht" und sei "tierisch wütend" gewesen, weil zuvor der Einbruch schief gegangen sei. Der Angeklagte, der der Gutachterin mitgeteilt hatte, dass er am Tattag verschiedene Drogen konsumiert hatte, unter anderem Crystal Meth, sagte, dass ihm das Ganze leid tue.
Der Prozess wird am 23 Juni fortgesetzt.