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Interview E-Sports: Tipps vom Profi - Das braucht es, um Kommentator zu werden

Videospiele spielen und dafür bezahlt werden? Das ist der Traum vieler junger Gamer. Für Marius Lauer ging dieser in Erfüllung, als er Profi und danach Kommentator wurde. Für Nachwuchsspieler hat er einen besonderen Rat parat.

Von Tobias Hofbauer Aktualisiert: 09.07.2021, 17:56
Marius Lauer in seinem Element: Hier kommentiert er gerade in seinem Studio in Magdeburg beim Sixt Invitational 2020 von Publisher Ubisoft in Montreal. Preisgeld: 3 Millionen US-Dollar.
Marius Lauer in seinem Element: Hier kommentiert er gerade in seinem Studio in Magdeburg beim Sixt Invitational 2020 von Publisher Ubisoft in Montreal. Preisgeld: 3 Millionen US-Dollar. Foto: Maria Manneck

Magdeburg - Marius Lauer aus Magdeburg hat sich mit seiner Firma Rock it Science Entertainment in Magdeburg selbstständig gemacht und ist seit mehreren Jahren als einer der bekanntesten Kommentatoren im E-Sport deutschlandweit angesehen. Begonnen hat er seine Karriere, weil er Videospiele liebt.

Volksstimme: Was ist E-Sport? Marius Lauer: "Da nehme ich gleich mal den E-Sport Bund Deutschland (ESBD) zur Hilfe. Die haben das nämlich genauer definiert. Beim E-Sport geht es um den Wettkampf zwischen menschlichen Spielern in geeigneten Videospielen zu festgelegten Regeln. Für den Erfolg soll zum Großteil das Können und nicht der Zufall entscheiden. Außerdem muss der Wettkampf wiederholbar sein. So wie bei einem Fußballspiel."

Was genau hat Magdeburg mit E-Sports zu tun? "In Magdeburg ist einer der ersten größeren E-Sport-Vereine entstanden. Dafür habe ich tiefsten Respekt vor Martin Müller, Gründer und Vorsitzender von Magdeburg E-Sports und Wegbereiter für den E-Sport in Sachsen-Anhalt. Er hat es geschafft einen Anlaufpunkt für E-Sport-Begeisterte zu schaffen, die mit Gleichgesinnten trainieren wollen. Besonders wichtig ist dabei der soziale Austausch. Die Leute treffen sich, um wichtige E-Sport Veranstaltungen zu schauen und verbringen ihre Zeit lieber im Vereinsheim als zu Hause am Rechner, Laptop oder Handy."

Wie kann man E-Sportler werden? "Wie in jedem Sport gelingt das nur mit Training, Spaß an der Sache und einer großen Portion Motivation. Ohne Hingabe und harte Arbeit wird man wohl in keinem Beruf erfolgreich sein. Wenn man wirklich Profi werde will, muss man sich mit elementaren Fragen auseinandersetzen wie:

  • Was sind die Vorteile/Nachteile?
  • Welchen Aufwand muss ich betreiben, um erfolgreich zu sein?
  • Was passiert danach?

Am wichtigsten ist das dabei das Trainieren. Dafür muss man als Profi wirklich sehr viel Zeit opfern, um seinem Ziel näher zu kommen. Man hat dafür nicht nur Einzeltraining, sondern trifft sich auch immer mit Teamkollegen und einem Trainer, um die eigenen Fehler und Marotten zu erkennen und sich zu verbessern. Dafür ist es wichtig, geistig wie körperlich topfit zu sein. Dafür braucht es eine gesunde und ausgewogene Ernährung und ein gutes Zeitmanagement. Bei mir war das zum Beispiel nicht vorhanden (lacht). Auch die Umgebung spielt eine elementare Rolle. Wo fühle ich mich wohl und kann meine Bestleistung erbringen? Diese Prozesse hören niemals auf, weil man nicht perfekt ist und immer etwas an sich verbessern kann, um die Schritte des Gegners vorhersehen zu können. Das geht nur mit Eisernem Willen und harter Disziplin."

Wie sind Sie E-Sportler geworden? "Ich habe bereits als kleines Kind Videospiele geliebt. Meinen ersten Kontakt hatte ich mit dem Kult-Rechner Commodore und einem Amiga 500. Mir hat es dabei schon immer Spaß gemacht mich mit meinen Freunden zu messen. Irgendwie bin ich dann zu taktischen Spielen wie dem beliebten Counter Strike gekommen. Da ich in der Schule allerdings alles andere als fleißig war, musste ich meine Karriere da unterbrechen, um einen vernünftigen Abschluss zu erreichen. Das hat sich auch ausgezahlt: Ich fing dann in meinem Studium mit dem Spiel Command and Conquer an, in dem ich gleich an vielen Turnieren teilgenommen und siebenmal gewonnen habe."

Was war der Grund, dass Sie nicht mehr aktiv spielen? "Ich hatte nicht mehr die Zeit dafür. Außerdem hat sich mein Team quasi übernacht aufgelöst. Dazu kommt, dass ich in den Disziplinen, die ich gerne spiele, zu alt bin. Ich finde es aber toll, jetzt jungen Talenten eine Bühne bieten zu können."

Zu alt? Sie sind doch erst 36. Wie lange kann man denn Profi in Videospielen sein? "Ich kenne Athleten, die noch in ihren Dreißigern spielen oder gespielt haben. Um eine richtige Einschätzung treffen zu können, müsste der E-Sport aber erst etwas älter werden. Viele bekannte Gesichter sind nach ihrer aktiven Karriere als Funktionäre tätig, ebenfalls wie im Fußball. Da werden Spieler auch häufig nach ihrer Karriere Trainer oder Manager."

Wie ist das jetzt, anderen beim Siegen und Verlieren zuzusehen? Juckt es Sie da nicht ab und an in den Fingern wieder mitzuspielen? "Ich muss zugeben, dass mich das nicht im Geringsten frustriert, wenn die anderen Geschichten schreiben und ich derjenige bin, der sie dabei begleiten darf! Außerdem spiele ich nach wie vor auf Amateurebene mit meinen Freunden und Kollegen bei einigen Turnieren."

Was sind die Fähigkeiten, die man als Kommentator mitbringen muss? "Geduld, ein hartes Fell, Ausdauer und viel Zeit. Auch der Wille sich weiterzubilden ist sehr wichtig!"

Was würden Sie sagen, ist das Besondere an Ihrer Art zu kommentieren? Ich bin verdammt emotional, beschreibe viel und liebe es zu erklären. Für mich gleicht jeder Kommentar einer Unterrichtsstunde der besonderen Art (lacht).

Wie lange kann denn so ein Spiel dauern? Sind die Arbeitszeiten als Kommentator länger? "Im Vergleich zu einem Spieler haben wir andere Arbeitszeiten. Ein Spieler nimmt an seinem Ligaspiel teil, das zwischen einer und drei Stunden dauern kann, trainiert dafür aber jeden Tag. Für den Kommentator hört der Tag nicht so schnell auf. Normalerweise kommentiere ich zwischen sechs und acht Stunden an einem normalen Spieltag in der Liga. Bei Play-offs und anderen Großevents können es schnell mal 14 Stunden und mehr werden, die ich arbeite."

Was für Fachwissen sollte ein Kommentator zu dem Spiel vorweisen, das er beschreibt? "Er sollte definitiv eine journalistische Veranlagung haben und sich im elektronischen sowie analogen Sport auf der ganzen Welt auskennen. Kommentatoren, die meinen, es würde reichen ein bisschen was vom Spiel zu verstehen, um gut kommentieren zu können, haben oft nur das Prinzip verstanden und verbreiten Halbwissen. Wichtig ist, dass man sich wie im analogen Sport überall informiert. Ich bin selbst passionierter Sportler und interessiere mich für klassischen Sport. Daher habe ich immer die Möglichkeit, für das Publikum Beispiele zu nennen, die sie auch verstehen. Wir nutzen außerdem sehr viele Begriffe aus dem klassischen Sport für den E-Sport. Meine Vorbereitung lautet daher: Jeden Tag lernen, Nachrichten lesen und das Wissen nutzen."

Was haben Sie neben Videospielen gelernt? "Ich bin staatlich geprüfter IT-Assistent im Bereich Netzwerktechnik und habe Informatik sowie Wirtschaftsinformatik studiert. Darüber hinaus habe ich mir durch das Spielen viele Fähigkeiten angeeignet, die ich als Geschäftsführer meines Unternehmens noch heute gut gebrauchen und anwenden kann. Besonders im Micro und Macro Management, in der Projektanalyse, der Datenanalyse und Datamining konnte ich mich weiterbilden. Meine sehr guten Englischkenntnisse lassen sich auf die Spiele zurückführen, mit denen ich quasi aufgewachsen bin und spielerisch lernen konnte."

Was sind die Unterschiede zu herkömmlichen Sport? "Ja wo ist der Unterschied vom Sprinter zu einem Schachspieler? Ich denke mal, dass die verrichtete Arbeit von E-Sportlern im Gehirn stattfindet. Der große Unterschied ist, dass in dem Bereich Veranstaltung komplett online stattfinden können, das klappt beim klassischen Sport nicht."

Welche Disziplinen gibt es im E-Sport? "Die Auswahl reicht dabei von sogenannten "Multiplayer Action Battle Arena Spielen" (Mobas) über Shooter bis hin zu Sportspielen. Die bekanntesten Vertreter sind dabei League of Legends, Fortnite oder Fifa."

Was muss ein E-Sportler können? "Auf die Frage habe ich gewartet. Ein E-Sportler muss wie ein normaler Athlet sehr kritikfähig sein, bereits zu lernen, selbstbewusst voran gehen und seine Fehler analysieren können. Auch ein Verständnis für Öffentlichkeitsarbeit kann nicht schaden. Mit Social Media-Grundkenntnisse zur Vermarktung kann jeder sich ein Image aufbauen, sollte aber gleichzeitig eine Sicherheit in Form einer Ausbildung haben. Nicht jeder kann Profi werden und davon leben."

Wenn Sie schon davon sprechen. Was verdient man denn so als E-Sportler? "Das ist sehr unterschiedlich. Die Einstiegsgehälter für Profis beginnen bei rund 450 Euro und können aber auch auf bis zu 15.000 Euro oder mehr steigen. Dabei kommt es immer auf den Titel und die Liga an, in der man spielt. Ähnlich wie im Fußball, in dem es ja auch unterschiedliche Ligen mit Besserverdienern gibt."

Haben Sie schon einmal an sich gezweifelt, ob Sie gut genug sind? "Ja, sehr oft sogar. Aber das gehört dazu!"

Würden Sie jungen Gamern empfehlen, Profi zu werden? Was können Sie ihnen für Tipps mit auf den Weg geben? "Egal was andere sagen: Verfolge deinen Traum und beiße nie die Hand, die dich füttert. Arbeite hart an dir, deinen Einstellungen und deiner Ausstrahlung. Jeder will gerne in seinem Traumberuf Fuß fassen und das sollte man keinesfalls für selbstverständlich erachten!"