Valentin Gaertig hat ein Friseurgeschäft in Haldensleben und wegen des Mindestlohns einige Bauchschmerzen "6,50 Euro zu erwirtschaften ist schon ein Problem"
Haldensleben l Das Friseurgeschäft im Zentrum von Haldensleben führt Valentin Gaertig in der vierten Generation. In zwei Jahren soll in Deutschland ein staatlicher verordneter Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden. "Das", weiß Gaertig, "wird an der Kasse sehr schwierig durchzusetzen sein."
Valentin Gaertig sieht schwierige Monate auf sich und seine Branchenkollegen zukommen. Der Friseurmeister muss bereits einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn von 6,50 Euro zahlen, in einem Jahr werden es nach einer Stufenregelung 7,50 Euro sein, ab August 2015 dann 8,50 Euro. Zum Vergleich: In der untersten Lohngruppe im Friseurhandwerk in Deutschland fing die Stunde bisher mit 3,83 Euro an.
"Einige finden es gut, dass wir nicht den billigen Jakob machen"
"Das Problem ist nicht, 6,50 Euro zu zahlen, sondern 6,50 Euro zu erwirtschaften." Er hat einige Preise im Salon um teilweise 20 Prozent "angepasst". Ein kompletter Damenhaarschnitt kostet 31 Euro und ein Herrenhaarschnitt trocken 12,50 Euro. "Einige Kunden finden es gut, dass wir nicht den billigen Jakob machen, andere waren überrascht", fasst er die Reaktionen zusammen.
Die große Probe aufs Exempel steht noch aus. In einem "viel zu engen Zeitkorsett" von zwei Jahren muss Gaertig zwei Euro pro Stunde draufgelegt haben, um auf den "Dogma-Tarif" von 8,50 Euro zu kommen und nicht mit dem Gesetz zu kollidieren. Vor dem Friseurmeister steht die Frage, wer den höheren Preis bezahlt: "Der Chef oder die Kundschaft?" Wohl letztere.
Noch könne niemand für die Branche seriös vorhersagen, wie stark sich die Preisschraube drehen wird. "Das hängt auch von anderen Kosten etwa von der Ladenausstattung oder Krediten ab, ob man Miete zahlt oder von der Entwicklung der Energiekosten." Eine Richtung aber scheint auch Sicht von Gaertigs Unternehmensberater klar: Steigen die Preise, bricht Umsatz weg, weil Kunden seltener ins Geschäft kommen oder auf die eine oder andere Haarkur verzichten. Die Angestellten haben erst weniger zu tun, dann werden Stunden gestrichen. Gaertig: "Am Monatsende werden sie dann nicht mehr in der Lohntüte haben. Dass das wahr wird, wünsche ich mir nicht."
"Wir können uns gegen den verordneten Tarif nicht wehren."
Im Interesse der Angestellten bittet der Friseurmeister die Verbraucher, höhere Preise in einer Branche, in der sich seit 20 Jahren in dieser Hinsicht zu wenig getan hat, zu akzeptieren. Dabei sieht er auch die Unternehmer in der Pflicht. "Wir können uns gegen die verordneten Tarife nicht wehren. Deshalb müssen wir die Bürger für das Kosten- und Lohnproblem sensibilisieren."
Die Lage würde sich für alle entspannen, gäbe es eine Übergangslösung, in der die Mehrwertsteuer für Friseurleistungen von 19 auf sieben Prozent gesenkt würde. "Das würde Preise und Löhne zumindest über einen gewissen Zeitraum sichern helfen." Das würde auch Schwarzarbeit uninteressanter machen.