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  7. Gas, Wärmepumpe oder beides? Wie Sie am besten heizen

4. Teil: Serie „Gut dämmen - schlau heizen“ Gas, Wärmepumpe oder beides?

Im Teil vier unserer Serie geht es um die Heizung im Eigenheim. Welche Heizkörper sind besser? Wie bekommt man Heiztemperatur und Kosten gesenkt? Wann lohnt sich eine Wärmepumpe?

Von Jens Schmidt Aktualisiert: 22.04.2024, 11:44
Sachsen-Anhalts Wohnungen werden zumeist mit Gas beheizt. Im Westen verzeichnen Ölheizungen einen deutlich höheren Marktanteil als hier  - wie etwa in Baden-Württemberg.
Sachsen-Anhalts Wohnungen werden zumeist mit Gas beheizt. Im Westen verzeichnen Ölheizungen einen deutlich höheren Marktanteil als hier - wie etwa in Baden-Württemberg. Prepress Media Mitteldeutschland

Magdeburg - In den ersten drei Teilen haben wir gezeigt, wie der Heizenergiebedarf des Hauses deutlich sinken kann. Werden Dach, Fenster und Außenwände energetisch auf Vordermann gebracht, sind etwa 50 Prozent Einsparung realistisch. Das hat einen weiteren Vorteil.

Ist das Haus gut gedämmt, reichen deutlich niedrigere Vorlauftemperaturen des Heizwassers aus, um es wohlig warm zu bekommen. In einem unsanierten Haus muss das Heizwasser oft auf 60 bis 70 Grad erwärmt werden. „Die Vorlauftemperatur sollte aber idealerweise bei etwa 35 bis 45 Grad liegen, vor allem dann, wenn künftig verstärkt mit Wärmepumpen geheizt werden soll“, sagt Gebäude-Energieberater René Herbert, der auch Vorsitzender des Landesverbandes seiner Zunft ist. „Maximal vertretbar sind 55 Grad.“

Heiztemperatur muss runter

In der öffentlichen Debatte herrscht darüber allerdings kein Konsens. Manche raten, möglichst flott auf Wärmepumpe umzustellen, einige Hersteller verweisen auf moderne Geräte, die bis zu 70 Grad Vorlauftemperatur bewältigen. Deren Ansatz: Der finanzielle Aufwand für die energetische Sanierung älterer Häuser sei unvertretbar hoch, daher sollte man gleich in neue Heiztechnik investieren. Auch die Politik lockt mit einem Tempo-Bonus von 20 Prozent. Doch Energieberater Herbert warnt vor Hektik: „Wer ein energetisch schlecht aufgestelltes Haus hat – und das haben nicht wenige – sollte keinesfalls vorschnell umrüsten. Dann schießen die Stromkosten hoch und die Lebensdauer der Wärmepumpe sinkt.“

Die wichtige „JAZ“

Die Luft-Wasser-Wärmepumpe bezieht einen Großteil der Energie aus der Wärme der Außenluft – hinzu kommt einen gewisse Menge Strom. Damit die Wärmepumpe förderfähig ist, benötigt sie mindestes die Jahresarbeitszahl (JAZ) 3. Was heißt das?

Liegt der Jahresverbrauch zum Beispiel bei 18.000 Kilowattstunden Gas (oder 1800 Liter Öl) – dann verbraucht die Wärmepumpe nur ein Drittel davon an elektrischer Energie – mithin 6.000 Kilowattstunden Strom. „Doch in schlecht gedämmten Häusern fällt im realen Heizbetrieb die Jahresarbeitszahl schnell auf unter 3“, sagt der Energieberater „Wir haben genügend solcher Beispiele.“

Die Auswirkungen wären teuer. Verbraucht unser Beispielhaus 18.000 kWh fürs Heizen, sind dafür im Mittel 1.800 Euro für Gas oder Öl fällig. Schafft die Wärmepumpe nur eine Jahresarbeitszahl von 2,25, läge der Stromverbrauch bei 8.000 kWh Strom (18.000 dividiert durch 2,25). Bei einem Stromtarif von 26 Cent stünden dann 2.080 Euro auf der Rechnung und mithin 280 Euro mehr als bei Gas oder Öl. „Hersteller werben zwar oft mit hohen Jahresarbeitszahlen – aber mit diesen Werten allein kann ich nicht viel anfangen. Entscheidend ist immer der konkrete Bedarf im Haus: Jedes Gebäude ist anders, jede Familie hat eine andere Wohlfühltemperatur und daher muss jedes Haus auch entsprechend seiner energetischen Qualität betrachtet werden“, erläutert Herbert.

Strom und Lebensdauer

Wärmepumpen mit klimafreundlichen Kältemitteln können eine Jahresarbeitszahl von 4 schaffen. Das wäre sogar anzustreben. Denn kurzfristig dürfte Strom fast viermal teurer sein als Gas. Gas sinkt derzeit auf 7 Cent, Strom liegt im deutschen Mittel bei 26 Cent. Es gibt zwar günstigere Heizstromtarife, allerdings kann das Stadtwerk den Heizstrom je nach Lage im Netz abschalten, weswegen viele doch lieber einen Normaltarif wählen.

Drei weitere Dinge sind zu bedenken. Erstens: Die Investitionskosten für eine Wärmepumpe liegen trotz Förderung höher als bei einer neuen Gasheizung. Daher sollten die laufenden Strom-Heizkosten niedriger liegen, wenn sich der Mehraufwand mittelfristig innerhalb der Lebenszeit einer Anlage rentieren soll. Etliche große Hersteller geben auf ihrer Internetseite 15 bis 20 Jahre für Luft-Wasser-Wärmepumpen an.

Zweitens: Um mit niedrigen Vorlauftemperaturen die Zimmer zu wärmen, benötigt man mehr Heizkörperoberfläche. „Dünne Plattenheizkörper leisten das oft nicht, daher ist es ratsam – wenigstens in einigen Zimmern – diese etwa durch Drei-Lamellen-Heizkörper zu tauschen“, sagt Herbert.

Drittens: Da die Warmwasserbereitung höhere Temperaturen von mehr als 50 Grad benötigt, sollte diese besser über elektrische Durchlauferhitzer und nicht über die Wärmepumpe laufen, rät Herbert. „In der Fachwelt geht der Trend in diese Richtung. Das schont die Wärmepumpe und erhöht ihre Lebensdauer, da sie seltener takten muss.“

Die Kalkulation bezieht sich auf unser Beispielhaus aus den ersten Serienteilen (Baujahr vor 1990/120 Quadratmeter Wohnfläche). Das Haus ist nun energetisch saniert. Der Heizbedarf hat sich auf 9.000 kWh Gas halbiert. Hinzu kommen 2.000 kWh Gas für Warmwasser. Wir haben allmählich steigende CO2-Preise und daher einen mittleren Preis von 10 Cent je kWh Gas unterstellt. Gegenübergestellt wird eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Wir unterstellen eine vorbildliche Jahresarbeitszahl von 4 , eine Grundförderung von 30 Prozent, ein klimafreundliches Kältemittel (5 % Bonus-Förderung) sowie eine zügige Umrüstung bis 2028 (20% Tempo-Bonus). Warmwasser wird in modernen Durchlauferhitzern erzeugt, der Energiebedarf hierfür sinkt auf 1.500 kWh. Der Strompreis liegt im deutschen Mittel aktuell bei 26 Cent. Finanziert wird mit einem Kredit.

Wärmepumpe

  • Luft-Wasser-Wärmepumpe und Tausch einiger Heizkörper: 35.000 €
  • Förderung 55% von max. 30.000 Euro: – 16.500 €
  • Summe: 18.500 €
  • Zins (3,5% auf 10 Jahre): 3.500 €
  • Stromverbrauch Heizen: 2.250 kWh (9.000 : 4)
  • Stromverbrauch Warmwasser: 1.500 kWh
  • Gesamt: 3.750 kWh

Neuer Gasbrenner:

  • Kosten: 10.000 €
  • Förderung: 0
  • Zins (3,5% auf 10 Jahre): 1900 €
  • Verbrauch: 11.000 kWh

Bei der Umrüstung auf eine Wärmepumpe ergäbe sich ein Mehraufwand von etwa 10.000 Euro. Zwar würde man jährlich 125 Euro Energiekosten sparen, doch der Mehraufwand wäre innerhalb der veranschlagten Lebensdauer der Wärmepumpe von 20 Jahren nicht eingespielt. (125 mal 20 = 2.500). Wenn man die gesparten 125 Euro 20 Jahre anlegt (2,5% Zins), käme man auf etwa 3.300 Euro – dafür bekommt man wahrscheinlich keine neue Heizung.

Rechnen würde sich die Wärmepumpe in diesem Förderfall etwa dann, wenn der Gaspreis auf mittlere 13 Cent (Öl: 1,30 Euro je Liter) steigen und der Strompreis auf mittlere 20 Cent sinken würde. Dann sähe die Rechnung so aus:

  • Gaskosten: 1.430 Euro
  • Stromkosten Wärmepumpe plus Warmwasser: 750 €
  • Gesparte Energiekosten: 680 €

Der Mehraufwand von 10.000 Euro wäre nach 15 Jahren ausgeglichen (falls die Ersparnis verzinst wird nach 13 Jahren). Die Wärmepumpe rechnet sich.

Herbert: „Daran sieht man, wie wichtig eine energetische Sanierung des Hauses ist: Wenn eine Amortisation sich schon als unsicher herausstellt, so sollten auf alle Fälle der Energieverbrauch und die laufenden Energie-Verbrauchskosten gesenkt werden.“

René Herbert aus Oschersleben ist Landesvorsitzender des Gebäude-Energieberaterverbandes Sachsen-Anhalt.
René Herbert aus Oschersleben ist Landesvorsitzender des Gebäude-Energieberaterverbandes Sachsen-Anhalt.
Jens Schmidt

Der Testlauf

Wer auf eine Preisentwicklung bei Strom und Gas nicht spekulieren und auf Wärmepumpe umsteigen will, geht wie folgt vor: Zunächst erfolgt ein hydraulischer Abgleich. „Dies ist für eine Förderung zwingend erforderlich“, sagt Herbert. Dabei wird die Heizanlage so justiert, dass in allen Wohnräumen die passende Wärmemenge ankommt. Dann wird die Vorlauftemperatur (an einem kalten Tag) auf 35 Grad heruntergefahren – und notfalls schrittweise angehoben, bis alle Räume die gewünschte Wärme haben. „Wenn das an kalten Tagen mit 35 bis maximal 55 Grad funktioniert, ist eine Umstellung machbar.“

Sollten höhere Vorlauftemperaturen nötig sein, bietet sich auch eine Hybridheizung an: „Man lässt die Gasheizung im Haus und kombiniert sie mit einer Wärmepumpe. Diese liefert die Grundlast – die Gasheizung liefert an sehr kalten Tagen die Spitzenlast.“ Möglich sei auch eine wasserstofffähige Gasheizung („H2-ready“).

Härtere Vorgaben – nämlich mindestens 65 Prozent Erneuerbare Energie für neue Heizungen – gelten erst, wenn die Kommunen den Wärmeplan beschlossen haben. Magdeburg, Halle und Dessau-Rosslau sollen das bis 2026 schaffen, die anderen bis 2028. Herbert: „Bis 2045 soll dann ganz Schluss sein mit fossilem Gas oder Öl – Stand heute.“