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Konzerne wagen sich an immer schwieriger zu erschließende Felder Höhepunkt der Ölförderung könnte 2030 erreicht sein

Von Johannes Wagemann 08.06.2010, 05:23

Erdöl hält die Wirtschaft am Laufen – aber irgendwann wird der Höhepunkt der Ölförderung überschritten sein. Die Ölmultis versuchen alles, um diesen Zeitpunkt hinauszuzögern. Auch risikoreiche Tiefseebohrungen wie vor der US-Küste.

Hamburg (dpa). Die Metapher vom schwarzen Gold will angesichts der Ölpest im Golf von Mexiko irgendwie nicht so recht passen. Doch sie bleibt richtig. Gibt es doch kaum einen Rohstoff, auf den die industrialisierte Welt stärker angewiesen ist als auf Öl. Das wird sich so schnell nicht ändern, auch wenn Experten seit Jahren darüber spekulieren, wann die weltweiten Vorkommen zur Neige gehen. Wenn der "Peak Oil", der Scheitelpunkt der Erdölförderung, erreicht ist, kann die Fördermenge nicht mehr gesteigert werden.

Prognosen zufolge dürfte dieser Peak rund um das Jahr 2030 erreicht sein. "Plus/minus zehn Jahre", sagt Hilmar Rempel von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) in Hannover. Auch die Energieberater von Cambridge Energy Research Associates (CERA) aus den USA bekräftigen: Bis 2030 gibt es kein Ressourcenproblem.

Aktuell werden weltweit jährlich rund 3,8 Gigatonnen Rohöl gefördert – 3,8 Milliarden Tonnen oder 140 Millionen Tanklastwagen voll (Zahlen für 2009). Die Menge nahm in der Wirtschaftskrise leicht ab, wie die Zahlen, unter anderem von der Internationalen Energieagentur (IEA), belegen. Das Problem: Der Bedarf wird nach IEA-Prognosen bis 2014 auf knapp unter 5 Gigatonnen ansteigen – vor allem, weil Wachstumsmärkte wie China nach dem schwarzen Gold gieren.

"Öl wird noch 100 Jahre lang, wahrscheinlich sogar länger, gefördert", sagt Rempel. Allerdings wird bis dahin wesentlich weniger an die Erdoberfläche gebracht. Doch wie und wo, ist eine Frage, die keineswegs unumstritten ist. Denn die einfach zu fördernden Ölvorräte liegen überwiegend im Nahen Osten. Sie werden zumeist von staatlichen Ölgesellschaften ausgebeutet. Saudi-Arabien ist weltweit das Förderland Nummer eins, gefolgt von Russland und den USA.

Die Ölmultis müssen sich an schwieriger zu erschließende Felder halten. Deshalb bohrte BP in 1500 Metern Wassertiefe im Golf von Mexiko. Und das sei noch nicht einmal der tiefste Punkt der Bohrungen, sagt Rempel. "Wir sind schon bei 3051 Metern unter der Wasseroberfläche angekommen, übrigens auch im Golf von Mexiko." Hinzu kämen noch die Strecken bis in die Schichten, wo die Ölvorräte vermutet werden – da könne es noch Tausende Meter weiter hinabgehen, prognostiziert er.

Den Ölkonzernen ist klar: das Fördern wird teurer. Schätzungen gehen von bis zu 100 Dollar (rund 82 Euro) pro Barrel aus – vor allem bei aufwändigen Förderungen in der Tiefsee oder in der Arktis. Der Preis für ein Barrel liegt derzeit bei rund 75 Dollar (61 Euro).

Doch wird das Fördern von Öl in diesen Regionen überhaupt erlaubt? Nach der BP-Ölkatastrophe verlängerte die US-Regierung Ende Mai ein Moratorium über neue Bohrungen im Meer um sechs Monate. Zudem stoppte sie zwei geplante Probebohrungen vor Alaska sowie Verpachtungen im Golf vom Mexiko und vor der Küste des Bundesstaates Virginia.

"Das ist eine politische Entscheidung", sagt Gabriele Radke von Exxon Mobil Central Europe. "Es gibt aber mit der heutigen Technik auch die Möglichkeit, durch Unterdruck oder andere Maßnahmen bereits aufgegebene Ölfelder wiederzubeleben." Deren Kapazitäten seien teils noch lange nicht voll ausgeschöpft.

Dennoch: All diese Unwägbarkeiten stellen die Weltwirtschaft vor schwierige Herausforderungen: Es führt kein Weg am Öl vorbei. "Der Großteil der Ölproduktion, rund 50 bis 60 Prozent, fließen immer noch in den Transportbereich, das kann vielleicht teilweise ersetzt werden", sagt Rempel. Elektromobilität und synthetische Kraftstoffe sind da gefragt. Aber die 10 Prozent, die von der Petrochemie abgenommen werden, sind ein Problem. "Die kann das Öl bisher nicht ersetzen", befürchtet Rempel.