Keine berufliche Zukunft im Heimatland Spanier auf Jobsuche in Deutschland
Madrid (dpa). "Komm nach Deutschland, Pepe" – Ein spanischer Kultfilm von 1971 ist 40 Jahre nach seinem Erscheinen aktueller denn je. In der Komödie über die Gastarbeiterwelle der damaligen Zeit verlässt der Protagonist sein spanisches Heimatdorf, um in Deutschland zu arbeiten. Vier Jahrzehnte später könnte nun eine ähnliche Migrationswelle nach Deutschland beginnen. Doch anders als in den 60er Jahren, als ungelernte Gastarbeiter Jobs suchten, sind auf dem deutschen Arbeitsmarkt jetzt Fachkräfte und Ingenieure gefragt.
Spanische Arbeitskräfte wollen ihre sonnige Heimat verlassen, weil sie dort für sich keine berufliche Zukunft sehen. Mit einer Arbeitslosenquote von 21 Prozent ist Spanien trauriges Schlusslicht der EU. Bei jungen Leuten zwischen 19 und 25 Jahren beträgt die Quote gar 45 Prozent.
Immer mehr junge Spanier setzen nun ihre Hoffnungen auf Deutschland, wo offene Stellen vermehrt mit Fachkräften aus anderen EU-Staaten besetzt werden sollen. Die Bundesagentur für Arbeit stellte in einem Zehn-Punkte-Plan in Aussicht, durch eine gesteuerte Zuwanderung könnten 800 000 Fachkräfte bis 2025 nach Deutschland kommen. Die spanische Presse spricht von einem "deutschen Jobwunder" und titelt: "(Bundeskanzlerin Angela) Merkel will spanische Fachkräfte abwerben".
Pablo Salgado ist ein junger Spanier, der in Deutschland arbeiten möchte. Der 29 Jahre alte Madrilene ist Industrieingenieur und lebt in der spanischen Hauptstadt – noch daheim bei seiner Mutter. Er hatte bis April in einem Architekturbüro gejobbt und ist nach dessen Bankrott arbeitslos. "Ich möchte als Industrieingenieur in einer deutschen Großstadt arbeiten", sagt Salgado. "Denn in Deutschland gibt es mehr Jobs und höhere Löhne als hier."
Das neue Interesse an Mitteleuropa haben auch die deutschen Sprachschulen und Kulturinstitute in Spanien bemerkt. "Alle wollen Deutsch lernen", berichtet Rainer Zorn, Koordinator des Goethe-Instituts in San Sebastián in Nordspanien. "Seit Weihnachten 2010 steigen die Anmeldezahlen und ganz deutlich nach Merkels Madrid-Besuch im Februar." In der baskischen Küstenstadt gebe es etwa 25 Prozent mehr Einschreibungen für Deutschkurse. Die Goethe-Institute in Madrid und Granada melden ähnliche Steigerungen.
Auch Pablo Salgado arbeitet daran, seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Seit zwei Jahren besucht er Abendkurse, vor der Sprache hat er großen Respekt. "Ich glaube, dass es fast unmöglich ist, als erwachsener Spanier perfektes Deutsch zu erlernen", sagt der Ingenieur. Salgado möchte spätestens in zwei Jahren soweit sein, dass er per Internet die Jobsuche in Deutschland starten kann.
Auswandern aus dem krisengeschüttelten Land: Das könnte eine Alternative sein für die "verlorene Generation", die ihre Wut über Krise und Arbeitslosigkeit in der Protestbewegung der "spanischen Revolution" zum Ausdruck brachte. Wie viele Spanier bislang nach Deutschland ausgewandert sind, darüber gibt es wegen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer in der EU keine verlässlichen Zahlen.